Bristol F.2
Die Bristol F.2 Fighter war ein zweisitziges Doppeldecker-Kampfflugzeug, welches ab Frühjahr 1917 im Ersten Weltkrieg als Aufklärer und schweres Jagdflugzeug zum Einsatz kam. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wurde das Flugzeug zu einem großen Erfolg. Es blieb bis in die 1930er-Jahre im Militärdienst zahlreicher Staaten und wurde auch als Zivilversion erfolgreich verwendet. EntwicklungDie Konstruktion des Flugzeugs ging auf den Bristol Type 9 R.2A/B zurück, einen Entwurf des Chefingenieurs der Bristol Aeroplane Company, Captain Frank Sowter Barnwell. Geplant war ein zweistieliger Doppeldecker mit einheitlicher Spannweite, der in der Version als R.2A von einem 120 PS (88 kW) starken Beardmore-Motor oder als etwas kleinere Version R.2B von einem 150 PS (110 kW) Hispano-Suiza-Motor angetrieben werden sollte. Auffällig war, dass der Rumpf etwas oberhalb der unteren Tragflächen aufgestützt war. So konnte die obere Tragfläche etwas niedriger über dem Piloten angesetzt werden, um dessen Sicht nach oben zu verbessern.[1] Die Entwürfe entstanden ungefähr gleichzeitig mit denen der Armstrong Whitworth F.K.8, der De Havilland D.H.4 und der Royal Aircraft Factory R.E.8. Diese Typen konkurrierten miteinander um die Rolle eines zweisitzigen bewaffneten Artillerieaufklärers, wie ihn das Royal Flying Corps (RFC) seit Herbst 1915 zur Ablösung der zunehmend veraltenden Royal Aircraft Factory B.E.2-Typen gefordert hatte.[2] Bei Erscheinen des neuen 190 PS (140 kW) Rolls-Royce-Falcon-I-Reihenmotors erkannte Barnwell darin den optimalen Antrieb für seine Konstruktion, deren Abmessungen und Konturen er für dessen Einbau entsprechend anpasste. Im Juli 1916 begann er unter der Bezeichnung Bristol Type 12 F.2A die Arbeit am ersten Prototyp A3303, dessen Erstflug durch Captain Hooper am 9. September 1916 erfolgte. Die Erprobung an der Central Flying School in Upavon führte zu erheblichen Änderungen am Kühlsystem und der Struktur der unteren Tragfläche. Der zweite entsprechend modifizierte Prototyp A3304 flog am 25. Oktober 1916. Die Maschine war am Frontkühler und dem in die Heckflosse integrierten Hecksporn zu erkennen. Die Bewaffnung bestand aus einem vorwärts feuernden 0,303-Zoll-(7,7-mm-)Vickers-Maschinengewehr, das in eine Einlassung am Treibstofftank im oberen Rumpf eingebaut war. Die Erprobung von A3304 in Upavon erfolgte am 16. Oktober und am 18. Oktober mit zwei verschiedenen Propellertypen, anschließend ergänzte die Versuchsstation in Orfordness die Bewaffnung durch den Einbau eines Alder-Zielfernrohrs für den Piloten und einer drehbaren Foster-Lafette für das Lewis-Maschinengewehr des Beobachters. ProduktionAuf Basis des Prototyps A3304 wurde eine erste Vorserie von weiteren 50 Maschinen (A3305-A3354) aufgelegt, die ab Dezember 1916 ausgeliefert wurden. Die Serienmaschinen bekamen eine überarbeitete Motorverkleidung, außerdem wurdev das Profil und die Enden der Tragflächen geändert. Die Bewaffnung bestand aus einem mit einem mit Constantinescu-Unterbrechergetriebe synchronisiertem Vickers-MG für den Piloten und einem beweglichen, auf Scarf-Lafette gesetzten Lewis-MG. Mit dieser Version ausgestattet verlegte die No. 48 Squadron, RFC im März 1917 an die Front in Frankreich. SerienproduktionWährend die Vorserienproduktion bereits lief, führten weitere Nachbesserungen zur endgültigen Version, der Bristol Type 14 F.2B[3], deren Prototyp am 25. Oktober 1916 erstmals flog. Diese Ausführung besaß einen größeren Treibstofftank, zur besseren Sicht nach vorn war außerdem die obere Tragfläche etwas verschoben worden. Im November 1916 wurden 200 F.2B bestellt. Die ersten 150 Serienmaschinen erhielten noch die 190 PS (140 kW) Falcon-I-Motoren der Prototypen, die nächsten 50 den 220 