Die Burschenschaft der Bubenreuther trägt ein (Couleur) schwarz-rotes Band mit goldener Perkussion.[1] Zum schwarz-roten Band tragen die Bubenreuther eine rote Mütze mit Eichenkranz (auch Kranzmütze genannt). Die Farben Schwarz-Rot-Gold entsprechen den Farben der Urburschenschaft.
Der Wahlspruch der Burschenschaft der Bubenreuther „Gott – Freiheit – Ehre – Vaterland“ findet sich auch im Zirkel wieder. Darüber hinaus haben speziell das Sittlichkeitsprinzip, das Wissenschaftlichkeitsprinzip und die Vaterlandsliebe eine große Bedeutung. Das Sittlichkeitsprinzip umschreibt die menschliche Reife im Denken, Handeln und Umgang miteinander, während das Wissenschaftlichkeitsprinzip auf eine offene Grundhaltung gegenüber anderen Denkansätzen und ein akademisches Grundwissen abzielt. Zum Thema der Vaterlandsliebe wird von der Burschenschaft bewusst die partnerschaftliche Verantwortung Deutschlands in der Gemeinschaft der europäischen Nationen, in einem friedlichen und geeinten Europa betont. Rechts-nationale Bestrebungen werden abgelehnt. Zu verteidigen sind stattdessen die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands, das Recht auf Selbstbestimmung und Meinungsfreiheit sowie das Gebot der Achtung des Nächsten.[2]
Geschichte
Die Burschenschaft der Bubenreuther wurde am 1. Dezember 1817[3] in unmittelbarer Folge des Wartburgfests in Erlangen als „Allgemeine Erlanger Burschenschaft“ gegründet. Daneben führte sie den allgemein auch gebräuchlichen Namen Arminia. Mit dem Attentat des Theologiestudenten Karl Ludwig Sand, Gründungsmitglied der Erlanger Burschenschaft, auf August von Kotzebue und den daraufhin von Metternich durchgesetzten Karlsbader Beschlüssen wurde das aufblühende Leben der Burschenschaft auch in Erlangen zunächst unterbrochen. Um den Repressalien der „Demagogenverfolgung“ auszuweichen, trafen sich die Arminen in dem damals noch versteckt liegenden Dorf Bubenreuth, das schon bald namensgebend für die Burschenschaft und Ursprung der „Bubenreuther Eigenart“ werden sollte.
In dem damals unter den Burschenschaften ausgebrochenen Richtungsstreit zwischen den Arministen und Germanisten setzte sich unter dem Einfluss von Karl von Hase in Erlangen das arministische Prinzip durch. Das Hambacher Fest (1832) und der Frankfurter Wachensturm (1833) waren Vorwand für eine erneute „Demagogenverfolgung“. Deshalb löste sich die Arminia am 9. Mai 1833 in Bubenreuth offiziell auf. Inoffiziell wurde das Bundesleben jedoch unter dem Namen „Bubenruthia“ – abgeleitet vom Ortsnamen Bubenreuth – weitergeführt.
Zum 100-jährigen Jubiläum der Universität Erlangen im Jahr 1843 wurde der Burschenschaft erstmals wieder gestattet, öffentlich aufzutreten. Sie nahm unter einer neutralen Fahne am Festzug teil. In der Folgezeit war es besonders das Verdienst Hans von Raumers, dem Zusammenleben der früheren Mitglieder und der Aktiven wieder eine feste Form zu geben. Er war auch – neben sechs weiteren Bubenreuthern – Mitglied der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche (1848).
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildeten sich innerhalb der deutschen Burschenschaften an den verschiedenen deutschen Universitäten Kartelle. Auch die Bubenreuther gründeten mit der Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller zu Jena 1860 das nach der Farbe der Mützen genannte „Rote Kartell“, den Vorläufer des „Roten Verbandes“ (RV). Dem RV gehören die Bubenreuther bis heute an. Dem 1881 gegründeten Dachverband aller Burschenschaften, der 1902 in „Deutsche Burschenschaft“ umbenannt wurde, standen die Bubenreuther stets reserviert gegenüber. Aufnahme und Austritt erfolgten in stetem Wechsel.
Während des Ersten Weltkrieges 1914 verblieben nur wenige Mitglieder in Erlangen und versuchten das Bundesleben weiterzuführen. Bei Kriegsende trauerte die Bubenruthia um 104 tote Mitglieder, darunter auch den Dichter Walter Flex.
