Deutsche RaumfahrerDie deutsche Raumfahrt hat kein eigenes bemanntes Raumfahrtprogramm. Die deutschen Raumfahrer flogen daher als Besatzungsmitglieder bei Missionen anderer Staaten ins All: mit den Sojus-Raumschiffen der Sowjetunion (später Russland) sowie mit dem Space Shuttle der Vereinigten Staaten. Nach dem Ende des Space-Shuttle-Programms werden amerikanische Flüge seit dem 30. Mai 2020 mit dem SpaceX-Crew Dragon durchgeführt. In achtzehn Missionen mit deutscher Beteiligung flogen Stand 8. Mai 2022 insgesamt dreizehn deutsche Raumfahrer in den Weltraum, darunter keine Frau. Alexander Gerst und Matthias Maurer sind derzeit die einzigen aktiven deutschen Raumfahrer und Mitglieder im Europäischen Astronautenkorps. Betreuende OrganisationenÜbersichtAuswahl und Ausbildung der Raumfahrer erfolgten durch drei verschiedene Behörden und Gesellschaften, zeitweise auch parallel:
Ab 1999 existierte keine rein deutsche Astronautengruppe mehr, die deutschen Raumfahrtaktivitäten sind voll in der ESA und deren Astronautenkorps integriert. DDR-Beteiligung am Interkosmos-ProgrammIm Rahmen des Interkosmos-Programms ermöglichte die Sowjetunion befreundeten Nationen, an bemannten Raumfahrtmissionen teilzunehmen. Für den Flug mit DDR-Beteiligung wurden am 25. November 1976 zwei Piloten aus den Luftstreitkräften der DDR ausgewählt: Sigmund Jähn und Eberhard Köllner,[1] wobei Jähn im August/September 1978 den Raumflug mit Sojus 31 unternahm und Köllner der Ersatzmann war. Weitere Flüge waren nicht vorgesehen, so dass es nach dem Flug keine DDR-Kosmonautengruppe mehr gab. Die Astronautengruppen von DFVLR/DLREine erste bundesdeutsche Astronautengruppe wurde am 19. Dezember 1982 von der damaligen Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR, später Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR) zusammengestellt.[2] Ausgewählt wurden Reinhard Furrer und Ernst Messerschmid, die für einen Raumflug mit dem Space Shuttle ausgebildet wurden, bei dem das europäische Spacelab-Labor an Bord sein würde. Dieser siebentägige Flug fand ab 30. Oktober 1985 unter der Bezeichnung STS-61-A statt und wurde in Deutschland auch unter der Bezeichnung D1-Mission bekannt. Nach dem Flug wurde die Astronautengruppe aufgelöst. Die nächste deutsche Astronautengruppe des DFVLR wurde am 3. August 1987 zusammengestellt und bestand aus fünf Personen, darunter auch erstmals Frauen: Renate Brümmer, Hans Schlegel, Gerhard Thiele, Heike Walpot und Ulrich Walter.[2] Brümmer, Schlegel, Thiele und Walter wurden ab Oktober 1990 von der NASA zu Nutzlastspezialisten für die Mission STS-55 ausgebildet. Der Flug erfolgte im April 1993 unter Beteiligung von Schlegel und Walter. Nach diesem Flug traten Brümmer, Walpot und Walter aus, Schlegel und Thiele verblieben dagegen im deutschen Raumfahrerkorps und hielten sich für weitere Einsätze bereit. Die politischen Änderungen Ende der 1980er Jahre (Perestroika und Glasnost) ermöglichten auch eine Zusammenarbeit der Bundesrepublik mit der Sowjetunion. Parallel zur Vorbereitung auf den Shuttle-Flug wurde die deutsche Raumfahrergruppe am 8. Oktober 1990 durch Reinhold Ewald und Klaus-Dietrich Flade verstärkt.[2] Im Gegensatz zu ihren Kollegen wurden sie jedoch in der Sowjetunion ausgebildet und bereiteten sich auf einen Flug zur Raumstation Mir vor. Flade kam im März 1992 zum Einsatz, Ewald im Februar 1997. Deutsche Raumfahrer bei der ESASchon ab 1977, bevor in Frankreich, Deutschland und Italien nationale Astronautengruppen aufgestellt wurden, hatte die ESA eine eigene Astronautenauswahl getroffen, damit europäische Astronauten die europäischen Experimente an Bord des Space Shuttle durchführen konnten. Die deutsche Vorauswahl übernahm das DFVLR, das am 23. April 1977 per Zeitungsannonce nach einem „Wissenschaftler im Weltraumlabor“ suchte, worauf mehr als 700 Bewerbungen eingingen.