Fuji Speedway
Der Fuji Speedway (japanisch 富士スピードウェイ, Fuji Supīdowei), abgekürzt FSW, ist eine Motorsport-Rennstrecke in Japan, die 1966 eröffnet wurde und sich im Besitz der Toyota Motor Corporation befindet. Entgegen des Namens ist der Fuji Speedway kein Ovalkurs (engl. speedway); diese anfängliche Planung wurde bereits während des Baus aus finanziellen Gründen verworfen. Im Laufe der Jahre wurde die anfänglich als sehr gefährlich eingestufte Strecke häufig umgebaut, wodurch der Kurs in der Gegenwart nur noch bedingt Ähnlichkeiten mit der ursprünglichen Streckenführung hat. Stets verblieben ist jedoch die fast 1,5 km lange Start-Ziel-Gerade, die zu den Längsten im internationalen Motorsport gehört. Neben vielen lokalen, japanischen Rennserien wie der Super Formula und Super GT ist auch die internationale FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft mit einem Lauf zu Gast. Zudem wurde insgesamt viermal der Große Preis von Japan der Formel 1 auf dem Fuji Speedway ausgetragen. Dementsprechend erfüllt der Kurs die für die FIA Grade 1 benötigten Anforderungen, die zur Austragung dieser Wettbewerbe notwendig ist. GeschichteBau und Eröffnung (bis 1965)Erste Überlegungen für eine neue Rennstrecke in Japan wurden Anfang der 1960er-Jahre angestellt. Die Produktion von PKW in Japan auch für den internationalen Markt stieg in dieser Zeit stark an, doch war mangels einer brauchbaren, öffentlichen Rennstrecke kein angemessener Raum für Test- und Entwicklungsfahrten vorhanden. Einzig der 1962 fertiggestellte Suzuka International Racing Course bot entsprechende Bedingungen. Dieser Kurs wurde aber aufgrund seiner kurvenreichen, engen Streckenführung als ungeeignet für Geschwindigkeitstests mit Automobilen angesehen, zudem stellte der Eigentümer Honda die Strecke keinen Konkurrenzunternehmen zur Verfügung. Zum Vorbild nahm sich die Interessensgruppe US-amerikanische Rennstrecken wie den Daytona International Speedway und Talladega Superspeedway, deren Aufbau als breite Ovalkurse mit Steilkurven das Beibehalten hoher Geschwindigkeiten erlaubte. Zum Sichern von Investoren sollte ein an die US-amerikanische NASCAR angelehnter lokaler Motorsportveranstalter aufgebaut werden, der seine Rennen auf dem neuen Kurs veranstalten sollte. Nach erfolgreichen Verhandlungen mit dem US-Motorsportverband wurde 1963 die Japan NASCAR Company gegründet, die zugleich mit dem Bau der neuen Rennstrecke begann.[1] Als Bauland wurde ein leicht bewaldetes Gebiet am Fuße des Berges Fuji ausgewählt. Der Kurs sollte aus vier um 30 Grad geneigten Steilkurven und sehr langen Geraden bestehen. Bis Mitte 1965 konnte jedoch nur eine der vier Kurven fertiggestellt werden, da finanzielle Probleme und das schwierige, abfällige Terrain die Konstruktion erschwerten. Kurz vor dem Scheitern des Projektes übernahm Mitsubishi Estate, einer der Hauptinvestoren, den Veranstalter. Die Verträge mit der NASCAR wurden aufgelöst und die Pläne für ein komplettes, japanischen Pendant der ausgetragenen Rennserien zugunsten der alleinigen Fertigstellung eines renntauglichen Kurses aufgegeben.