Ein Facharzt (auch (in der Schweiz) Spezialarzt[1] oder Gebietsarzt[2]) ist ein Arzt mit einer anerkannten Weiterbildung auf einem medizinischen Fachgebiet.
Facharzt darf sich in Deutschland nur derjenige Arzt nennen, der eine mehrjährige und gemäß EU-Vorgaben in Vollzeit mindestens fünfjährige (in wenigen nicht-klinischen Fachrichtungen wie Biochemie oder Physiologie vierjährige) Weiterbildung absolviert und mit einer Facharztprüfung vor einer Landesärztekammer erfolgreich abgeschlossen hat. Zu Dauer, Weiterbildungsinhalt und Anrechnung von Vorzeiten erlassen die Landesärztekammern in ihrem Zuständigkeitsbereich eine Weiterbildungsordnung, welche sich an der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer orientiert.[3]
In der Schweiz existieren 45 Facharzttitel, die die großen Fachgebiete der klinischen und nicht klinischen Medizin abdecken. Es existieren zudem 37 Spezialisierungs-Schwerpunkte.[4] Per 1. Januar 2022 wird für einen Facharzttitel und für einen Teil der Schwerpunkttitel, das Bestehen der Facharztprüfung bzw. der Schwerpunktprüfung obligatorisch.[5]
Die österreichische Ärztekammer zählt per 2015 insgesamt 31 Ausbildungsordnungen klinischer und nicht-klinischer Fächer.[6] Nach einem abgeschlossenen Medizinstudium erfolgt die mehrjährige (sechsjährige) Facharztausbildung, die in eine Basisausbildung sowie weitere Ausbildungsabschnitte gegliedert ist.[7][6]
Bei der Behandlung eines Patienten gilt in Deutschland Facharztstandard, d. h. eine ärztliche Behandlung muss nach dem anerkannten und gesicherten Standard der wissenschaftlichen Medizin so erbracht werden, wie dies auch durch einen sorgfältig arbeitenden Facharzt geschehen wäre.[8] In Krankenhäusern, in denen Assistenzärzte ohne Facharzttitel Nacht- und Wochenenddienst leisten, wird dies in Deutschland durch die Rufbereitschaft eines Facharztes gewährleistet. Falls sich der behandelnde Arzt fachlich nicht dazu in der Lage sieht, eine bestimmte Behandlung zu übernehmen, so hat er dies dem aufsichtführenden (Hintergrund)-Facharzt mitzuteilen.[9]
Die Grundzüge einer einheitlichen Facharztordnung für Deutschland wurden bereits 1924 durch den Deutschen Ärztetag in Bremen festgelegt. Im Jahr 1937 erfolgte in Deutschland der Erlass einer ärztlichen Berufsordnung mit Facharztordnung.[10] Im Sinne des Hausarztmodells war der Facharzt sozusagen der weiterbehandelnde Spezialist. Der Erwerb des Titels Facharzt war jedoch nicht verbindlich für alle Ärzte und ist erst seit 1993 Voraussetzung für die Zulassung als Vertragsarzt der gesetzlichen Krankenversicherungen.[11] Bis dahin war es möglich, sich auch ohne Facharztausbildung als Praktischer Arzt niederzulassen.