[3] Zu den vier am 22. Dezember 1977 ausgewählten ESA-Astronauten gehörte auch Ulf Merbold,[4] und Merbold war es auch, der im November 1983 bei STS-9 der erste Nicht-Amerikaner an Bord des Space-Shuttles war. Merbold kam später zu zwei weiteren Raumflügen für die ESA: 1992 mit der Shuttle-Mission STS-42 und 1994 an Bord des russischen Raumschiffs Sojus TM-20 zur Raumstation Mir. Erst 15 Jahre später, am 15. Mai 1992, wurde eine zweite ESA-Gruppe gebildet. Unter den sechs Raumfahreranwärtern aus sechs Ländern war mit Thomas Reiter wieder ein Deutscher. Reiter war der erste deutsche Raumfahrer, der Langzeiteinsätze auf Raumstationen absolvierte: je sechs Monate auf der Mir und auf der ISS. Mit der Gründung des Europäischen Astronautenkorps der ESA ging die Auflösung der nationalen Astronautenkorps in Deutschland, Frankreich und Italien einher. Bis 1999 wechselten die noch aktiven deutschen Astronauten Schlegel, Thiele und Ewald vom DLR zur ESA. Auch bei der nächsten ESA-Auswahl, die am 20. Mai 2009 aufgestellt wurde, war mit Alexander Gerst wieder ein Deutscher dabei.[4] Gerst führte 2014 einen Langzeitaufenthalt auf der ISS durch[5] und ein weiteres Mal im Juni 2018, bei dem er ab Oktober 2018 auch das Kommando der ISS übernahm.[6] Da für die ESA künftig mehr Flugmöglichkeiten bestehen werden, stieß Matthias Maurer im Juli 2015 als weiterer deutscher Raumfahreranwärter zum Europäischen Astronautenkorps hinzu.[7] Am 23. November 2022 wurden Nicola Winter und Amelie Schoenenwald als Reserve-Mitglieder des Astronautenkorps der Europäischen Weltraumorganisation benannt.[8][9][10] Die AstronautinBisher war keine deutsche Frau im All. Aus diesem Grund rief die Unternehmerin Claudia Kessler 2016 die Initiative Die Astronautin ins Leben (seit Juni 2017: Stiftung erste deutsche Astronautin gemeinnützige GmbH[11]). Die Luft- und Raumfahrtingenieurin hatte Maschinenbau und Luft- und Raumfahrttechnik studiert und hatte ursprünglich selbst versucht, Astronautin zu werden. Ziel dieser Initiative ist es, die erste Deutsche ins All zu bringen und ihr einen Kurzzeitaufenthalt auf der ISS zu ermöglichen. Die private Stiftung finanziert sich durch Spenden, Crowdfunding und durch Unterstützung aus der Industrie.[12] Am 19. April 2017 wurden aus über 400 Bewerberinnen die Bundeswehr-Pilotin Nicola Baumann und die Wissenschaftlerin Insa Thiele-Eich ausgewählt, um eine entsprechende Ausbildung zu durchlaufen.[13] Zur Finanzierung des ersten deutschen Astronautinnentrainings wurden im Frühjahr 2017 in einer ersten Crowdfunding-Runde 68.590 Euro eingesammelt.[14] Nicola Baumann trat im Dezember 2017 von der Ausbildung zurück, im Februar 2018 wurde als Nachrückerin Suzanna Randall nominiert.[15] Der Flug zur ISS wurde anfangs für spätestens 2019 angestrebt,[13] dann auf 2020 verschoben und weiter auf 2023.[16] Noch hat die Initiative aber keinen festen Flug gebucht, ebenso ist die Finanzierung der 50 Millionen Euro teuren Raumfahrtmission[17] noch nicht gesichert. 2024 bereitet sich die Elektroingenieurin und Polarforscherin Rabea Rogge für die kommerzielle Mission Fram2 vor. Liste der deutschen Raumfahrer
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Siehe auchWeblinks
Einzelnachweise
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