PS (162 kW) Falcon-II-Motor, die weiteren wurden mit den ab Juli 1917 verfügbaren 275 PS (202 kW) starken Falcon-III-Motoren ausgerüstet, welche das Flugzeug auf eine Spitzengeschwindigkeit von 198 km/h bringen konnten. Die F.2B flog und stieg damit deutlich schneller als die F.2A. Außerdem wurde der Beobachter durch die Montage eines zweiten Lewis-MGs noch stärker bewaffnet. Im Sommer 1917 entschied sich das War Office im Zuge der Typen-Vereinheitlichung die Bristol F.2B generell als Standard-Kampfaufklärer vorzusehen. Im September und Oktober 1917 wurden daher je 800 weitere Maschinen des Typs F.2B bestellt, danach kletterten die Bestellungen weiter bis zur Zahl von 5500 Flugzeugen, die bei Kriegsende teilweise storniert wurden.[4] Allerdings hielt die Produktion der Falcon III-Motoren nicht entsprechend mit. Da die Motoren von Hispano-Suiza bereits für andere Typen gebraucht wurden, kam als Alternative der noch unerprobte 200 PS (147 kW) Sunbeam-Arab-Motor infrage, der aufgrund der Lieferschwierigkeiten des Falcon-III ersatzweise verwendet wurde. Allerdings hatten Tests im Mai 1917 bereits Schwachpunkte des Motors an Zylindern und Kurbelwelle gezeigt, die erst Ende 1917 abgestellt waren. Hinzu kamen weitere Modifikationen und außerdem Missverständnisse mit dem amerikanischen Motorlieferanten Willys-Overland bei der Umrechnung zwischen britischen und metrischen Maßangaben. Die zahlreichen Probleme führten dazu, dass bis Ende 1917 statt zusätzlicher 1800 nur 81 und bis Ende 1918 nur 1311 Sunbeam-Arab-Motoren zugeliefert werden konnten. Als weitere Alternative kam der ebenfalls in großen Stückzahlen georderte 230 PS (169 kW) Siddeley-Puma Motor infrage, der allerdings nur schwer in die Rumpfkonstruktion einzubauen war, aber 1919 dennoch bei einigen Flugzeugen verwendet wurde. Der 230 PS (169 kW) Beardmore-Halford-Pullinger (BHP) Motor wurde ebenfalls erprobt, zeigte aber nur unbefriedigende Leistungen. Als letzte Variante wurde im Oktober 1918 der Wolseley-Viper Motor, eine britische Lizenzversion des französischen Hispano-Suiza-Motors erprobt; diese Lösung kam jedoch nicht mehr zum Tragen.[5] HerstellerBis Jahresende 1918 wurden 3102 Flugzeuge von RAF und RFC übernommen, davon 1001 mit Sunbeam-Arab Motor[6]. Bis zum Auslaufen der Kriegsbestellungen zum 23. August 1919 wurden von britischen Herstellern noch weitere Flugzeuge geliefert, hinzu kamen Produktionen in Belgien und den USA. Insgesamt dürften ca. 4000 Bristol F.2 aller Typen hergestellt worden sein.[7]
Zu den USA ist anzumerken, dass der Befehlshaber der US-Expeditionsstreitkräfte in Europa (AEF) General Pershing am 1. August 1917 gefordert hatte, die Bristol F.2 in großen Stückzahlen in den USA bauen zu lassen und zu diesem Zweck zwei Musterexemplare in die USA verschifft worden waren. Die Vorbereitungen und der Bau von Prototypen zogen sich danach solange hin, dass die Erprobung der ersten Flugzeuge erst im März 1918 beginnen konnte, wobei zahlreiche Änderungen und die Verwendung des ungeeigneten 400 PS (294 kW) Liberty-Motors die Serienfertigung verzögerten und eine Auslieferung an die Truppe vor Kriegsende nicht mehr stattfand.[10] EinsatzKriegseinsatz 1917–18Obwohl die Bristol F.2 zunächst wie die R.E.8 als Artillerieaufklärer konzipiert worden waren, sollten sie nun als zweisitzige Kampfflugzeuge zum Luftkampf und zur Nahunterstützung für die Bodentruppen eingesetzt werden. Da man für einen Einsatz als Jagdflugzeug erst wenig Einsatzerfahrung mit Kampfzweisitzern hatte, wurden die Besatzungen angewiesen, Feindflugzeuge im Formationsflug mit den nach hinten gerichteten MGs der Beobachter ins Kreuzfeuer zu nehmen. Diese Taktik erwies sich als Fehlschlag und führte anfangs zu schweren Verlusten. Nachdem die No. 48 