Die Abkürzung wurde von Jim O’Neill geprägt, dem Chefvolkswirt der Großbank Goldman Sachs, welcher sie in seinen Veröffentlichungen verwendete – erstmals Ende 2001.[1] Maßgebend waren die Anfangsbuchstaben der englischsprachigen Bezeichnungen Brazil, Russia, India und China, und die Verbindung mit dem englischen Wort für Baustein, brick: „The World Needs Better Economic BRICs“.[2] Diese Schwellenländer hatten über einen längeren Zeitraum jährliche Zuwachsraten der Wirtschaftsleistung von 5 bis 10 %. Von O’Neill stammt auch die Idee der Next Eleven als ihren „Nachfolgern“. Im Dezember 2010 erhielt Südafrika offiziell durch die Volksrepublik China nach Rücksprache mit den anderen Mitgliedern eine Einladung[3] und nahm im April 2011 erstmals am Jahrestreffen der Gruppierung teil, die sich seither BRICS nennt.[4]
Auch bedingt durch spekulative Überhitzung (so in der Volksrepublik China) und den Verfall der Rohstoffpreise (wie u. a. bei Rohöl, Eisenerz, Kupfer, Nickel) setzte von Mitte 2013 bis Anfang 2014 eine Krise der BRICS-Staaten ein, die zu starken Rückflüssen des Kapitals in den Dollar- und Euroraum führte.[5] Nachdem das Investitionspotenzial bei BRICS ausgereizt war, rief Jim O’Neill zu Investitionen in Finanzprodukte der MIST-Staaten auf – seine Wortschöpfung für die Ländergruppe Mexiko, Indonesien, Südkorea und Türkei.[6] Auch hier begann 2015 eine krisenhafte Entwicklung.
Vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine seit 2022 und des Konflikts um Taiwan „strebt der Staatenbund nach mehr politischem Gewicht und versucht, sich als Alternative zur G7 zu positionieren“, so Günther Maihold von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).[13] Zum Ukrainekrieg haben sich die BRICS-Mitglieder zurückhaltend geäußert:[14] Südafrika, Indien und Brasilien enthielten sich einer deutlichen Verurteilung wie auch einer Unterstützung des russischen Vorgehens.[15]
Vor dem BRICS-Gipfel im August 2023 in Südafrika haben nach südafrikanischen Angaben mehr als 40 Staaten Interesse an einer BRICS-Mitgliedschaft geäußert.[17][18] Zum BRICS-Gipfel im August 2023 in Südafrika hatten 23 Staaten einen „konkreten Antrag“ für eine BRICS-Mitgliedschaft gestellt.[19][20] Davon haben sechs Staaten die Einladung erhalten, zum 1. Januar 2024 der Gruppe beizutreten.[21] Zum Jahresbeginn 2024 erfolgte die Erweiterung um Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate.[22] Saudi-Arabien erhielt ebenfalls eine Einladung, hat aber Stand August 2024 zwar an BRICS-Treffen teilgenommen, jedoch seine Mitgliedschaft nicht formalisiert.[23][24]Argentinien hatte auch eine Einladung erhalten, nach dem Amtsantritt Javier Mileis aber offiziell mitgeteilt, sich nicht den BRICS-Staaten anzuschließen.[25][26] Nach welchen Kriterien neue Mitglieder aufgenommen werden sollen, war im Vorfeld innerhalb der BRICS umstritten.[27]
Die Türkei beantragte am 3. September 2024 die BRICS-Mitgliedschaft.[53][54]
Kasachstan wird nach eigener Aussage „derzeit und höchstwahrscheinlich auch in absehbarer Zukunft“ nicht BRICS beitreten, obwohl Russlands Präsident Putin dies wünschte. Als mutmaßliche Reaktion auf die Absage von Kasachstan verhängte Russland ein vorübergehendes Importverbot für bestimmte Obst- und Gemüsesorten gegen das Nachbarland.[55] Der Präsident Kasachstans nahm als Beobachter am 16. BRICS-Gipfeltreffen teil.[56]
Anlässlich des Gipfeltreffens in Kasan 2024 wurde bekanntgegeben, dass es Assoziierungsabkommen mit 13 neuen Partnerstaaten gebe.[57] Von diesen haben neun Länder die Einladung zur Partnerschaft angenommen und sind daher seit dem 1. Januar 2025 bzw. 17. Januar 2025 (Nigeria) offizielle BRICS-Partner.[58]
Das neunte dieser neun Länder war Indonesien, welches eine Woche später zum vollwertigen Mitglied aufstieg. Nigeria wurde am 17. Januar 2025 als Partnerstaat aufgenommen.[59] Von den folgenden drei Ländern stand Anfang 2025 eine Antwort aus:[58]
Industrielle Entwicklung und wirtschaftliches Gewicht
Die industrielle Entwicklung und ihr jeweilig wirtschaftliches Gewicht sind bei den BRICS-Staaten sehr unterschiedlich.
