Jürgen Ahrend OrgelbauJürgen Ahrend Orgelbau ist eine Orgelbaufirma in Leer-Loga, Ostfriesland. Internationale Bekanntheit erlangte sie durch die Restaurierungen von Barockorgeln, unter anderem der Arp-Schnitger-Orgeln der Jacobikirche Hamburg, der Martinikerk in Groningen (NL) und der Ludgerikirche in Norden sowie der Ebert-Orgel der Hofkirche Innsbruck. Gegründet wurde sie von Jürgen Ahrend (* 28. April 1930 in Treuenhagen bei Göttingen; † 1. August 2024 in Leer).[1] Sein Sohn Hendrik Ahrend führt das Unternehmen seit 2005 fort. GeschichteJürgen Ahrend wurde als Sohn von Heinrich Ahrend geboren, der Musik studiert hatte, Sänger und Chorleiter war und verschiedene Tasten- und Saiteninstrumente spielte.[2] In erster Ehe war Jürgen Ahrend mit Margarete geb. Bartels verheiratet, die 1990 den niederländischen Organisten Klaas Bolt heiratete.[3] Von den insgesamt fünf Kindern sind Sievert und Heiko Ahrend Musiker, Komponisten und Musikproduzenten.[4] Jürgen Ahrend begann 1946 seine Orgelbaulehre bei Paul Ott in Göttingen. Dort lernte er den gebürtigen Emder Gerhard Brunzema (1927–1992) kennen, mit dem er in seiner Freizeit zahlreiche Orgeln und Orgelbauer im In- und Ausland besuchte.[5] Mit 24 Jahren gründete er zusammen mit seinem Kompagnon die Firma Ahrend & Brunzema (1954–1971) in Leer-Loga. Das erste Werk dieser Kooperative war die Restaurierung der Larrelter Orgel 1954. Cor Edskes vermittelte ihnen die Bedeutung der mitteltönigen Stimmung. Weltweites Aufsehen erregten die Restaurierungen der historischen, wieder mitteltönig gestimmten Orgeln in Westerhusen (1955), Uttum (1956/1957) und Rysum (1959/1960) in der Krummhörn. Sie leiteten vielerorts eine Rückbesinnung auf die traditionellen handwerklichen Techniken und musikästhetischen Klangideale ein, stießen aber in der Fachwelt nicht auf ungeteilte Zustimmung.[6] Rolf Hallensleben, Landeskirchenmusikdirektor der Reformierten Kirche[7], unterstützte die jungen Orgelbauer, ebenso sein Nachfolger, Harald Vogel. In den Niederlanden, wo die neue Orgel in Scheveningen (1959) ein Referenzinstrument wurde, wurden sie von Gustav Leonhardt gefördert. Durch die Lage der Werkstatt inmitten der Orgellandschaft Ostfriesland mit ihren zahlreichen originalen Instrumenten hatte man genügend Gelegenheit, sich mit dem Wesen dieser Orgeln auseinanderzusetzen. Ahrend und Brunzema erhielten 1962 den Niedersächsischen Staatspreis für das Kunsthandwerk. Bis 1971 umfasst der Katalog der gemeinsam verfertigten oder restaurierten Werke 74 Instrumente. In diesem Jahr verließ Brunzema die Firma, um sich in Kanada niederzulassen, wo er sich 1980 selbstständig machte und 1992 starb.[8] Von 1972 bis 2004 haben Jürgen Ahrend und seine Mitarbeiter 90 weitere Werke gebaut, rekonstruiert oder restauriert. Viele von Ott restaurierte Orgeln, bei denen er von falschen Voraussetzungen wie niedrigen Winddrücken ausgegangen war, wurden von seinen Schülern, zu denen auch Rudolf Janke gehörte, zurückrestauriert. Jürgen Ahrend erwarb sich seinen Ruf als einer der führenden Orgelbauer und -restauratoren[9] aufgrund seiner konsequenten Restaurierungspraxis und seiner hohen Intonationskunst. 1986 erhielt Jürgen Ahrend den Niedersächsischen Staatspreis für Kultur und 2007 den Buxtehude-Preis der Stadt Lübeck. Die Ehrendoktorwürde (Dr. iur. h. c.) wurde ihm im Jahr 2000 von der Monash-University, Victoria (Australien) verliehen. Hendrik Ahrend (* 11. August 1963) war nach dem Abitur 1983 Mitarbeiter im väterlichen Betrieb. Nach der Orgelbaulehre bei Johannes Rohlf in Neubulach (1984–1987) und dem Zivildienst (1987/88) kam er wieder in den Betrieb des Vaters zurück (1988/89 und 1996–2000), unterbrach seine Mitarbeit aber durch ein Studium der Amerikanistik und Sportwissenschaft (1989–1995).[10] Seit 1998 wurden ihm in zunehmendem Maß Arbeiten übertragen. So übernahm er im Jahr 1998 die Intonation der Labialpfeifen der Orgel in Dornum und führte 2002 die Bauplanung der Orgel der Lutherkirche in Leer maßgeblich durch. Hendrik Ahrend absolvierte im Jahr 2000 den Meisterkurs der Musikfachschule für Orgelbau in Ludwigsburg und vertiefte sich anschließend 14 Monate bei seinem Lehrmeister Johannes Rohlf. Für seine Verdienste erhielt er 2004 den Internationalen Arp-Schnitger-Preis.[11] Nach 50 Jahren erfolgreicher Tätigkeit Jürgen Ahrends wird die Firma seit Februar 2005 von seinem Sohn geleitet. Hendrik Ahrend führt die Tradition seines Vaters fort, geht aber auch neue Wege, indem er das historische Sandgussverfahren zur Pfeifenherstellung wieder anwendete. Zum Aufleimen von Leder und zum Abdichten von Holz im Windwerk oder in den Windladen setzt er Warmleim ein, um eine Bleikorrosion der Pfeifen zu verhindern.[8] Sie entsteht durch austretende Essigsäure aus Eichenholz oder durch den Einsatz von acetathaltigen Leimen. Hendrik Ahrend ist Projektpartner in dem Forschungsprojekt „Entwicklung von Maßnahmen zur Verminderung von Bleikorrosion an Orgelpfeifen aus dem 17. und 18. Jhdt.“, das von 2016 bis 2018 durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und die Klosterkammer Hannover gefördert wird.[12] Seit über 30 Jahren spielt er halbprofessionell Bluegrass zusammen mit seinem Bruder Heiko, hat sich in den letzten Jahren aber ganz auf den Orgelbau konzentriert.[4] Der Enkel Paul Ahrend (* 20. März 2000) erlernte nach dem Abitur den Orgelbau in der Orgelwerkstatt Wegscheider und legte 2022 die Gesellenprüfung ab. Seitdem besucht er den Meisterkurs an der Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg. Werke (Auswahl)Die Größe der Instrumente ist durch die Anzahl der Manuale (römische Zahl) und die Anzahl der klingenden Register (arab. Zahl) angegeben. Ein selbstständiges Pedal ist durch ein großes „P“ gekennzeichnet, ein angehängtes Pedal durch ein kleines „p“. Auch bedeutet R = Restaurierung, Rk = Rekonstruktion und NB = Neubau. Die Links in der letzten Spalte verweisen auf weiterführende Informationen und die Dispositionen. Ahrend & Brunzema (1954–1971)
Jürgen Ahrend (1972–2004)
Hendrik Ahrend (ab 2005)
Literatur
WeblinksCommons: Jürgen Ahrend Orgelbau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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