Lockheed-SkandalDie Lockheed-Skandale wurden durch eine Serie von Bestechungen und Zuwendungen des US-amerikanischen Flugzeugherstellers Lockheed ausgelöst. Sie verursachten heftige politische Kontroversen in der Bundesrepublik Deutschland, Italien, den Niederlanden und Japan. Der Skandal war 1977 in den USA Anlass für die Einführung des Foreign Corrupt Practices Act. DeutschlandNach Aussagen des ehemaligen Lockheed-Lobbyisten Ernest F. Hauser erhielten Verteidigungsminister Franz Josef Strauß und seine Partei 1961 10 Millionen US-Dollar für den Kauf von 916 F-104 Starfighter-Kampfflugzeugen. Strauß strengte daraufhin eine Verleumdungsklage gegen Hauser an. Die Untersuchung des Falls wurde zunächst aufgrund fehlender Beweise beendet. Im Vorfeld der Bundestagswahl 1976 wurde die Debatte wieder aufgenommen. Den Medien wurden mehrere möglicherweise gefälschte Schreiben zugespielt,[1] laut denen u. a. Manfred Wörner, CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Verteidigungsausschusses, auf Einladung und Kosten der Firma Lockheed deren Fertigungsstätten in den USA besichtigt hatte.[2] Es hatte sich auch herausgestellt, dass die meisten Lockheed-Dokumente des Verteidigungsministeriums bereits 1962 vernichtet worden waren. Aufgrund weiterer Verdachtsmomente wurde ein Untersuchungsausschuss im Bundestag eingerichtet, der sich von Januar 1978 bis Mai 1979 erneut mit diesem Fall beschäftigte. Eine Untersuchung von Unterlagen der Firma Lockheed durch US-amerikanische Behörden ergab, dass Wörners Reise durch den Bundestag finanziert worden war und im Zusammenhang mit einem Probeflug mit einer Lockheed S-3 stand. Lediglich ein Teil der Reisekosten für Wörners Sekretärin und Wörners Rückflugticket von den USA nach Deutschland wurden von Lockheed bezahlt:
Der bei Lockheed angestellte Lobbyist Christian Steinrücke warnte im Oktober 1975 Martin J. Hillenbrand, Botschafter der USA in Deutschland, davor, die Hintergründe der Starfighter-Beschaffung zu erforschen, da dies Schwierigkeiten für Franz Josef Strauß nach sich ziehen könne:
Untersuchungen durch Fritz-Josef Rath, den Leiter des Antikorruptions-Referats, ergaben, dass Lockheed etwa 1,1 bis 1,3 Millionen DM an Bestechungsgeldern zahlte, wobei eine „beträchtliche Summe“ an den Leiter der Abteilung „Luftwaffengerät“ im Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung der Bundeswehr in Koblenz, Heinrich Sellschopp, geflossen sein soll.[4] Laut Aussagen des ehemaligen Lockheed-Verkäufers Paul White erhielten der Bankier Hermann Josef Abs und Franz Josef Strauß Gelder im Zusammenhang mit dem Verkauf von Flugzeugen des Typs Lockheed Super Constellation und Electra an die Lufthansa. Beim Verkauf der F-104 sei Lockheed ähnlich vorgegangen:
ItalienIn Italien richtete sich das Interesse auf die Bestechung christdemokratischer Politiker. Die Untersuchungen wurden vom Nachrichtenmagazin L’Espresso vorangetrieben und betrafen vor allem den damaligen Staatspräsidenten Giovanni Leone, der am 15. Juni 1978 zurücktrat. Der ehemalige Verteidigungsminister Mario Tanassi (PSDI) wurde vor dem Verfassungsgericht verurteilt, während sein Amtsvorgänger Luigi Gui (DC) freigesprochen wurde.[7] NiederlandePrinz Bernhard erhielt 1,1 Millionen US-Dollar Bestechungsgelder von Lockheed, um eine Entscheidung zugunsten der Lockheed F-104 und gegen die Dassault Mirage herbeizuführen. Ministerpräsident Joop den Uyl ordnete eine Untersuchung des Falls an. Prinz Bernhard wies zunächst alle Vorwürfe zurück, musste sich aber dennoch von allen öffentlichen Ämtern zurückziehen. Nach seinem Tod 2004 wurde der Untersuchungsbericht veröffentlicht, der seine Schuld zweifelsfrei belegte. JapanDer japanische Lockheed-Skandal war die größte Korruptionsaffäre im Nachkriegs-Japan. Unter anderem durch das Geständnis des Lockheed-Vizepräsidenten Carl Kotchian vor einem Ausschuss des US-Senats am 6. Januar 1976[8] konnte dem ehemaligen japanischen Premierminister Kakuei Tanaka nachgewiesen werden, dass er von Lockheed drei Millionen US-Dollar erhalten hatte, um sich für den Kauf der Lockheed Tristar durch die japanische Fluggesellschaft All Nippon Airways einzusetzen.[9] Bei der sogenannten „Lockheed-Wahl“ von 1976 verlor seine Liberaldemokratische Partei erstmals die absolute Mehrheit im Unterhaus. Das Strafverfahren gegen Tanaka zog sich jahrelang hin. Er verstarb 1993, noch bevor das Urteil der letzten Instanz verkündet wurde. Vereinigte StaatenUm die Jahreswende 1975/76 befasste sich ein Unterausschuss des US-Senats mit den Bestechungsvorwürfen und kam zu dem Schluss, dass insgesamt 22 Millionen US-Dollar an Offizielle befreundeter Regierungen gezahlt worden seien, um den Kauf von Lockheed-Flugzeugen herbeizuführen. Daraufhin traten Lockheeds Vorsitzender Daniel Haughton und sein Stellvertreter Carl Kotchian am 13. Februar 1976 von ihren Posten zurück. Der Skandal gab den Anstoß zum Foreign Corrupt Practices Act, der von Präsident Jimmy Carter am 19. Dezember 1977 unterschrieben wurde. Seitdem ist es allen US-Amerikanern verboten, Bestechungsgelder an Offizielle ausländischer Regierungen zu zahlen. Literatur
Einzelnachweise
|