LORANLORAN (englisch Long Range Navigation) war ein Funknavigationssystem, das vorwiegend zur Navigation in der Seefahrt und in der Luftfahrt verwendet wurde. Das während des Zweiten Weltkrieges durch die USA entwickelte System war zwischen den 1950er und 1990er Jahren das in der internationalen Seeschifffahrt vorwiegend eingesetzte Navigationssystem. Durch die technischen Möglichkeiten der Satellitennavigation verlor es an Bedeutung und seine Senderinfrastruktur wurde ab den 1990er Jahren weltweit schrittweise stillgelegt. TechnikLORAN-C basierte auf Sendestationen, die zu Ketten (chains) gruppiert wurden. Eine Kette bestand aus einem Hauptsender und zwei bis fünf Nebensendern, die einige hundert Kilometer entfernt standen. Die Stationen senden nach einem festen Schema Impulsgruppen. Aus der zeitlichen Differenz, mit der die Signale beim Empfänger eintreffen, kann er hyperbelförmige Standlinien und aus deren Schnitt seine Position errechnen. Daher handelt es sich um eine Hyperbelnavigation. Um eine eindeutige Identifizierung der Haupt- und Nebensender einer Kette zu erreichen, sendeten die einzelnen Sender in einer definierten Verzögerungszeit versetzt zueinander. Das Gruppenfolgeintervall (Group Repetition Interval, GRI) und die Nebensenderverzögerungszeiten (Emission Delay) waren so bemessen, dass auch bei weit entfernten Empfängerstandorten, also großen Signallaufzeiten, keine Überlappung stattfinden konnte. Das LORAN-C-Signal wurde auf einer Frequenz von 100 kHz ausgestrahlt. Einzelne Sender des Systems erreichten eine Reichweite von über 1000 km. Empfindlichere Empfänger in den 1990er Jahren boten bei guter Empfangslage eine Wiederholgenauigkeit von bis zu zehn Metern. Geographische und atmosphärische Bedingungen bei der Signalausbreitung wurden in den sogenannten additional secondary factors, ASF zusammengefasst und mit ASF-Korrekturen versucht zu relativieren. Ohne diese Korrekturen lag die Genauigkeit des Systems bei einigen hundert Metern. Auch der Winkel des Empfängers zur Senderkette beeinflusste die Genauigkeit stark: außerhalb des Bereichs der Senderketten ließ die Genauigkeit sehr stark nach und die Abweichung konnte im Bereich einiger Kilometer liegen. GeschichteVorläufer des LORAN-C-Systems war ein von Alfred Lee Loomis 1940 initiiertes Projekt am Radiation Laboratory des Massachusetts Institute of Technology mit dem Projektnamen LORAN-A. Die Entwicklung von LORAN-A war während des Zweiten Weltkriegs durch die US Navy initiiert worden und als LORAN-B erweitert. Das System kam jedoch nicht über das Experimentierstadium hinaus und wurde nicht eingesetzt. Die nochmalige Fortentwicklung als LORAN-C erreichte eine weitaus höhere Genauigkeit als die Ursprungsvariante LORAN-A. Das System funktionierte weitgehend unabhängig von Wettereinflüssen und atmosphärischen Bedingungen und konnte daher zu jeder Tageszeit mit gleich bleibender Präzision genutzt werden. Das LORAN-C-System war 1957 einsatzbereit und wurde seit 1958 von der Küstenwache (US Coast Guard) betrieben. Das parallel betriebene LORAN-A wurde ab 1974 nicht weiter ausgebaut, da LORAN-C zum primären Navigationssystem für die Küstengewässer der USA und Alaska erklärt wurde. Im Mai 2009 gaben die USA bekannt, ihr Loran-C-Netzwerk aus Kostengründen stillzulegen, da mittlerweile satellitengestützte Navigation Stand der Technik und flächendeckend verbreitet war. Die letzte US Coast Guard Station, Caribou in Maine, stellte zum 1. September 2010 ihren Dienst ein. Auch die Weiterentwicklung zum eLORAN-Dienst (enhancedLORAN) wurde nicht mehr durch die USA unterstützt. Bei dem System wurde die LORAN-Senderkette als Korrektursignal für das Satellitennavigationssystem GPS genutzt und zu einem Differential-GPS (DGPS) erweitert. Dabei wurde DGPS phasenmoduliert auf den LORAN-C Träger gesetzt.[1] NELSIn Europa entstand nach der Aufgabe des Systems durch die USA das Northwest European LORAN-C System (NELS). Die Gastländer entschlossen sich, den Betrieb der US-Militärstationen weiter fortzuführen. Am 6. August 1992 unterzeichneten die vier europäischen Länder mit LORAN-C Sendern einen entsprechenden Vertrag (Frankreich (2 Sender), Deutschland (Rantum), Irland, die Niederlande und Norwegen (Bø und Jan Mayen)). In Norwegen wurden zudem die Stationen Værlandet und Berlevåg geschaffen. Geplant war, auch in Loophead in Irland eine neue Sendestation zu errichten. Die Stationen werden vom jeweiligen Land verwaltet und stehen unter ziviler Kontrolle. Am 31. Dezember 1994 wurden die Stationen, die von der US-Navy in Europa betrieben wurden, an das jeweilige Gastland abgegeben und meist durch dieses technisch erneuert. Durch das europäische NELS wird LORAN-C genutzt, um differenzielle Korrekturen zum GPS-Signal auszustrahlen (vgl. Differential-GPS). Diese Technik trägt die Bezeichnung Eurofix.