Militärischer BefehlEin militärischer Befehl ist eine bestimmte Anweisung, zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter einem Untergebenen mündlich, schriftlich oder in anderer Weise allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt. AllgemeinesMilitärische Befehle sind ein Instrument zur Wahrnehmung der Inneren Führung bei der Bundeswehr. Mit Befehlen wird in jeder Armee der das Kriegsziel berücksichtigende Wille des Vorgesetzten durchgesetzt. Befehle dienen im Krieg letztlich der Erlangung des Sieges über den Feind oder beim Verteidigungskrieg der erfolgreichen Abwehr eines Angriffskriegs. Damit Befehle auch befolgt werden, unterliegen die Soldaten einer Gehorsamspflicht. Befehl und Gehorsam erfüllen zwei komplementäre Funktionen in militärischen Organisationen.[1] Wer über Befehlsgewalt verfügt, heißt Befehlshaber oder mit höchstem Rang Oberbefehlshaber. RechtsfragenAllgemeines Die gesetzliche Legaldefinition entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG).[2] Im zitierten Urteil erhielt ein Oberstleutnant den Befehl, „Urlaub nur im Lager“ zu nehmen. Er handelte während eines Auslandseinsatzes seiner Einheit in Afghanistan dem Befehl seines Disziplinarvorgesetzten zuwider und verbrachte stattdessen seinen Urlaub in einem aus Sicherheitsaspekten als gefährlich eingestuften Umfeld in Afghanistan. Als Disziplinarmaßnahme wurde gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von vier Jahren und die Kürzung seiner Dienstbezüge um 10 % für die Dauer von zwei Jahren verhängt. Vorgesetzte dürfen Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilen (§ 10 Abs. 4 SG). Darüber hinaus gebietet das Rechtsstaatsprinzip, dass ein Befehl die Grundrechte des Soldaten nicht unverhältnismäßig einschränken darf. Dabei sind der dienstliche Zweck und der Eingriff in die Rechte des Soldaten gegeneinander abzuwägen. Hierbei sind im Gefecht natürlich andere Maßstäbe anzulegen als in Friedenszeiten. Der Vorgesetzte trägt für seine Befehle die Verantwortung. Ein Befehl ist knapp und verständlich abzufassen, zu gliedern und nach seinem Zweck zu bezeichnen.[3] Befehle hat er in der den Umständen angemessenen Weise durchzusetzen (§ 10 Abs. 5 SG). Der Soldat muss seinen Vorgesetzten gehorchen. Er hat ihre Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und unverzüglich auszuführen. Arten Aus dem Grundgesetz und dem Soldatengesetz ergeben sich rechtliche Grenzen der militärischen Befehlsbefugnis. Diese lassen sich in sieben Untergruppen zusammenfassen, deren Voraussetzungen und wechselseitige Verhältnisse bisher allerdings nicht hinreichend geklärt sind:[5]
Die Gehorsamspflicht (§ 11 Abs. 1 SG) ist nicht auf rechtmäßige Befehle beschränkt. Auch rechtswidrige Befehle sind stets zu befolgen. Erst wenn durch die Ausführung des Befehls eine Straftat begangen würde, darf der Befehl nicht befolgt werden (§ 11 Abs. 2 SG). Befolgt der Untergebene den Befehl trotzdem, hat er entsprechende strafrechtliche Konsequenzen zu fürchten. Voraussetzung ist jedoch, dass er erkennt oder dass es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, dass er eine Straftat begeht (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SG).[8] Selbst die Einlegung einer Beschwerde befreit nicht von der Pflicht, möglicherweise rechtswidrige Befehle zu befolgen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 WBO). Der Untergebene handelt mithin selbst bei eingelegter Beschwerde dienstpflichtwidrig, wenn er gegenüber einem militärischen Befehl keinen Gehorsam leistet, sofern keine Unverbindlichkeitsgründe eingreifen. Beim Anspruch auf Gehorsam, den das Gesetz verlangt, ist zwischen dem objektiven Anspruch, der nach den Gesetzen besteht, und dem subjektiven Anspruch des Befehlenden zu unterscheiden. Der Befehl „Geben Sie mir ein Bier aus!