Schuierer erlernte das Maurer- und Wegemacher-Handwerk. 1956 trat er in die Kommunalpolitik ein, wurde zunächst Gemeinderat, kurz darauf erster Bürgermeister in Klardorf (heute Ortsteil von Schwandorf)[1] und danach Landrat des Landkreises Burglengenfeld. Schuierer war ab der Gebietsreform 1972 Landrat des Landkreises Schwandorf in der Oberpfalz. Bundesweite Bekanntheit erlangte er Mitte der 1980er Jahre, als er eine Genehmigung der Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf ablehnte.[2] Vier Jahre widersetzte er sich der Weisung der bayerischen Staatsregierung und wich trotz eines gegen ihn angestrengten Disziplinarverfahrens nicht von seiner Linie ab.
Schuierer verbringt seinen Lebensabend in seiner Heimatgemeinde, die heute ein Ortsteil von Schwandorf ist. Bis 2008 saß er im Oberpfälzer Bezirkstag. Im Jahr 2011 wurde er Ehrenbürger von Schwandorf.[3]
WAA-Widerstand und „Lex Schuierer“
Obwohl Schuierer zunächst die Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) befürwortete,[4] meinte er 1985, dass diese ökonomisch Unsinn sei und auch nie in Betrieb gehen würde.[5] Er und sein Stellvertreter Dietmar Zierer widersetzten sich, die wasser- und baurechtliche Genehmigung zum Bau der WAA Wackersdorf zu unterschreiben, bis dies von der bayerischen Staatsregierung mit der „Lex Schuierer“ umgangen wurde.[6] Die „Lex Schuierer“ führte mit Art. 3a in das Bayrische Verwaltungsverfahrensgesetz den Selbsteintritt der Aufsichtsbehörden ein, was bedeutete, dass die Bezirksregierung für den Fall, dass ein ihr nachgeordnetes Landratsamt als Staatsbehörde auch nach entsprechender Weisung nicht tätig wird, an dessen Stelle selbst eine Entscheidung treffen kann. Nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 1985 erteilte daraufhin die Regierung der Oberpfalz im Oktober 1985 die wasser- und baurechtliche Genehmigungen anstelle des Landratsamts Schwandorf.[7] Während Schuierer im Krankenhaus lag („Blinddarmentzündung“), urteilte sein Vertreter Zierer über diese Methode, Widerspruch von Bürgern niederzuwalzen, mit: „Recht viel anders hätte sich auch eine Diktatur nicht verhalten.“[8]
Der SPD-Landrat wurde mit mehreren Disziplinarverfahren überzogen.[9] Schuierer vertrat die Ansicht, der Unterschied zwischen Chile, Südafrika sowie weiteren Militärdiktaturen und dem Freistaat Bayern werde „immer kleiner“.[10] Schuierer legte sich mit dem WAA-Förderer Franz Josef Strauß an und sprach von „Ein-Mann-Demokratur Strauß’scher Prägung“, „CSU-Demokratur“, „Terror in Vollendung“. Umgekehrt nannten Strauß und sein Innenminister August Lang Schuierer einen „Steigbügelhalter des Kommunismus“, „Volksverhetzer“, „Rädelsführer“ und beschuldigten ihn der „Sabotage“. Bei der zivil-militärischen WINTEX-Übung wurde „zufällig“ im Kellergeschoss des Landratsamtes ein Anschlag einer schwerbewaffneten Friedensinitiative auf den Landrat durchgespielt.[11] Schuierer stellte sich mit den Bürgerinitiativen an den Infostand und unterstützte die Hüttendörfer.[12] Rückblickend war die WAA für Schuierer „ein einziges Lügenpaket von Anfang bis zum Ende“.[13][14][15] Er war aber sehr erstaunt, dass so prominente Leute wie
Hans-Jochen Vogel, Johannes Rau, Joschka Fischer, Petra Kelly, Karl-Heinz Böhm oder Dietmar Schönherr als Gäste zu ihm kamen und gegen die WAA protestierten.[16]
Mit seinem Mitstreiter Wolfgang Nowak besuchte Schuierer Schulen und Veranstaltungen, damit die Erinnerungen an den Kampf für die Oberpfälzer Heimat nicht in Vergessenheit geraten.[17]
Rede von Hans Schuierer 2014 zu 25 Jahre Baustopp WAA Wackersdorf[21]
Wackersdorf – Der Spielfilm aus dem Jahr 2018 zeigt, wie der Schwandorfer Landrat Hans Schuierer gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf kämpft.
Erlebte Geschichte: Hans Schuierer, der ehemalige Landrat von Wackersdorf, erinnert sich.[22]
Hans Schuierer spricht über die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf (2018)[23]
Oskar Duschinger: Unbestechlich – Hans Schuierer. Ein Leben für die Bürger und gegen die WAA. Burglengenfeld 1986, ISBN 3-925603-03-4.[25]
Oskar Duschinger: Hans Schuierer – Symbolfigur des friedlichen Widerstandes gegen die WAA. Buch- & Kunstverlag Oberpfalz 2018, ISBN 978-3-95587-063-8.[26][27]
"Wenn ich Unrecht merke, bin ich zum Widerstand verpflichtet!". Interview mit Hans Schuierer 1986[28]
Zeitzeugeninterviews mit Hans Schuierer vom 15. März 2014 über sein Engagement gegen die WAA Wackersdorf, den Konflikt mit der Staatsregierung, den Widerstand der Bevölkerung und das Ende der WAA. Interview 1, Interview 2, Interview 3 – (Haus der Bayerischen Geschichte)