Squadron, RFC zuvor in Rendcomb in Gloucestershire an der neuen Maschine geschult worden war, verlegte sie als erste Einheit am 8. März 1917, einen Monat vor Beginn der Schlacht von Arras, mit der F.2A an die Westfront. Beim ersten Einsatz der Squadron stiegen am 5. April 1917 sechs F.2A auf und trafen dabei auf fünf Albatros D.III der Jasta 11 unter der Führung von Rittmeister Manfred von Richthofen. Im anschließenden Luftkampf blieben die Bristol-Piloten stur in der Formation, anstatt im Gefecht die Manövrierfähigkeit und Schnelligkeit ihrer Flugzeuge anzuwenden. Als Ergebnis wurden vier der sechs gestarteten Bristol F.2A zum Absturz gebracht, eine fünfte Maschine schwer beschädigt und sogar der erfahrene Führer der Formation William Leefe Robinson wurde durch Vizefeldwebel Festner abgeschossen und geriet in Gefangenschaft.[11] Nur wenige Tage später fiel der deutschen Jagdstaffel die erste, fast unbeschädigte Bristol F.2A in die Hände[12]. Solche Nachrichten enttäuschten die großen Hoffnungen, die der Befehlshaber des RFC General Trenchard in den Bristol Fighter als neue Trumpfkarte im Luftkrieg gesetzt hatte[13]. Mit Zulauf der neueren F.2B ab Juli 1917 stieg allmählich das Vertrauen der Besatzungen. Die Piloten mit ihren Brisfit oder Biff setzten mit ihrem vorwärts feuerndes Vickers-MG wie mit Jagdeinsitzern zum Frontalangriff an und nutzten dabei deren hohe Geschwindigkeit, Steigfähigkeit und Stabilität, während sie ihren Beobachtern im Luftkampf vor allem die Deckung und Verteidigung nach hinten und zur Seite anvertrauten. Erste Heldentaten machten die Runde, und die Bristol Fighter wurden zunehmend ihrem Namen gerecht. Besonders hervorgehoben wurden der kanadische Pilot Lieutenant Andrew Edward McKeever und sein Beobachter Sergeant Leslie F. Powell der No. 11 Squadron, RFC, welche ihren ersten Luftsieg mit dem Flugzeug bereits am 21. Juni 1917 gegen einen deutschen Albatros-Jagdeinsitzer erzielt hatten. Sie schossen bei einem Einsatz am 30. November 1917 südlich Cambrai allein im Luftkampf mit neun deutschen Albatrossen vier Flugzeuge ab. Rückblickend auf seine eigenen Erfahrungen mit der Bristol F.2B schrieb der Luftfahrthistoriker, Pilot und ehemalige Flight Commander W.F.J. „Jim“ Harvey:
Die Bristol F.2B Fighter wurden in folgenden Einheiten von RFC und RAF eingesetzt:
Am 31. Oktober 1918, dem letzten Meldetermin während des Krieges, zählte die Royal Air Force 1583 einsatzbereite Bristol F.2, davon 79[15] mit Sunbeam-Arab Motor. NachkriegszeitNach dem Krieg dienten die verbliebenen oder bis 1919 noch produzierten Exemplare der Bristol F.2 als Verbindungsflugzeuge und leichte Bomber, unter anderem in der Türkei während der Chanakkrise, im Nahen Osten, in Indien und in der Republik China. Zusätzlich flogen weitere Luftwaffen des Britischen Empires, darunter die RNZAF, die Royal Canadian Air Force und die RAAF, die F.2B. Die F.2B dienten in den Luftstreitkräften folgender Länder.
Zivile NutzungEinige F.2B wurden zur zivilen Nutzung unter der Bezeichnung Bristol Tourer umgebaut; mit einem Siddeley-Puma-Motor und geschlossenem Cockpit versehen erreichten sie eine Geschwindigkeit von 206 km/h. Varianten
BilderBilder aus der Einsatzzeit
Bilder erhaltener oder nachgebauter FlugzeugeHeute existieren in Museen noch einige Bristol Fighter, dazu wurden Nachbauten, u. a. für die Ausstellung anlässlich der 100-Jahr-Feier der Bristol-Flugzeugwerks in Filton oder Filmdarstellungen, angefertigt.
Technische Daten
Leistungsvergleich zweisitziger Kampfflugzeuge an der Westfront, Anfang 1918
QuellenSiehe auchLiteratur
WeblinksCommons: Bristol F.2 Fighter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Filmaufnahmen
Dokumente:
Einzelnachweise
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