Am 14. März 1920 wurde zur Verhinderung eine „Überschwappens der Münchner Räterevolution nach Franken“ ein 1919 (von den Burschenschaften Erlanger Wingolf, Bubenruthia, Germania und Uttenruthia) aufgestelltes Studentenbataillon unter Waffen gestellte, nachdem am Vortag in Berlin rechte Putschisten das Regierungsviertel besetzt hatten.[4]
Inzwischen wieder Mitglied der „Deutschen Burschenschaft“ (DB), weigerte sich der Sprecher der Bubenreuther 1934, die „arischen Fragebögen“ an diese auszuliefern, was einen erneuten Ausschluss aus dem Dachverband nach sich zog. Nach der Durchsetzung des Arierparagraphen durch den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund, dem auch die DB 1935 beitrat, wurden die Erlanger Korporierten am 30. Januar 1936 im Redoutensaal vor die Wahl gestellt, das Band abzulegen oder den Saal zu verlassen. Die Bubenreuther entschieden sich für Letzteres. Am selben Abend noch beschlossen die Bubenreuther und acht weitere Erlanger Verbindungen ihre Auflösung. Inoffiziell führte man jedoch das Bundesleben weiter, bis die Nationalsozialisten an allen deutschen Universitäten die Umwandlung der studentischen Verbindungen in so genannte Kameradschaften erzwangen. Im Bubenreuther Haus etablierte sich eine „Kameradschaft Walter Flex“, die wenigstens durch ihre Namensgebung noch einen Anklang an die Burschenschaft erlaubte. Die Mitglieder dieser Kameradschaft suchten zeitweilig auch Bubenreuth auf, um die Verbindung nach dort zu halten.
1941 wurde das Bubenreuther Haus zu Kriegszwecken beschlagnahmt und von der Wehrmacht als Lazarett genutzt. Im Zweiten Weltkrieg fielen 79 Bubenreuther.
Nach Kriegsende 1945 blieben zunächst zahlreiche Verbindungen von den Siegermächten verboten, darunter auch die Burschenschaft der Bubenreuther, deren Haus beschlagnahmt blieb und als Klinikum und Verwaltungsstelle genutzt wurde.
Auf ihrem Weg eines Neuanfangs nach 1945 suchten die Bubenreuther nach der Zeit des Imperialismus der Nationalsozialisten nach positiven Anknüpfungspunkten in ihrer bewegten Vergangenheit und fanden sie in der aktiv gelebten, demokratischen, freiheitlichen und christlichen Tradition der frühen Burschenschaft. 1946 entstand daher eine Gemeinschaft junger Studenten, darunter auch Söhnen von Bubenreuthern, die zunächst den Namen „Sodalitas“ annahm, sich jedoch zunehmend an den Grundsätzen und Prinzipien der Burschenschaft ausrichtete und Kontakt zum Philisterverein aufnahm. Die Sodalitas nahm die Farben der Burschenschaft an, traf sich regelmäßig in Bubenreuth und nahm nach Anerkennung durch den Philisterverein 1950 offiziell wieder den Namen „Burschenschaft der Bubenreuther“ an. 1957 konnte nach langen Verhandlungen auch die Rückgabe des Erlanger Hauses an die Bubenreuther erlangt werden.
Die aktive Burschenschaft, die nach ihrer Wiederentstehung auch das akademische Fechten wiedereingeführt hatte, ersetzte selbiges nach langen Diskussionen 1968 durch das Sportfechten. Infolgedessen kam es in den folgenden Jahren immer wieder zu Streitigkeiten mit der DB, die 1988 zum erneuten Ausschluss der Bubenreuther aus dem Dachverband führte.
Für Konflikte und etliche Austritte aus der Burschenschaft sorgte das „Keuschheitsprinzip“, das vorehelichen Geschlechtsverkehr untersagte und noch aus den Anfangszeiten der Verbindung stammte.[5] 1968 wurde es aufgehoben und durch ein „Sittlichkeitsprinzip“ ersetzt. Heinz Roth, der damalige Leiter der Versammlung, äußerte dazu: „Die Jungen mögen wohlüberlegt Traditionen und Formen, die ihnen nicht mehr zeitgemäß erscheinen, ablegen, wenn der Geist erhalten bleibt!“[6] Unter Berufung auf dieses Sittlichkeitsprinzip wurde noch 1995 ein Bundesbruder wegen seiner Homosexualität ausgeschlossen.[7]
Das Bubenreuther Colloquium ist seit 1984 eine feste öffentliche Veranstaltung der Burschenschaft der Bubenreuther. Es findet zumeist Ende Januar/Anfang Februar auf dem Bubenreuther Haus in Erlangen statt. Namhafte Redner und Experten diskutieren hier zu Fragen der politischen Situation in Deutschland und Europa mit Studenten und Interessierten.
1993 veröffentlichte die Burschenschaft ihr „Bubenreuther Manifest“, das 2017 in die „Bubenreuther Erklärung“ mündete, in welchem sich die Burschenschaft der Bubenreuther u. a. von jeglichem Extremismus, nationalistischer Übersteigerung, völkischem Denken und Fremdenfeindlichkeit distanziert: „Wir wollen uns dabei an den Grundsätzen des Christentums orientieren, respektieren aber auch andere Religionen und weltanschauliche Orientierungen, wenn sie mit den Grundwerten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vereinbar sind. Wir erziehen unsere Mitglieder zu Gesprächsbereitschaft, Kompromissfähigkeit und Toleranz. Dem heute um sich greifenden, oft schrankenlosen Individualismus treten wir als Generationen übergreifende Erziehungsgemeinschaft entgegen und streben nach einer auf Gemeinschaft bezogenen verantwortlichen Lebensgestaltung. Wir wollen [...] auf die Mitarbeit an der Gestaltung des kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Lebens vorbereiten.“[8] Als Gemeinschaft und Lebensbund will sie die burschenschaftlichen Grundwerte in zeitgemäßer Form leben, in besonderer Verantwortung für das Gemeinwesen und die Gesellschaft, durch Förderung des staatsbürgerlichen Interesses, des wertorientiertens Verhaltens und der Leistungsbereitschaft der Studierenden.
