EpigraphikDie Epigraphik bzw. Epigrafik (Inschriftenkunde, von altgriechisch ἐπιγραφή epigraphē „Inschrift, Aufschrift“) ist eine historische Hilfswissenschaft. Sie befasst sich mit Inschriften bzw. Aufschriften auf verschiedenen Materialien wie Holz, Stein, Glas, Marmor, Metall, Leder und anderen. Epigraphik ist insbesondere für die Alte Geschichte von Bedeutung. Geschichte der EpigraphikDie Wissenschaft der Epigraphik entwickelte sich seit dem 16. Jahrhundert. Die Grundlagen der Epigraphik variieren je nach Schriftkultur. Die Wissenschaft in Europa konzentrierte sich zunächst auf die lateinischen Inschriften. Im 19. Jahrhundert wurde in Berlin die größte Sammlung lateinischer und griechischer Inschriften begründet. Eine der wichtigsten Institutionen, die sich in Deutschland mit antiken Inschriften beschäftigt, ist die in München angesiedelte Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik des Deutschen Archäologischen Instituts. Das Kanadische Zentrum für epigraphische Dokumente zählt zu den größten seiner Art in Amerika. Gelehrte, die zur Entwicklung der Disziplin beigetragen haben, finden sich in der Liste bekannter Epigraphiker. Mit der Aufarbeitung der Inschriften aus Mittelalter und Neuzeit beschäftigt sich in Deutschland und Österreich das Publikationsunternehmen Die Deutschen Inschriften. In München dient das Epigraphische Forschungs- und Dokumentationszentrum als zentrale Anlaufstelle für Fragen der Epigraphik des Mittelalters und der Frühen Neuzeit in ganz Europa. Antike InschriftenDa solche Inschriften haltbarer sind als Dokumente auf gewöhnlichen Schreibmaterialien wie Papier oder Pergament, sind epigraphische Quellen oft die einzigen Mittel, um zeitgenössische schriftliche Informationen über untergegangene Kulturen zu erhalten. Um das Ausmaß, in dem Inschriften gesetzt wurden, sowie die jeweils üblichen Anlässe und Inhalte zu bezeichnen, sprechen Althistoriker im Anschluss an Ramsay MacMullen meist vom epigraphic habit („epigraphische Gewohnheit“) einer bestimmten Zeit. Die ältesten altgriechischen Inschriften stammen aus dem späten 8. Jahrhundert v. Chr., ab dem Hellenismus werden sie deutlich häufiger. Die lateinische Epigraphik befasst sich mit allen überlieferten lateinischen Schriftzeugnissen aus römischer Zeit. Insgesamt lässt sich in der Antike beobachten, dass Zahl und Qualität der überlieferten epigraphischen Zeugnisse seit Kaiser Augustus stark zunehmen, im 2. Jahrhundert einen Höhepunkt erreichen und etwa nach dem Jahr 260 rapide abnehmen (nach Ansicht mancher Forscher ist dies aber damit zu erklären, dass nun verstärkt auf vergängliche Materialien geschrieben worden sei). Dennoch wurden auch in der Spätantike noch griechische und lateinische Inschriften gesetzt – im Westen des Mittelmeerraumes bis ins 6. Jahrhundert, in Ostrom sogar noch einige Jahrzehnte länger. Als „Endpunkt“ der lateinischen Epigraphik gilt herkömmlicherweise meist das Ende des Westgotenreiches 711, doch wenngleich die Tradition der weltlichen Epigraphik danach für einige Zeit fast ganz erlosch, wurden auch im Mittelalter vor allem im religiösen Kontext weiterhin Texte graviert – nicht zuletzt natürlich Grabinschriften. Vieles ging allerdings bereits im Altertum verloren. Ein Großteil der antiken Inschriften wurde in Marmor graviert, der später oft zu Kalk gebrannt wurde (dies geschieht in abgelegenen Regionen zum Teil noch heute); andere Inschriften, wie die Bleirohrinschriften und viele Dekrete und Gesetze, wurden (vor allem westlich der Adria) auf Metall angebracht, das oft eingeschmolzen wurde, oder auf vergänglichem Material wie Holz. Dadurch ist der allergrößte Teil der ursprünglich vorhandenen Inschriften im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen. Erhalten ist nur noch ein winziger, noch dazu völlig zufälliger Ausschnitt; trotz alledem beläuft sich die Zahl der heute bekannten und publizierten antiken Inschriften immerhin noch auf mindestens 600.000, davon etwa 150.000 auf Griechisch und 250.000 auf Latein, der Rest in anderen Sprachen (Trout 2009). Jährlich kommen Neufunde hinzu; laut dem renommierten deutschen Epigraphiker Klaus Hallof dürfte die Gesamtzahl der erhaltenen antiken Inschriften bei mehr als 1.000.000 liegen. Aufteilung der InschriftenIm Laufe der Zeit entwickelten sich die einzelnen Zweige der Wissenschaft, die der Aufteilung der Inschriften nach verschiedenen Charakteristika entsprechen: Aufteilung nach Sprachen