Volksrepublik China
Die Volksrepublik China ist die mit Abstand größte Volkswirtschaft der Gruppe und hat mit über 1,4 Milliarden Bewohnern auch knapp hinter Indien die zweitgrößte Bevölkerung der Welt. An gesamter wirtschaftlicher Kraft liegt die Volksrepublik 2022 kaufkraftbereinigt vor der EU und den Vereinigten Staaten,[60] liegt aber beim BIP pro Kopf nach Kaufkraftparität auf unter einem Drittel des US-Niveaus und innerhalb der BRICS-Staaten an zweiter Stelle hinter Russland und knapp vor Brasilien und Südafrika.
Die chinesische Wirtschaftskraft hat sich von 2008 bis 2017 mehr als verdoppelt. Auch wenn sich das Wachstum in den letzten Jahren etwas abgeschwächt hat, liegt es mit über 6 % jährlich immer noch über dem westlicher Industriestaaten (1,5–2 %).[61] Das Land strebt mittelfristig eine führende Rolle in der weltweiten Wirtschaft an und arbeitet daran, auch in Hochtechnologiesektoren (Flugzeugbau, Medizintechnik etc.) zu den westlichen Industriestaaten aufzuschließen.
Indien
Indien ist nach Bevölkerung (ca. 1,42 Mrd.) erster und nach Wirtschaftskraft der zweitgrößte der BRICS-Staaten und nach Kaufkraftparität die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Gleichzeitig ist das Land aber auch der am zweit niedrigsten entwickelte Staat der BRICS-Gruppe, besitzt das zweit niedrigste Pro-Kopf-BIP und die zweit niedrigste Position im Index der menschlichen Entwicklung (siehe Tabelle).
Ebenso wie die Volksrepublik China hat das Land Mitte der 2010er Jahre eine rasante wirtschaftliche Entwicklung durchgemacht, mit Wachstumsraten, die meist knapp unter denen der Volksrepublik China lagen, aber dennoch über 6 oder 7 % jährlich.[62]
Russland
Russland ist der laut Index der menschlichen Entwicklung am höchsten entwickelte aller BRICS-Staaten (siehe Tabelle) und es hat nach den Vereinigten Arabischen Emiraten das zweithöchste Pro-Kopf BIP.[63] Nach Fläche ist Russland der mit Abstand größte Staat der Welt, besitzt aber eine Bevölkerung von lediglich 145 Millionen Menschen und liegt damit innerhalb der BRICS-Gruppe auf dem vierten Platz.
Das Land profitiert extrem von seinen riesigen Öl- und Gasvorräten; der Verfall der Weltmarktpreise Mitte der 2010er Jahre und die Sanktionen zahlreicher Staaten infolge des Ukraine-Kriegs haben aber zu einer Rezession geführt; mehrfach schrumpfte das BIP.[64] Allerdings ist Russland nach Kaufkraftparität immer noch die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt, nominell die zwölftgrößte. Russland ist Mitglied und der mit Abstand größte Staat der „Eurasischen Wirtschaftsunion“.
Brasilien
Brasilien ist der nach Bevölkerung drittgrößte BRICS-Staat (ca. 215 Millionen Einwohner) und die nach Kaufkraftparität achtgrößte Volkswirtschaft der Welt. Mitte der 2010er Jahre erlebte Brasilien eine schwere Rezession, die noch durch eine politische Krise begünstigt wurde, deren Verursacher die extrem weit verbreitete Korruption in der politischen Führungsschicht war; das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte um nahezu 8 %. Die brasilianische Wirtschaft entwickelte sich recht unbeständig und wuchs im Mittel langsamer als die der Volksrepublik China oder Indiens.
Südafrika
Südafrika ist in nahezu allen Belangen der kleinste der ursprünglichen BRICS-Staaten, es hat die mit Abstand geringste Bevölkerung (ca. 60 Mio.) und ist die mit Abstand kleinste Volkswirtschaft (siehe Tabelle). Das Land hat aber große Bedeutung als Rohstofflieferant, sowohl von Diamanten und Edelmetallen als auch von Rohstoffen wie Zink, Eisen, Kohle, Mangan und anderen.