Mit der Feier zum 200. Stiftungsfest der Burschenschaft präsentierte sich die Burschenschaft der Bubenreuther 2017 damit wieder in der Tradition der Urburschenschaften, die vor 200 Jahren bereits für liberale, neue Geistesströmungen einstanden: für die Freiheits- und Gleichheitsideen der Französischen Revolution, den Idealismus der deutschen Romantik, die Sittlichkeit eines entstehenden werteorientierten Bürgertums und das damalige Wunschbild eines vereinten Vaterlandes – heute eines vereinten, friedlichen Europas – in einer Welt, in der die Menschenrechte geachtet und gelebt werden.
Roter Verband und Neue Deutsche Burschenschaft
Der „Rote Verband“ (RV) ist ein deutschlandweiter Zusammenschluss liberaler, arministisch geprägter Burschenschaften, der seinen Namen von deren roten Mützen bekommen hat. Die Burschenschaft der Bubenreuther gehört dem RV als Gründungsmitglied seit 1897 an.
1996 kam es unter maßgeblicher Beteiligung der Bubenreuther als Gegenbewegung zur „alten“ DB zur Gründung der „Neuen Deutschen Burschenschaft“ (Neue DB), die für ein zeitgemäßes Engagement für das Gemeinwesen ohne nationalistische Überhöhung eintritt. Anstoß zur Gründung der Neuen DB war für einige Burschenschaften auch die Streitfrage über das verpflichtende Schlagen scharfer Mensuren, die Aufnahme von Kriegsdienstverweigerern und die Mitgliedsschaftsvoraussetzungen für eine Aufnahme in die DB.
Die Mitglieder der Neuen DB sind fakultativ schlagende Burschenschaften, die in der Tradition der Urburschenschaft von 1815 das akademische Fechten fortführen, d. h., es bleibt jedem Bundesbruder selbst überlassen, ob er eine Mensur stellen möchte. Unter diesem Vorbehalt und Kompromiss stehen auch die Bubenreuther heute wieder zum studentischen Fechten.
Bubenreuther Haus
Die Burschenschaft der Bubenreuther entschloss sich 1889 zum Bau des Hauses, um ihren aktiven Mitgliedern ein eigenes Heim zu bieten. Architekt des Hauses war Theodor Eyrich[9]. Der Mittelpunkt des Hauses ist der prächtige Ballsaal mit überlebensgroßen Wandbildern aus dem Erlanger Studentenleben, die von Otto Bollhagen gemalt wurden und die größten Jugendstilgemälde Europas sind. 1933 wurde das Haus renoviert und erweitert. Im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmte die Wehrmacht das Haus und nutzte es als Lazarett, bis es schließlich 1957 an die Burschenschaft der Bubenreuther zurückgegeben wurde.
Das 125-jährige Bestehen des Bubenreutherhauses an der Östlichen Stadtmauerstraße 32 in Erlangen konnte die Burschenschaft 2014 zum Anlass nehmen, mit dem Bezug des modernen Neubaus im Rückgebäude des Hauses ein neues, mit Spenden und Mitteln der Burschenschaft finanziertes studentisches Wohnheim für Erlangen zu feiern.
Bubenreuther Haus
Foyer
Ballsaal
Mörsbergei
In Bubenreuth liegt die eigentliche Heimat der Burschenschaft der Bubenreuther, die Mörsbergei. Schon im 18. Jahrhundert war das Anwesen und der Gasthof ein beliebter Treffpunkt der Erlanger Studenten. In dem Gasthof finden die Kneipen der Burschenschaft statt, auf dem Anwesen wird die Bubenreuther Kirchweih ausgerichtet. Der Name Mörsbergei leitet sich vom Namen des letzten Besitzers, Johann Friedrich (gen. „Jean“) Mörsbergers, ab. Dieser verkaufte das Anwesen 1914 an die Burschenschaft.
↑Hans König: Burschen, Knoten und Philister. Erlanger Studentenleben von 1743 bis 1983. Nürnberg 1983, S. 26.
↑Burschenschaft der Bubenreuther (Verantwortlich für diese Seiten i. S. d. § 6 TDG / § 6 MDStV): "Über uns". Abgerufen am 26. Juli 2017.
↑E. H. Eberhard: Handbuch des studentischen Verbindungswesens. Leipzig, 1924/25, S. 35.
↑Martin Droschke: Erlangen schlittert mit größtmöglicher Zielgenauigkeit auf einen Bürgerkrieg zu. In: Franken 2024. Franken-Wissen für das ganze Jahr. Emons Verlag, Köln 2023, ISBN 978-3-7408-1797-8, Blatt 19. März.