“ hat objektiv keinen Anspruch auf Gehorsam (das darf nicht befohlen werden), kann aber vom Vorgesetzten als Befehl gemeint gewesen sein. Dagegen hat die Aussage „Klopfen Sie auf Holz!“ (z. B., damit etwas gut ausgeht) objektiv möglicherweise den Gehorsamsanspruch, ist aber kein Befehl, weil der Vorgesetzte sie nicht als Befehl gemeint hat und selbst keinen Gehorsam beansprucht. BefehlsartenNach dem UmfangKommando Auftrag Weisung Dienstliche Weisung Operationsbefehle Es können Gefechtsbefehle (Befehl für die Verteidigung), Befehle zur Regelung der Einsatzunterstützung (BREU) bzw. Führungsunterstützung (BRFU) und andere Befehlsarten unterschieden werden. Für verschiedenen spezielle Aufträge gibt es besondere Befehlsschemata, damit keine wichtigen Punkte vergessen werden. Beispiele dafür sind der Befehl an den Alarmposten, Befehl an den Spähtrupp, Befehl für die Sicherung, Befehl für die Aufnahme, Befehl zum Spüren chemischer Kampfstoffe und andere. In einem Operationsbefehl stellen Aufträge das Kernstück dar. Sie bestimmen das Ziel und sind Ausgangspunkt für das Denken und Handeln. Deshalb ist die wesentliche Forderung an einen Auftrag, dass der Wille des Vorgesetzten unmissverständlich zum Ausdruck kommen muss. Nach dem InhaltDer Fahrbefehl (heute: Fahrauftrag) ist die schriftliche oder mündliche Kommandoausgabe eines Vorgesetzten an den Fahrer eines (bodengebundenen) Militärfahrzeugs, mit einem oder mehreren bestimmten Fahrzeugen den Transport von Material oder Soldaten auf einer festgelegten Route durchzuführen. Ein Marschbefehl weist einen oder mehrere Soldaten oder eine Einheit an, sich an eine bestimmte Position oder einen bestimmten Ort zu bewegen. Kompaniebefehle enthalten die Bekanntgabe von Beförderungen, Disziplinarstrafen, Kommandierungen, Versetzungen usw. an die Kompanie und werden durch den Kompaniechef oder den Kompaniefeldwebel vor der Truppe verkündet. Es handelt sich nicht um einen Befehl, sondern um Mitteilungen aus dem Personalwesen an die Truppe. Der Tagesbefehl wird vom Verteidigungsminister oder hohen militärischen Führern bei besonderen Anlässen und militärisch bedeutsamen Ereignissen erlassen und enthält im Regelfall die offizielle Stellungnahme des Dienstherrn.[13] Es handelt sich wiederum nicht um einen Befehl, sondern um Mitteilungen an die Truppe, die meist die Bewertung eines Ereignisses, Gedenktages usw. den Adressaten vermitteln sollen.[14] Beim Appell in Heeren treten Kompanien, Bataillone und manchmal Regimenter zum Appell an. Für Kompanien (und Batterien) beginnt mit dem Appell die Tagesroutine. Der Kompaniefeldwebel und der Kompaniechef begrüßen die Soldaten und prüfen ihre Vollzähligkeit und die Vollständigkeit der jeweils befohlenen Ausrüstung (Vollzähligkeitsappell, Waffenappell). BefehlsschemaBefehle (im engeren Sinne) sollen in einer festgelegten Form, Befehlsschema genannt, erteilt werden. Dem Befehlenden wird nicht überlassen, wie er befiehlt. Dies dient in erster Linie einer zweckmäßigen Vereinheitlichung der Abfolge der verschiedenen Befehlskomponenten und entlastet den Befehlenden davon, immer wieder erneut nach einer zweckmäßigen Form zu suchen. Befehle werden nach einem standardisierten Abkommen aller NATO-Verbündeten gegeben (STANAG 2014).[15] Sofern sinnvoll und nötig sind in Befehlen zu folgenden Punkten Aussagen zu machen:
Als Merkwort dient das Akronym LADEF, bw. LAD für die Kurzform ohne Angaben zu Einsatz- und Führungsunterstützung. Bei LAD steht das A nicht für Auftrag, sondern für Absicht. RechtsfolgenDa Streitkräfte auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam beruhen, stellt vorsätzlicher Ungehorsam stets ein sehr ernstzunehmendes Dienstvergehen dar,[16] dem eine Gehorsamsverweigerung zugrunde liegt. Der wissentliche und willentliche Ungehorsam gegenüber einem Befehl ist zugleich eine vorsätzliche Verletzung der innerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 SG, weil Ungehorsam das Vertrauen in die Integrität und Zuverlässigkeit eines Soldaten schwer beschädigt. Die Pflicht aus § 17 Abs. 1 SG erfordert, dass sich der Soldat in das militärische Gefüge selbstbeherrscht einordnet, sich nach Maßgabe der Gesetze und der festgelegten Unterstellungsverhältnisse unterordnet und die militärische Ordnung einhält. Untergebene sind nach § 17 Abs. 1 SG gehalten, die dienstliche Autorität ihrer Vorgesetzten ohne Rücksicht auf persönliche Sympathien oder Antipathien anzuerkennen und ihr Verhalten danach auszurichten. Für einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 SG reicht es aus, dass der betreffende Soldat mit seinem Verhalten eine gegenüber Vorgesetzten bestehende Pflicht verletzt und dabei zu erkennen gibt, dass er sich der dienstlichen Autorität seines Vorgesetzten nicht selbstbeherrscht unterordnen will.[17] Der Verstoß gegen die Gehorsamspflicht (§ 11 SG) zieht verschiedene Konsequenzen nach sich. Ein schuldhafter Verstoß hiergegen stellt ein Dienstvergehen dar, das mit einer Disziplinarmaßnahme (z. B. Dienstlicher Verweis, Geldbuße, Strafarrest bis hin zu Beförderungsverbot, Degradierung oder Entfernung aus dem Dienstverhältnis) innerdienstlich geahndet werden kann, aber nicht muss. Bei leichten Verstößen kann auf die Tat mit einer Erzieherischen Maßnahme (EM) (z. B. Zurechtweisung, schriftliche Ausarbeitung oder Wiederholungsdienst) reagiert werden. In besonders schweren Fällen kann auch eine Wehrstraftat vorliegen. Verursacht die Missachtung der Gehorsamspflicht eine schwerwiegende Folge (Ungehorsam) oder wird der Gehorsam durch Wort und Tat verweigert (Gehorsamsverweigerung), kann die Tat mit Freiheitsstrafe geahndet werden. Wer einen Befehl nicht befolgt und dadurch wenigstens fahrlässig (§ 19 Abs. 1 WStG) oder leichtfertig (§ 21 WStG) eine schwerwiegende Folge (§ 2 Nr. 3 WStG) verursacht, wird wegen Ungehorsam mit Freiheitsstrafe bestraft. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren wird wegen Gehorsamsverweigerung bestraft, wer die Befolgung eines Befehls dadurch verweigert, dass er sich mit Wort oder Tat gegen ihn auflehnt oder wer darauf beharrt, einen Befehl nicht zu befolgen, nachdem dieser wiederholt worden ist (§ 20 Abs. 1 WStG). In den Fällen der §§ 19 bis 21 handelt der Untergebene gemäß § 22 Abs. 1 WStG nicht rechtswidrig, wenn der Befehl nicht verbindlich ist, insbesondere wenn er nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt ist oder die Menschenwürde verletzt oder wenn durch das Befolgen eine Straftat begangen würde. Dies gilt auch, wenn der Untergebene irrig annimmt, der Befehl sei verbindlich. Die Pflicht zum treuen Dienen aus § 7 SG kann auch durch eine Schlechterfüllung des Befehls verletzt werden.[18] Allgemein ist ein Soldat jedoch nur zur Dienstleistung bis an die Grenze seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit verpflichtet.