Aufteilung nach Inschriftenträger
Aufteilung nach Inhalt und FunktionMan unterscheidet verschiedene Inschriftengattungen, die unterschiedliche Funktionen erfüllen:
Die Übergänge zwischen den Inschriftengattungen sind fließend. So kann etwa eine Bauinschrift auch gleichzeitig eine Ehreninschrift darstellen, wenn das beschriftete Gebäude eine Ehrung für eine Person darstellt. Geographische Aufteilung. Fundort und KontextIn den meisten Corpora werden die Inschriften nach deren Fundort organisiert. Die Analyse einer Gruppe von Inschriften erfolgt meistens auch nach deren geographischen Verteilung. Der Aufstellungsort ist ein anderer sehr wichtiger Aspekt bei der Inschriftenforschung. Die Position oder der Ort der Inschriften hängt stark von ihrem Zweck oder Absicht ab. Wenn sie einen direkten Bezug zu den Skulpturen, Reliefs oder Malereien, mit denen sie verbunden sind, haben, bilden sie oft eine Art Muster, die Hintergrund- oder Leerräume zwischen den Figuren füllen; aber manchmal, vor allem in Mesopotamien werden Inschriften an Statuen oder Reliefs quer durch die Figuren ohne jede Rücksicht auf die künstlerische Wirkung angebracht. In spätgriechischer oder römischer Zeit ist es üblich, die Inschrift im Zusammenhang mit der Statue oder dem Relief zu bringen, auf der/dem sie angebracht ist. Kurze Inschriften wie Widmungen oder Künstlersignaturen werden oft in irgendeiner unauffälligen Stelle des Kunstwerks angebracht. Bei den bemalten Vasen sind die Inschriften in Bezug auf das Thema in der Regel bemalt worden, Widmungen und andere Inschriften sind oft eingeschnitten, nachdem die Vase gebrannt wurde. MethodeEinen erheblichen Teil der Epigraphik bildet die Untersuchung und Publikation neu aufgefundener oder unpublizierter Inschriften. Dies geschieht durch genaue Analyse und Prüfung der möglichen Lesungen am Inschriftenträger, aber im Falle von Steininschriften auch durch die Erstellung von Abklatschen. Bei dieser Methode wird angefeuchtetes Papier (in einigen Fällen auch Flüssiglatex) auf den Stein aufgetragen, sodass es die Form der Einmeißelung annimmt. Auf einem Abklatsch sind viele Inschriften häufig besser zu erkennen, da das Papier eine einheitliche Farbe hat und darüber hinaus gegen das Licht gehalten werden kann. Seit dem 20. Jahrhundert ist die Fotografie ein weiterer wichtiger Bestandteil der Untersuchung von Inschriften. Besonders wenn die Inschrift schräg von der Seite beleuchtet wird, treten auch kleine Einmeißelungen als Schatten deutlicher hervor und sind damit besser erkennbar. Für die Publikation von Inschriften – häufig in der Form von Korpora oder Aufsätzen in Fachzeitschriften – hat sich seit den 1930er Jahren das Leidener Klammersystem eingebürgert, mit dem eindeutig gekennzeichnet werden kann, welche Buchstaben und Zeichen auf dem Inschriftenträger noch erkennbar sind und welche nur im Nachhinein noch erschlossen werden können. Für die umfassende Analyse von epigraphischen Quellen ist stets außer dem vorliegenden Text auch der Entstehungs- und Anbringungskontext zu berücksichtigen. Viele Schlussfolgerungen können aus dem Material (Qualität, Herkunft, Kostbarkeit, Wirkung), der Form und Dekoration der Inschrift, den verwendeten Techniken sowie den genutzten Schriftarten und Symbolen gezogen werden. In diesem Zusammenhang ist besonders die Paläographie von besonderer Bedeutung, die aufgrund der Buchstabenformen häufig eine Datierung, aber auch Informationen etwa zum Hersteller oder dem ursprünglich vorgesehenen Leserkreis der Inschrift ermöglicht. Ein weiterer Aspekt der Epigraphik ist die Ermittlung und Analyse des Fundkontextes und des möglichen ursprünglichen Anbringungskontextes des Inschriftenträgers, die sich häufig auf die Auswertung archäologischer Befunde stützt. Zu den Fragen, die die Epigraphik hinsichtlich der untersuchten Inschriften zu beantworten versucht, gehören:
Inschriften-CorporaIranische Epigraphik
Elamische Epigraphik
Etruskische Epigraphik
Griechische Epigraphik
Lateinische Epigraphik
Semitische Epigraphik
LiteraturGesamtüberblicke
Epigraphik der Antike allgemein
Griechische Epigraphik der Antike
Lateinische Epigraphik der Antike
Epigraphik des Mittelalters und der Neuzeit
Epigraphik in Arabien
Zeitschriften
Schriftenreihen
WeblinksCommons: Inscriptions – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Epigraphik – Quellen und Volltexte
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