Im Bereich einiger Landesärztekammern gab es Bestrebungen, die allgemeine Innere Medizin als eigenständiges Gebiet abzuschaffen und stattdessen zur hausärztlichen Tätigkeit die Gebietsbezeichnungen Innere und Allgemeinmedizin und parallel Facharzttitel für die einzelnen Schwerpunktbezeichnungen einzuführen (z. B. Innere Medizin und Kardiologie für die Kardiologie oder Innere Medizin und Gastroenterologie für die Gastroenterologie). Wegen mangelnder Akzeptanz und der angespannten Situation in der hausärztlichen Versorgung des ländlichen Bereiches wurde dies jedoch teilweise wieder rückgängig gemacht und der „alte“ Facharzt für Innere Medizin, teilweise mit modifizierter Weiterbildung, wieder eingeführt.[12]
Anerkennung ausländischer Facharztausbildungen in Deutschland
In Deutschland besteht ärztlicher Fachkräftemangel, weswegen es seit einigen Jahren zu einer gesteuerten Zuwanderung gekommen ist. Um in Deutschland mit einer ausländischen Qualifikation als Arzt tätig sein zu können, bedarf es einer staatlichen Zulassung nach § 10 Abs. 1 BÄO (Berufserlaubnis), ein abgeschlossenes Studium reicht hierzu nicht aus. Personen mit im Ausland erworbenen Facharztausbildungen die in der EU, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz absolviert, geprüft und bestanden wurden, können sich diese per Antrag anerkennen lassen.[13] Andere Bewerber müssen regulär eine Kenntnisprüfung ablegen und dabei auch (Fach-)Sprachkenntnisse auf dem Niveau C1 beweisen. Das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen gibt hierzu mit einfach auszufüllenden Formularen online Hilfestellungen.[14]
Die Richtlinie regelt die Anerkennung bestimmter reglementierter Berufe innerhalb der Länder der Europäischen Union und legt bestimmte Grundvoraussetzungen für die Ausbildung dieser Berufe fest. Im Falle des Berufes des Facharztes wird dies über die Artikel 25–27 und die Anlage V der Richtlinie festgelegt.[17]
Geschlechteranteile in ausgewählten Facharztbezeichnungen
Für die größten Facharztbezeichnungen ergab sich im Jahr 2021 folgende Geschlechteranteile:[28]
Facharztbezeichnung
Berufstätige Ärzte
Anteil an berufstätigen Männern
Anteil an berufstätigen Frauen
Frauenanteil
Innere Medizin
59.576
35.542
24.034
40,3 %
Allgemeinmedizin
44.451
21.628
22.823
51,3 %
Chirurgie1
40.194
31.032
9.162
22,8 %
Anästhesiologie
26.677
14.842
11.835
44,4 %
Frauenheilkunde und Geburtshilfe
19.295
5.608
13.687
70,9 %
Kinder- und Jugendmedizin
16.078
6.077
10.001
62,2 %
Psychiatrie und Psychotherapie
12.428
5.801
6.627
53,3 %
Radiologie
9.535
6.000
3.535
37,1 %
Neurologie
8.831
4.517
4.314
48,9 %
Augenheilkunde
7.974
4.043
3.931
49,3 %
Gesamtzahl der ärztlich tätigen Ärzte
416.120
214.169
201.951
48,5 %
1: Inklusive Facharzt für Orthopädie/Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Aufgrund des gestiegenen Frauenanteils im Studium der Medizin ist davon auszugehen, dass auch in die Frauenanteile in den fachärztlichen Berufen in den nächsten Jahren weiter ansteigen werden.[29][30]
Statistische Trends
Die Zahl der berufstätigen Fachärzte hängt stark mit dem Nachschub aus Ausland und Medizinstudium zusammen. Dabei ist festzustellen, dass die Zahl der in Deutschland beschäftigten Ärzte mit einer Ausbildung aus dem Ausland absolut betrachtet von 1999 bis 2021 stark angestiegen ist (1999: 11.413; 2021: 57.200). Gleichzeitig steigt der Anteil der unter 35-jährigen Ärzte seit 2005 in Deutschland wieder an, nachdem dieser von 2000 bis 2005 deutlich gefallen war (2000: 18,8 %; 2005: 15,4 %; 2021: 18,8 %).[31] Erklärbar ist dies mit der aufgrund der Ärzteschwemme ab 1992 gesenkten Zahl an Studienplätzen im Medizinstudium, die zu einer geringeren Zahl an Absolventen in diesem Zeitraum geführt hat.[32][33]
Weiterhin kann festgestellt werden, dass die Zahl der ambulant tätigen Ärzte im Allgemeinen zugenommen hat. Dabei ist insbesondere die Zahl der nicht-selbständigen, angestellten Fachärzten stark angestiegen.[34][35]
↑(Muster-)Weiterbildungsordnung. In: bundesaerztekammer.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. Februar 2021; abgerufen am 8. Januar 2021 (deutsch).
↑Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 68.
↑Anerkennung in Deutschland. In: Anerkennung in Deutschland – Das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Abgerufen am 7. Februar 2022.
↑Anerkennung in Deutschland. In: Das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Bundesministerium für Bildung und Forschung, abgerufen am 7. Februar 2022.