[1] Das in Fuji Speedway Corporation umbenannte Unternehmen stellte die Strecke daraufhin bis Dezember 1965 als Rennkurs nach europäischem Vorbild fertig. Die bereits aufgebaute erste Steilkurve wurde in die Streckenführung einbezogen. Offizieller Eröffnungstag war der 3. Januar 1966. Erste Jahre und Formel 1 (1966–1977)Mit den 24 Stunden von Fuji fand auf dem Kurs ab 1967 das weltweit dritte 24-Stunden-Rennen statt, außerdem wuchs die Zahl an lokalen, japanischen Rennserien, die ihre Rennen auf dem Kurs austrugen, stetig. In den Jahren nach der Eröffnung erarbeitete sich der Kurs national wie international den Ruf, eine der schnellsten, aber auch gefährlichsten Rennstrecken der Welt zu sein. Dafür verantwortlich war insbesondere die Steilkurve, die nicht wie bei ihren US-amerikanischen Vorbildern nach oben hin aufsteigend, sondern geländebedingt nach unten hin abfallend gebaut wurde. Dadurch waren die Fahrer gezwungen, sich von der langen Gerade kommend mit bis zu 350 km/h über einen Kamm blind in die Kurve hineinfallen zu lassen, wodurch keine Chance bestand, auf Unfälle oder andere gefährliche Situationen darin zu reagieren. Dies kostete über die Jahre mehreren Menschen das Leben. Nachdem zwischen 1973 und 1974 in kurzer Abfolge drei Fahrer in der Steilkurve tödlich verunglückt waren, beschloss die Betreibergesellschaft den Umbau des Kurses.[2] Das komplette erste Drittel der Strecke inklusive Steilkurve wurde aufgegeben und kurz vor der Einfahrt eine ebene erste Kurve errichtet, die durch eine kurze Gerade an den Mittelteil der Strecke anschloss. Für die Formel-1-Weltmeisterschaft 1976 wurde erstmals der Große Preis von Japan in den Kalender aufgenommen. Als Austragungsort wurde der Fuji Speedway gewählt. Der entsprechende Große Preis von Japan 1976 wurde durch den Titelkampf zwischen Niki Lauda und James Hunt bestimmt, bei dem Ersterer sich entschloss, aufgrund der extremen Wetterbedingungen das Rennen und damit seinen zweiten Weltmeistertitel aufzugeben. Bedingt durch die Lage des Kurses am Fuße des Fuji sind die Wetterbedingungen oft unvorhersehbar und starke Regenfälle sowie Nebelfelder treten regelmäßig auf.[1] Beim Großen Preis von Japan 1977 im folgenden Jahr kam es trotz Umbaumaßnahmen erneut zu einem tödlichen Unfall in der ersten Kurve. Als Reaktion auf dieses Unglück wurde der Große Preis von Japan zunächst nicht mehr ausgetragen. Krise und nationale Rennserien (1978–1999)Obwohl die Formel 1 zunächst nicht mehr nach Fuji zurückkehrte und somit international schnell wieder in Vergessenheit geriet, blieb die Popularität des Kurses in Japan ungebrochen. In der umliegenden Bevölkerung wuchs jedoch stetig Kritik am Fuji Speedway, da der Kurs auch immer mehr Angehörige der Bōsōzoku-Szene, die mit den westlichen Tuningklubs vergleichbar ist, anzog, die sich auf dem Weg von und zur Strecke durch riskante Fahrweisen sowie Lärmbelästigung bemerkbar machten.[1][3] Zudem kam trotz Streckenumbau 1983 ein weiterer Rennfahrer bei einem regulären Rennen ums Leben. Eine von Gegnern der Strecke eingereichte Petition zur Schließung wurde durch eine Klage der Unterstützer des Fuji Speedway angefochten, zu denen unter anderem auch Kunimitsu Takahashi gehörte.[1] Der Rechtsstreit zog sich bis ins Jahr 1986 hin und wurde letztendlich zugunsten eines Weiterbetriebs des Fuji Speedway entschieden. Zwei Schikanen wurden in den bisher fließenden Verlauf der zweiten Streckenhälfte integriert, um die Geschwindigkeit zu senken und dadurch die Sicherheit zu erhöhen. Bis Ende der 1980er-Jahre blieb der Fuji Speedway die japanische Heimat des Motorsports, doch bedeutete das Ende der Fuji-Grand-Champion-Meisterschaft 1989 im Zusammenspiel mit der steigenden Popularität der zwischenzeitlich errichteten bzw. für die öffentlich geöffneten Konkurrenzstrecken in Suzuka, Sugo und Hita (Autopolis) das langsame Ende als „Herz des Motorsports“ in Japan. Der aufgrund ausbleibender Investitionen des Eigentümers inzwischen substanziell verbrauchte und organisatorisch wie technisch völlig veraltete Fuji Speedway verfiel zur Jahrtausendwende zusehends.