[19] Befolgt ein Soldat einen rechtswidrigen Befehl in Kenntnis der Widerrechtlichkeit, ohne dass ihm eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben droht, kann er sich später nicht auf den so genannten Befehlsnotstand berufen, mit dem nach dem Zweiten Weltkrieg viele Kriegsverbrecher versucht hatten, ihre Verbrechen zu rechtfertigen. Wenn der Soldat dagegen nicht erkennt, dass es sich um eine rechtswidrige Tat handelt, führt ein Handeln auf Befehl gemäß § 5 WStG zu einem Entschuldigungsgrund. Befehlsverantwortung InternationalIn der Schweizer Armee sind Befehl und Gehorsam der deutlichste Ausdruck der militärischen Führung. Geregelt ist der Befehl im Dienstreglement der Armee (DRA), das den Begriff jedoch nicht legaldefiniert. Nach Art. 20 Abs. 2 DRA erfolgen Befehle, Meldungen, Anträge und Gesuche auf dem Dienstweg. Gemäß Art. 21 Abs. 1 DRA haben Vorgesetzte und die von ihnen beauftragten Führungsgehilfen das Recht und die Pflicht, Befehle in Dienstsachen zu erteilen. Die Unterstellten sind zu Gehorsam verpflichtet. Befehlsgeber dürfen nach Art. 79 Abs. 3 DRA keine Befehle erteilen, die darauf abzielen, die Menschenwürde zu verletzen. Ranghöhere, die nicht zugleich Vorgesetzte sind, haben in fremden Kommandobereichen keine Befehlskompetenz (Art. 22 Abs. 4 DRA). Der Tagesbefehl regelt für den einzelnen Diensttag die Tätigkeiten der Truppe. Er muss allen Angehörigen der betreffenden Formation zugänglich sein. Er soll nur ausnahmsweise abgeändert werden (Art. 46 Abs. 1 DRA). Der Einsatzbefehl für den Wachtdienst regelt im Einzelnen den Auftrag, die Rechte und Pflichten der Wache (Art. 75 Abs. 1 DRA). Die Angehörigen der Armee sind ihren Vorgesetzten und anderen Befehlsbefugten in Dienstsachen zu Gehorsam nach Art. 80 Abs. 1 DRA verpflichtet. Sie müssen deren Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und zeitgerecht ausführen. Im österreichischen Bundesheer ist die Befehlsmacht in den Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV) geregelt. Befehl sind nach § 2 Nr. 4 ADV „alle von Vorgesetzten gegenüber Untergebenen getroffenen Anordnungen (Gebote und Verbote) zu einem bestimmten Verhalten“. Nach § 2 Nr. 5 ADV ist „Vorgesetzter, wem auf Grund besonderer Anordnung (Gesetze, Verordnungen, Organisationsvorschriften, Dienstanweisungen und Befehle) das Recht der Befehlsgebung gegenüber jenen Soldaten zusteht, die auf Grund dieser Anordnung an seine Befehle gebunden sind (Untergebene)“. Gemäß § 6 Abs. 1 ADV darf der Vorgesetzte nur solche Befehle erteilen, die im Zusammenhang mit dem Dienst stehen. Wenn es der Dienst erfordert, ist er zur Befehlsgebung verpflichtet. Befehle, die die Menschenwürde verletzen oder deren Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde, dürfen nicht erteilt werden. Befehle sind so zu formulieren, dass sie leicht erfasst werden können. Bestehen Zweifel, ob der Wortlaut eines Befehls vom Befehlsempfänger richtig verstanden wurde, ist anzuordnen, dass dieser den Wortlaut zu wiederholen hat. Sind in einem Befehl mehrere Anordnungen enthalten, so ist eindeutig festzulegen, welcher Anordnung der Vorrang gebührt (§ 6 Abs. 4 ADV). Nach § 7 Abs. 1 ADV ist jeder Untergebene seinen Vorgesetzten gegenüber zu Gehorsam verpflichtet. Er hat die ihm erteilten Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und pünktlich auszuführen. Das Befehlsrecht ist auch im angloamerikanischen Bereich (englisch order) und in der NATO weitgehend vereinheitlicht. Liegt ein Befehl des NATO-Militärausschusses dem nationalen Befehlshaber vor, so muss dieser den Befehl zunächst auf die Übereinstimmung mit nationalen und völkerrechtlichen Verpflichtungen überprüfen, bei Übereinstimmung freigeben und an den nationalen Befehlshaber seiner Truppe weitergeben.[20] Die deutschen und anderen NATO-Streitkräfte unterstehen dem NATO-Befehlshaber nicht im Sinne des Befehlsverhältnisses aus § 11 Abs. 1 SG, sondern haben nur den Befehl zur Zusammenarbeit mit der NATO.[21] Siehe auchLiteratur
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Einzelnachweise
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