Jean-Jacques de SellonJean-Jacques de Sellon (* 20. Januar 1782 in Genf; † 6. Juni 1839 in Belfort) war ein schweizerischer Notabler, Publizist, Philanthrop, Mäzen und Pazifist. Er begründete 1830 die erste Friedensgesellschaft Kontinentaleuropas und profilierte sich als Gegner der Todesstrafe. HerkunftDie Familie Sellon stammte ursprünglich aus Südfrankreich. Als Hugenotten flohen sie nach der Rücknahme des Ediktes von Nantes 1685 aus Nîmes und wurden 1699 Bürger der Stadt Genf. Als Bankiers und Tuchhändler mit Filialen in London und Paris, aber auch durch Heirat kamen sie zu beträchtlichem Vermögen und etablierten sich im Genfer Patriziat. Gaspard Sellon (1702–1785) erwarb 1755 die Herrschaft Allaman (Waadt), die nach seinem Tod seinem Bruder Jean François (1707–1790), dem Großvater von Jean-Jacques zufiel. Jean Sellon (1736–1810), der Sohn von Jean François und Vater von Jean-Jacques, wurde 1786 von Joseph II. in den Rang eines Grafen des Heiligen Römischen Reiches erhoben. Leben und WirkenBereits als Kind, zwischen 1789 und 1794, war Jean-Jacques de Sellon mit seinen Eltern durch Italien gereist. Sein Vater pflegte hier Geschäftskontakte, entzog sich so aber auch den revolutionären Unruhen in Genf. Von 1794 bis 1800 hielt sich Jean-Jacques vornehmlich auf dem Familienschloss in Allaman auf; seit 1800 wohnte er überwiegend in Genf, wenn er nicht kreuz und quer durch Europa reiste. 1804 kam er erstmals nach Paris. Er bewunderte Napoleon, wohnte 1805 dessen Krönung mit der Eisernen Krone der Langobarden im Mailänder Dom bei und wurde zum Kammerherrn Napoleons ernannt. 1810 erbte er die Herrschaft Allaman mit dem Schloss, die Handelsfirma und das erhebliche Vermögen seines Vaters. Er empfing in der Schweiz eine Reihe von literarischen und politischen Berühmtheiten seiner Zeit, darunter Mitglieder der Familie Bonaparte, die habsburgischen Erzherzöge Ferdinand und Maximilian, den Pianisten Franz Liszt, die Kaiserin Joséphine, den Herzog von Bassano, der auch auf Sellons Schloss verhaftet wurde, George Sand sowie seinen Enkel Camillo Cavour. Nach der Wiederherstellung der Republik in Genf 1814 wurde Sellon Mitglied des „Repräsentantenrats“. Hier machte er sich vor allem für den Freihandel und die Abschaffung der Todesstrafe stark. Er argumentierte dabei rechts- und staatsphilosophisch gegen die Todesstrafe und verfasste nicht nur eigene Schriften, sondern übersetzte auch Werke bekannter Abolitionisten ins Französische, etwa von Giovanni Carmignani und Carl Joseph Anton Mittermaier. Als Anhänger der Rechtsstaatsidee Cesare Beccarias postulierte Sellon ein Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit und übertrug dies auch auf zwischenstaatliche Konflikte. Damit begründete er den philanthropischen und humanitären Pazifismus, der Friedenserziehung und die Grundrechte in einen engen Zusammenhang stellte, sich aber nicht gegen die Landesverteidigung aussprach. 1830 berief er dreissig Genfer Bürger in sein Haus ein und gründete die „Société des Amis de la Paix de Genève“, die erste kontinentaleuropäische Friedensgesellschaft. Darin drückte sich auch seine Überzeugung aus, eine Reformbewegung müsse von den Eliten ausgehen. Seine nicht zuletzt durch den Calvinismus geprägte Haltung beeinflusste seinen Neffen Camillo Benso de Cavour und Henri Dunant. Nach einer Erkrankung zog sich Sellon 1834 aus der aktiven Politik zurück. Als Führer der Ultracalvinisten erregte er 1835 mit dem Vorstoß Aufsehen, dem Reformator Johannes Calvin ein großes Denkmal in Genf zu errichten. Als er damit scheiterte, ließ er verbittert eines auf eigene Kosten auf der Terrasse seines Herrschaftshauses an der Rue des Granges errichten. Wie sein Vater, der eine der bedeutendsten schweizerischen Kunstsammlungen seiner Zeit mit bedeutenden Gemälden alter Meister vor allem Italiens zusammengetragen hatte, war auch Jean-Jacques ein beflissener Sammler. Er kaufte in erster Linie schweizerische Landschaftsmalerei seiner Zeit. Viele der Kunstwerke der Sammlung Sellon befinden sich inzwischen im Musée d’art et d’histoire in Genf. In Genf ist eine Straße nach Jean-Jacques Sellon benannt. Schriften
Literatur
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