[1] Modernisierung und wieder international (seit 2000)Im Jahr 2000 übernahm die Toyota Motor Corporation die Anlage des Fuji Speedway mit dem Ziel, ein vergleichbares Produkt zur Rennstrecke von Suzuka anzubieten, die Honda gehörte. Dazu wurde der Kurs ab 2003 geschlossen, um umfangreiche Umbaumaßnahmen durchzuführen. Die Infrastruktur rund um und auf dem Gebiet der Strecke wurde erneuert, die Kurven etwas ausgeweitet, die Auslaufzonen asphaltiert und die Strecke mit moderneren und sichereren Curbs versehen. Die wichtigste Änderung war jedoch der Bau eines wesentlich langsameren und engeren Streckenabschnitts vor der Start-Ziel-Geraden unter Regie von Hermann Tilke.[2] Hierdurch sollten neben zusätzlicher Sicherheit auch neue Überholmöglichkeiten geschaffen und die Geschwindigkeit auf der Geraden aus Sicherheitsgründen verringert werden. Früher konnte durch die schnelle, weit gestreckte letzte Kurve, eine Parabolika, viel Geschwindigkeit auf die Gerade mitgenommen werden. Heute ist die letzte Kurve eine sehr enge und langsame Spitzkehre. Nach zweijähriger Bauzeit wurde der neue Fuji Speedway schließlich am 10. April 2005 offiziell wieder eröffnet. Es gelang, die Austragung des Großen Preises von Japan zunächst unbefristet genau vierzig Jahre nach dem letzten Formel-1-Rennen in Fuji zurückzugewinnen. Der erste Lauf 2007 war bereits eine große Bewährungsprobe für die neuen Veranstalter: Wie schon beim Formel-1-Lauf 1976 herrschten gefährliche Wetterbedingungen mit schweren Regenfällen und Nebelfeldern vor, in deren Folge an einen regulären Rennbetrieb nicht mehr zu denken war. Die Organisationsstrukturen brachen teilweise zusammen, das von den Veranstaltern erdachte Prinzip, die Zuschauermengen mit Shuttlebussen aus den umliegenden Städten zentral zur Strecke zu bringen, stellte sich als kaum umsetzbar heraus. Das führte dazu, dass manche Zuschauer auf dem Heimweg stundenlang an der Strecke ausharren mussten, während andere außerhalb warteten und nicht zeitig genug zu ihren bereits bezahlten Plätzen gelangen konnten.[4] Außerdem war es aufgrund des starken Nebels teilweise kaum möglich, die Fahrzeuge auf der Strecke von den etwas abseits stehenden Zuschauerrängen aus zu sehen.[5] Diese Vorkommnisse sorgten in der Zeit nach dem Rennen für teilweise jahrelange juristische Auseinandersetzungen zwischen Zuschauern und Rennveranstalter. Im Folgejahr 2008 verlief der Grand Prix trotz zwischenzeitlichem Regenwetter dagegen ohne besondere Vorkommnisse. Obwohl ursprünglich als abwechselnde Veranstaltung mit Suzuka geplant, kündigte Toyota 2009 an, keine weiteren Formel-1-Rennen auf dem Fuji Speedway auszutragen.[6] Seit dem Umbau ist der Kurs fester Bestandteil im Rennkalender diverser japanischer Rennserien wie der Super Formula (ex Formel Nippon), Super GT, der japanischen Formel-3-Meisterschaft, der TCR Japan Touring Car Series, der Super Taikyu Series, dem Porsche Carrera Cup oder der japanischen Formel-4-Meisterschaft. Zudem konnte als internationale Top-Veranstaltung ein Lauf der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft gewonnen werden. Weiter wurde der Kurs im Zuge der Olympischen Sommerspiele 2020 für Radrennen genutzt. Streckenführungen
