Kowalski ist Mitglied des Präsidiums der Internationalen Novalisgesellschaft. Er war Ende der 1980er Jahre, zusammen mit einer örtlichen Bürgergruppe, an der Rettung des vom Abriss bedrohten Novalis-Geburtshauses Schloss Oberwiederstedt beteiligt.[1] Es wurde eine erste Ausstellung zu Novalis eingerichtet.[2] Am 2. Mai 1992 konnte im revitalisierten Schloss eine Novalis-Gedenk- und Forschungsstätte eröffnet werden.[3] Im Januar 1990 war Kowalski Mitgründer des Kuratoriums Kultur in Halle unter Leitung von Winfried Völlger.[4]
1991 gründete Kowalski in Halle (Saale) ein Architekturbüro. Er lebt dort heute als freier Autor und Architekt. Dabei wirkte er unter anderem an der Sanierung der Ruinenbrücke im Dessauer Georgium mit.[5]
Herausgeber
Mitte der 1980er Jahre lernte Kowalski den Maler, Zeichner, Bildhauer und Grafiker Ulrich Tarlatt und den chilenischen Grafiker und Mail Art-Künstler Guillermo Deisler kennen, der weltweit mit der visuellen Poesie-Szene verknüpft war. Seitdem arbeitete Kowalski in vielfältigen gemeinsamen Projekten mit beiden Künstlern zusammen. Seit 1987 betätigt sich Kowalski als Herausgeber. Gemeinsam mit dem Tarlatt gründete Kowalski 1987 den Verlag „Edition Augenweide“.[6] Das erste Buch, Mein Zahn riesengroß – erotische Träume von Männern, entstand als Reaktion auf die Literaturpolitik der DDR.[7]
Zwischen 1989 und 1998 gaben Kowalski und Tarlatt gemeinsam die Reihe Common Sense heraus. Um in der DDR publizieren zu können, war normalerweise eine Druckgenehmigungsnummer nötig. Dies konnten Kowalski und Tarlatt für den Almanach umgehen: Wurde einer Grafik ein Text beigefügt, galt der als Teil der Grafik. Texte der Edition waren immer grafisch illustriert, deshalb brauchten sie keine Veröffentlichungsgenehmigung einzuholen.[8]
Die gemeinsam mit Guillermo Deisler herausgegebene Anthologie wortBild – visuelle Poesie in der DDR, die 1990 als eines der letzten Bücher der DDR erschien, ist durch die Wende unvorhergesehen zur umfassenden Dokumentation einer in sich abgeschlossenen, alternativen Kunstentwicklung geworden.
Kowalski begann 1981 mit der Produktion von Hörspielen. Im Februar 1990 veröffentlichte er einen offenen Brief an den Generalintendanten des Rundfunks der DDR, Manfred Klein. Er protestierte dagegen, „dass in Zukunft drei der zur Zeit fünf existierenden Programme des DDR-Rundfunks auf das Hörspiel, auch auf das für Kinder und' auf das Feature verzichten wollen. Mehr als die Hälfte aller Hörspielsendetermine würden so entfallen. Im Prinzip wäre das der Tod des DDR-Hörspiels, das wegen seines hohen künstlerischen Standards internationale Anerkennung genießt.“[9] Mit dem Hörspiel Leerer Raum war Kowalski für den Hörspielpreis 1983 nominiert.[10]
Mein Zahn Riesengroß – erotische Träume von Männern (Künstlerbuch, zusammen mit Ulrich Tarlatt), Edition Augenweide, Bernburg/Dobis 1987
Künstlerbuch Almanach COMMON SENSE (zusammen mit Ulrich Tarlatt), Edition Augenweide, Bernburg/Dobis 1989–1998
Des Kaisers Bart (Künstlerbuch, zusammen mit Ulrich Tarlatt), Edition Augenweide, Bernburg/Dobis 1990[15]
wortBILD – visuelle Poesie in der DDR (zusammen mit Guillermo Deisler), Mitteldeutscher Verlag, Halle 1990[16]
Diva in Grau (zusammen mit Dagmar Winkelhofer), Mitteldeutscher Verlag, Halle 1991
Katalog zur Ausstellung Guillermo Deisler – Grafik, visuelle Poesie, Buchobjekte (zusammen mit Bärbel Zausche), Kunstmuseum Moritzburg, Halle (Saale) 1997
Beteiligungen an Ausstellungen mit visueller Poesie und Künstlerbüchern (Auswahl)
Visuelle Poesie, Berlin 1987, Dresden 1989
Visuelle Poesie international, Gotha 1990
unartig, Frankfurt (Oder) 1990
D1980D1989R – Künstlerbücher im Eigenverlag, Mainz, Erfurt, Paderborn, Chemnitz, Berlin 1991
Transfutur – visuelle Poesie aus der Sowjetunion, Brasilien und deutschsprachigen Ländern, Kassel 1990, Berlin 1992