Im Vergleich zu den restlichen BRICS-Staaten und auch zu anderen Schwellenländern weist Südafrika niedrige jährliche Wachstumsraten auf (unter 3 %),[61] das Land hat Probleme mit ausufernder Korruption und einer extrem hohen sozialen Ungleichheit. Für das subsaharische Afrika ist Südafrika recht hoch entwickelt, ist aber gleichwohl dasjenige Land der BRICS-Staaten mit dem zweitniedrigsten Rang beim Index der menschlichen Entwicklung (siehe Tabelle).
Indonesien
Indonesien, das am 6. Januar 2025 Mitglied der BRICS wurde,[65] ist ein Inselstaat in Südostasien und Australien. Mit seinen über 277 Millionen Einwohnern ist Indonesien der viertbevölkerungsreichste Staat der Welt sowie der weltgrößte Inselstaat. Indonesien ist außerdem das Land mit der weltweit größten Anzahl an Muslimen. Wichtige Seefahrtsrouten zwischen Ostasien, Australien, Ostafrika und dem Suezkanal verlaufen durch indonesische Gewässer.
Kennzahlen
Gut 48 % der Weltbevölkerung, mehr als 3,6 Milliarden Menschen, leben in den BRICS-Staaten. Ihr Anteil am nominellen weltweiten Bruttoinlandsprodukt betrug im Jahr 2021 fast 29 %. Beim BIP nach Kaufkraftparität lag er mit über 35 % höher. (Zum Vergleich: In den G7-Staaten leben etwa 11 % der Weltbevölkerung, kaufkraftbereinigt werden dort 33 % des weltweiten BIP erwirtschaftet).[66]
Alternative Gruppen-Konstruktionen in der informellen Anfangsphase
Gelegentlich wurden die BRIC-Staaten durch die Hinzunahme Südkoreas (mit dem Buchstaben K von Korea) zu den sogenannten BRICK-Staaten erweitert, denn Südkorea war zwar ein entwickeltes Industrieland, erzielte aber dennoch relativ hohe Wachstumsraten.
Weit seltener war mit dem „K“ in BRICKKasachstan gemeint. Der Anlass, Kasachstan hinzuzunehmen, war durch dessen wachsende Bedeutung als Energielieferant und seine Lage zwischen den „klassischen“ BRIC-Staaten Russland, Volksrepublik China und Indien gegeben, wodurch die eurasisch-pazifische Perspektive der Schwellenländer in den Vordergrund rückte. (Wurde dabei Brasilien ausgespart, war von RICK-Staaten die Rede.)
Weitere Varianten waren:
BRIICS für die Staaten Brasilien, Russland, Indien, Indonesien, Volksrepublik China und Südafrika
BRIKT für die Staaten Brasilien, Russland, Indien, Korea und die Türkei
BRICSAM für Brasilien, Russland, Indien, Volksrepublik China, Südafrika, die ASEAN-Länder (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam) und Mexiko
Institutionalisierung
Die BRICS-Staaten haben keine eigene Charta, sondern sind um regelmäßige Gipfeltreffen herum als informeller Staatenbund organisiert, der ein Forum für vertiefende bilaterale Abreden zwischen Mitgliedern bietet. Eine wichtige Rolle in der Vertiefung der Kooperation spielt die in Shanghai ansässige New Development Bank, die vornehmlich Infrastrukturmaßnahmen finanziert. Ferner wurde mit dem Contingent Reserve Arrangement ein Notfallfond aufgelegt. Mitgliedsländer haben untereinander vereinbart, gegenseitigen Handel bevorzugt in den jeweiligen Landeswährungen zu tätigen, gleichfalls gibt es Überlegungen für eine gemeinsame Verrechnungswährung. Mit diesen Maßnahmen soll die Dominanz des US-Dollars eingeschränkt und die Rolle der BRICS-Staaten als Gegengewicht zu westlichen Kooperationszusammenschlüssen gestärkt werden. Innerhalb von BRICS sind unterschiedliche Interessen aufzeigbar, so steht Indien der Aufnahme neuer Mitglieder teilweise reserviert gegenüber, da diese sein eigenes Gewicht im Verbund mindern könnte. Zahlreiche Staaten haben Interesse an Mitgliedschaft oder erweiterter Kooperation mit BRICS angemeldet, diskutiert werden neben der Vollmitgliedschaft abgeschwächte Mitgliedschaften oder Kooperationen mit regionalen Verbünden wie etwa Mercosur.[71] Die BRICS funktionieren bisher als informeller Zusammenschluss, jedoch ist ihre New Development Bank eine intergouvernementale Organisation, die ein Element formeller Institutionalisierung darstellt.[72]