Unfälle und SicherheitsbedenkenDer Fuji Speedway kam seit seiner Eröffnung 1966 immer wieder aufgrund von schweren Unfällen in die Schlagzeilen und galt daher und wegen der hohen Geschwindigkeiten und den niedrigen Sicherheitsstandards sowie schlecht ausgebildeten Streckenposten als eine der gefährlichsten Rennstrecken der Welt. 1977 starben zwei Zuschauer, als Gilles Villeneuve in seinem dritten Grand-Prix-Rennen beim Anbremsen der Rechtskurve nach Start und Ziel seinen Ferrari nicht ausreichend verlangsamte und auf den vor ihm fahrenden Ronnie Peterson auffuhr. Villeneuve flog über den Tyrrell des Schweden und die Streckenbegrenzung hinweg in eine in der Sicherheitszone stehende Menschengruppe. Ein Streckenposten und ein Fotograf starben, neun weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.[7] 1983 verunglückte Toru Takahashi bei einem Sportwagenrennen der Rennserie Fuji Grand Champion tödlich, als sein Wagen nach einem Dreher in der Zielkurve abhob, gegen die auf einer Naturtribüne befindliche Barriere prallte und eine Zuschauerin tötete.[8] 1997 starb Takashi Yokoyama bei einem Unfall während eines Rennens der japanischen Formel-3-Meisterschaft, als sein Fahrzeug auf der Start-Ziel-Geraden mit hoher Geschwindigkeit auf ein anderes Auto auffuhr und in eine Ampelbrücke über der Strecke katapultiert wurde. Das Fahrzeug zerbrach in mehrere Teile; Yokoyama hatte keine Überlebenschance.[9] Dem vorausgegangen war ein weiterer schwerer Unfall, bei dem ein Konkurrent auf den Wagen von Tom Coronel auffuhr, abhob und den Kopf des Niederländers sekundenlang mit dem Hinterrad gegen die Cockpitwand drückte. Beide Fahrer blieben bei diesem Unfall unverletzt.[10] 1998 fuhr Tomohiko Sunako bei einem Lauf der japanischen GT-Meisterschaft in strömendem Regen hinter dem Safety Car auf seinen Vordermann auf und kam am Streckenrand zum Stehen. Sekunden später verlor Tetsuya Ota die Kontrolle über seinen Ferrari, als er die Unfallstelle passierte, und traf den stehenden Porsche. Durch den Aufprall riss der Treibstofftank auf und das explodierende Benzin verletzte Sunako, einen Streckenposten sowie mehrere Zuschauer. Ota saß rund 50 Sekunden lang in seinem brennenden Fahrzeug, bevor er von anderen Rennfahrern befreit werden konnte. Rettungsmannschaften waren bis dahin nicht am Unfallort. Durch das Schmelzen seines Helmvisiers zog sich Ota schwerste Verbrennungen zu.[11] 2020 verunglückte ein französischer Rennfahrer bei einem privaten Rennen tödlich, nachdem er im Bereich der ersten Kurve von der Strecke abkam.[12] Fuji Speedway in VideospielenDer Fuji Speedway war die erste real existierende Strecke in einer Computer-Rennsimulation. Sie erschien 1982 im Arcade-Spiel Pole Position von Namco. 1984 erschien Segas Arcade-Spiel GP World,[13] bei dem die Rennstrecke mittels eines auf Laserdisc aufgenommenen Videos dargestellt wurde. Die alte Streckenvariante steht zudem in DTM Race Driver von 2003 zur Verfügung. In Gran Turismo 4 und Gran Turismo 5 sind sowohl die neue als auch verschiedene alte Streckenvarianten befahrbar. Zudem stehen für diverse aktuelle Rennsimulationen sowohl historische Versionen wie 1968 (mit Steilkurve), 1982, 1990, 1993 oder die Motorradvariante 1993 als auch die seit 2005 bestehende Variante der Gegenwart als inoffizielle Mods zur Verfügung.[14][15] Seit September 2018 kann die Strecke auch auf Gran Turismo Sport befahren werden, sowohl die neue und eine kürzere (Kurve 10–12 werden durch eine Gerade ersetzt) Version der Rennstrecke. Bildergalerie
StatistikRundenrekorde
Alle Sieger von Formel-1-Rennen in Fuji
WeblinksCommons: Fuji Speedway – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
|