non kon form, Esslingen, Kiel 1992
Papiergesänge, München 1992
Buchlust, Hannover 1995
30 Jahre Künstlerbuch Almanach COMMON SENSE 1989-2018, Halle (Saale) 2019, Dessau 2019, Jena 2020, Dresden 2022
Robert Lax erinnern, Kunstverein Röderhof 2020
Vertonungen
Reiner Bredemeyer: Vertrauliche Mitteilungen, 7 Lieder für Tenor, Bassklarinette und Klavier nach Texten von Jörg Kowalski. UA am 26. Oktober 1989 (Frank Rebitschek (Tenor), Annette Barz (Bassklarinette), Ullrich Vogel (Klavier))
Engere Auswahl zum Architekturpreis Sachsen-Anhalt 2013 für das Projekt KZ-Gedenkstätte im Schloss Lichtenburg, Prettin (Arbeitsgemeinschaft mit Dietzsch & Weber Architekten),
Engere Auswahl zum Architekturpreis Sachsen-Anhalt 2019 für das Projekt Augustiner-Eremiten-Kloster St. Annen Eisleben – Revitalisierung, Umbau und Erweiterung
Rezensionen und Kritiken
Jörg Kowalski belässt der Sprache ihre konventionelle Struktur, gebraucht (und braucht) sie aber in jener schlichten Klarheit, die beim Lesen Beteiligtsein auslöst. Aus der Spannung zwischen der Gelöstheit der Sprache und ihrer definitorischen Verknappung erwachsen Bilder von symbolischer Kraft. (Volker Hebestedt, neue deutsche literatur 2/86 [zu Vertrauliche Mitteilung])
Die Wirklichkeit, die Sphäre der Relativität, lässt in seinen Gedichten die Qualität des Absoluten nicht zu. Dergestalt bleiben Schönheit, Freiheit, Recht und Wahrheit stets mit ihrem Gegenteil behaftet. Geschichte begreift er als Labyrinth. Nur der Zufall kann als Botschaft verstanden werden. Nur der Zufall ist sprechend. Was aus Notwendigkeit geschieht, ist stumm. (Die Welt, 8. Mai 1991 [zu Inschrift auf weißem Papier])
In Halle, wo er zu Hause ist, gehört er zu einem kleinen Kreis experimentierender Poeten, deren Versuche mit visueller Dichtung und mit den Tiefen oder Untiefen der Wörter fernab von aller offiziell gewünschten und geförderten Literatur lagen. Erst allmählich treten nun die Zeugnisse ihres Tuns ans Licht. (Gerhard Schulz, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. Oktober 1993)
Gerhard Schulz: Zu Jörg Kowalskis Gedicht „Neckarpartie mit Hölderlinturm“. In: Planetlyrik. 15. Dezember 2018 (online [abgerufen am 30. Januar 2022]).
Einzelnachweise
↑Jörg Kowalski: Schloß Oberwiederstedt. Das Schicksal eines mitteldeutschen Herrenhauses. In: Deutsche Burgenvereinigung e.V. (Hrsg.): Burgen und Schlösser. 91S. Europäisches Burgeninstitut, Braubach 1991, S.69–71.
↑Ute Brockhaus: Ausflug in die Frühromantik. In: Neues Deutschland. 15. Juli 1989 (online [abgerufen am 1. Februar 2022]).
↑Dirk Furchert: Geldregen versiegt nicht. In: Neue Zeit. 12. Mai 1992 (online [abgerufen am 3. Februar 2022]).
↑Kultur-Kuratorium in Halle konstituiert. In: Neues Deutschland. 12. Januar 1990 (online [abgerufen am 3. Februar 2022]).
↑Ulrich Steinmetzger: Erfolgsteam Kowalski & Tarlatt: Mitteldeutsche Edition macht zwischen Halle, Paris und Malibu von sich reden. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 30. März 2000 (kostenpflichtig online [abgerufen am 28. Januar 2022]).
↑Kai Aghte: Mit allen guten Geistern. In: Mitteldeutsche Zeitung. 18. Mai 2018 (kostenpflichtig online [abgerufen am 1. Februar 2022]).
↑Edition Augenweide. In: Neue Zeit. 10. April 1991 (online [abgerufen am 3. Februar 2022]).
↑Wolfgang Boeckh: „wortBild“ und Herbert Wehner. In: Mitteldeutsche Zeitung. 4. September 1990 (kostenpflichtig online [abgerufen am 28. Januar 2022]).
↑Literarische Talente zielstrebig gefördert. In: Freiheit. 21. Mai 1986 (kostenpflichtig online [abgerufen am 28. Januar 2022]).
↑Seghers-Stipendium der Akademie der Künste. In: Neues Deutschland. 25. November 1989 (online [abgerufen am 3. Februar 2022]).
↑VORGESTELLT: Mann aus Halle. In: Mitteldeutsche Zeitung. 25. September 2002 (kostenpflichtig online [abgerufen am 1. Februar 2022]).