[1] Eurofix und eLORANEurofix erweiterte LORAN-C um einen Datenkanal, über den GPS-Korrektursignale, Zeitsignale, und andere Daten übertragen wurden. Die Stationen Lessay, Sylt, Værlandet und Bø strahlten dieses Signal aus. Die Entwicklung von Eurofix wurde seit 1989 von der Delft University of Technology vorangetrieben. Zusammen mit den Korrekturdaten (DGNSS) wird die Genauigkeit bei 95 Prozent der Angaben besser als 5 Meter. Die Weiterentwicklung mündete in eLORAN (enhanced LORAN). Ähnlich wie bei GPS überträgt eLORAN seine eigenen Korrekturdaten, die sogenannten additional secondary factors (ASF). Sie beschreiben ein wetterabhängiges Geländemodell, welches das bodennahe Ausbreitungsverhalten der langwelligen Radiowellen korrigiert. eLORAN erreicht eine Genauigkeit von 10 m und besser. Es liegt in der Größenordnung von GPS, liefert aber keine Höhenauflösung. Dafür besitzt es die Vorteile von LORAN-C, beispielsweise die hohe Störsicherheit. eLORAN wurde von der General Lighthouse Authorities of the United Kingdom and Ireland (GLA) aufgebaut, ebenso von den USA als komplementäres System zu GPS.[2] Der Betrieb wurde am 31. Dezember 2015 eingestellt. Ab 2005 baute Saudi-Arabien ein Saudi Positioning System (SPS) auf, das in seiner Funktionsweise ähnlich wie Eurofix LORAN-Signale zur Korrektur von GPS-Signalen nutzte. Mit der Einstellung des LORAN-C Betriebs fiel auch dieses System weg. Diskussion zu einer perspektivischen NutzungEinige Nutzer stellten in den 2000er Jahren Überlegungen an, modifizierte LORAN-C Systeme komplementär zu GPS oder anderen Satellitennavigationssystemen als Backup-System zu nutzen. Als Vorteil wurde dabei angesehen, dass das langwellige LORAN-C-Signal ohne Sichtverbindung zum Sender empfangbar ist und damit in Gebieten mit schwacher Satellitenabdeckung Vorteile bietet. In der Praxis erledigte sich dieser Faktor durch Multi-System-Satellitenempfänger, die Signale verschiedener Satellitennavigationssysteme empfangen und kombiniert auswerten. In den 2020er Jahren war weltweit keine LORAN-C Senderkette mehr in Betrieb. Das System ist nur noch von funkhistorischem und technikspezifischem Interesse. SenderDie LORAN-Sender waren meist beeindruckende Bauwerke, da die Langwellensendertechnik mit sehr hohen Masten, meist selbststrahlenden Sendemasten, und hohen Leistungen arbeitete. Zudem standen die Stationen an geographisch und strategisch wichtigen, infrastrukturell jedoch meist abgeschiedenen Orten. LORAN-C-Sender besaßen Sendeleistungen von bis zu 4 MW. Als Sendeantennen wurden meistens gegen Erde isolierte selbststrahlende Sendemasten mit einer Dachkapazität von etwa 190 Meter bis 220 Meter Höhe verwendet, doch wurden für einige sehr leistungsfähige Stationen auch Sendemasten von über 400 m Höhe errichtet. Senderketten wurden flächendeckend in den USA, jedoch auch weltweit in der nördlichen Hemisphäre betrieben. LORAN-C war nutzbar im Nordpazifik (einschließlich Beringmeer), Nordatlantik, Mittelmeer, in der Nord- und Ostsee, im Roten Meer und im Persischen Golf. Subsahara-Afrika und Südamerika verfügten über keine einzige LORAN-C Senderkette. In der Sowjetunion wurde ein äquivalentes System mit dem Namen CHAYKA entwickelt, welches allerdings hauptsächlich im Binnenland aufgebaut war. Die einzige LORAN-C Sendestelle in Deutschland war der LORAN-C-Sender Rantum auf der Insel Sylt. Dessen Sendebetrieb wurde zum 31. Dezember 2015 eingestellt. Der japanische Sender Minami-Torishima der japanischen Küstenwache in der Kette Grid 9970 verfügte über eine Sendeleistung von zeitweise 4 MW. Als Sendeantenne verwendete er einen 213 m (bis 1985: 411,48 m) hohen, selbststrahlenden Sendemast. Ende 2009 wurde der Betrieb eingestellt und die Station abgebaut. Der Sender Iwo Jima im Pazifik war eine Sendeeinrichtung der Kette Grid 9970 bei 24° 48′ 6″ N, 141° 19′ 30″ O . Der Sender verfügte ebenfalls zeitweise über eine Sendeleistung von 4 MW. Im September 1993 wurde die Anlage stillgelegt und der Antennenmast abgebaut. Der Sender Cape Race war eine Sendeeinrichtung der Kette Grid 9930 bei Kap Race bei 46° 46′ 30″ N, 53° 10′ 30″ W . Der Sender verfügte über eine Sendeleistung von 1,8 MW. Als Sendeantenne verwendete er einen 411,48 m hohen, selbststrahlenden Sendemast. Am 2. Februar 1993 stürzte dieser Sendemast ein. Er wurde durch einen 260,3 m hohen, selbststrahlenden Sendemast ersetzt. Auch er wurde später stillgelegt. Liste der ehemaligen LORAN-C-SenderkettenDie Sender sind sämtlich außer Betrieb, bis auf die in den Bemerkungen anders vermerkten.
Liste der ehemaligen LORAN-C-Sendestationen
Literatur
WeblinksCommons: LORAN – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Funkhistorische Seiten:
Einzelnachweise
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