Während Russland und die Volksrepublik China versuchen, BRICS als anti-westlichen Verbund zu formieren, gilt dies nicht unbedingt für andere Mitglieder des Forums. Indien etwa achtet darauf, diesbezüglich nicht vereinnahmt zu werden. So nahm es an einer von Südafrika einberufenen virtuellen Konferenz zum laufenden Gazakrieg bewusst nicht teil, da es kein Interesse hatte mit einer Verurteilung Israels in Zusammenhang gebracht zu werden.[73] Indiens Außenminister Jaishankar stellte Anfang 2024 fest, dass Indien sich zwar als „nicht-westlich“ sehe, er verwies aber darauf, dass es – möglicherweise abweichend von anderen BRICS-Staaten – sich nicht als „anti-westlich“ positioniere, sondern im Gegenteil seine Beziehungen zu westlichen Staaten vertiefe.[74] Ähnlich wie Indien ist auch Brasilien nicht an einer Konfrontation mit dem Westen interessiert, sondern daran Kooperation innerhalb von BRICS mit einem blockfreien Standpunkt zu verbinden. Es stand darum einer Aufnahme des mit dem Westen verfeindeten Iran ablehnend gegenüber, konnte sich aber mit seinen Bedenken nicht durchsetzen, als Indien seinen Widerstand gegen die Aufnahme aufgab.[75] Eine ideologische Positionierung gegen den Westen wird durch die Natur von BRICS als flexibler Kooperationsgemeinschaft von Staaten mit unterschiedlichen Regierungssystemen und unterschiedlichen geopolitischen und teilweise konfligierenden Interessen erschwert.[76] Neben Indien und der Volksrepublik China, die im Himalaya und im Indischen Ozean Rivalen sind, stehen sich die neuen Mitglieder Iran und Saudi-Arabien (volle Mitgliedschaft unklar[77][78][79]) geradezu als regionale und ideologische Feinde gegenüber.[15]
Georg Erber, Mechthild Schrooten: BRICS: Deutschland profitiert vom Wachstum in Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika: wie lange noch? In: DIW Wochenbericht. 79, (34), 2012, S. 3–9. (Onlineausgabe des Artikels, pdf, 321,66 kB)
Georg Erber: BRICS-Bank: Außer Spesen nix gewesen. In: Oekonomenstimme. 24. Juli 2014. oekonomenstimme.org
Rolf L. Langhammer: Die BRICS-Entwicklungsbank: Ein Fonds, aber noch keine Bank. In: Oekonomenstimme. 18. August 2014. oekonomenstimme.org
George Magnus: Will Emerging Markets Shape or Shake the World Economy? Wiley & Sons, New York 2010, ISBN 978-0-470-66082-9.
Cynthia Roberts, Leslie Elliott Armijo, Saori Katada: The BRICS and Collective Financial Statecraft. Oxford University Press, New York 2017, ISBN 978-0-19-069751-8.
Weblinks
Commons: BRICS – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
↑Herbert Wulf: Kampfansage an den Westen. Die BRICS-Staaten zielen auf ein Ende der bestehenden Weltordnung. Doch kann die Gruppe ein echtes Gegengewicht zu den westlichen Mächten darstellen? In: Ipg-Journal.FES, 12. Juni 2023, abgerufen am 30. August 2023.
↑Marcus Schneider: Denkzettel für den Westen. In: Ipg-Journal. FES, 28. August 2023, abgerufen am 30. August 2023.
↑Lutz van Dijk: BRICS-Gipfel in Südafrika: Stelldichein des Globalen Südens. In: Die Tageszeitung: taz. 22. August 2023, ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 22. August 2023]).
↑BRICS Draws Membership Bids From 19 Nations Before Summit. In: Bloomberg.com. 24. April 2023 (bloomberg.com [abgerufen am 27. April 2023]).
↑Günther Maihold, Melanie Müller: Eine neue Entwicklungsphase der BRICS: Erweiterung und neue Identität (= SWP-Aktuell). Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin 2023 (ssoar.info [abgerufen am 13. Oktober 2024]).
↑Bo Peng: China and global governance: a new leader? (= International political economy series). Palgrave Macmillan, Cham, Switzerland 2021, ISBN 978-3-03070499-5, S.97.
↑Alexander Gabuev, Oliver Stuenkel: The Battle for the BRICS. In: Foreign Affairs. 24. September 2024, ISSN0015-7120 (foreignaffairs.com [abgerufen am 14. Oktober 2024]).
↑Alissa Wang: The Evolving BRICS. In: BRICS Research Group/BRICS Information Centre. Universität Toronto, 8. Juli 2023, abgerufen am 18. Oktober 2024 (englisch).