Rüddingshausen liegt an der Kreuzung der Landesstraßen L 3125 und L 3126 etwa 3,5 km nordöstlich von Kesselbach im Tal des Kesselbachs, einem Zufluss der Lumda. Das Dorf liegt im „Drei-Kreise-Eck“ der Landkreise Gießen, Marburg-Biedenkopf und dem Vogelsbergkreis und wird oft als das „nördlichste Dorf“ im Landkreis Gießen bezeichnet. Legt man jedoch die Lage im Bezug auf den Breitengrad zugrunde, so trifft die Bezeichnung wohl mehr für das weiter westlich und etwas nördlicher gelegene Winnen zu. Direkte Nachbardörfer sind Wermertshausen (Landkreis Marburg-Biedenkopf) im Nordwesten, Deckenbach (Vogelsbergkreis) im Nordosten, sowie die im Landkreis Gießen gelegenen Dörfer Weitershain im Südosten und Odenhausen (Lumda) im Südsüdwesten.
Nordöstlich des Ortes befand sich der wüst gegangene Ort Frankenhausen. ▼50.697116768.940648227[3]
Geschichte
Historische Namensformen
In erhaltenen Urkunden wurde Rüddingshausen unter den folgenden Ortsnamen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1]
Rudingeshusin, in villa (1288) [Nassauisches Urkundenbuch 1,1, S. 643–644, Nr. 1088]
Rudinchishusin, in (1305) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 2, Nr. 87]
Rudingeshusen, de (1313) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 2, Nr. 218]
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Rüddingshausen erfolgte 1288. Das genaue Alter des Dorfes ist nicht genau bekannt. Rüddingshausen hat wahrscheinlich schon zu fränkischer Zeit bestanden und gehörte zur Mark Londorf.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Rüddingshausen:
„Rüdingshausen (L. Bez. Grünberg) evangel. Filialdorf; liegt 2 St. von Grünberg, an der Churhessischen Grenze, und gehört der Freiherrlichen Familie von Nordeck zur Rabenau. Der Ort hat 123 Häuser und 725 Einwohner, die außer 38 Juden evangelisch sind, und unter denselben sind 75 Bauern, 18 Handwerker und 45 Taglöhner. Man findet 1 Kirche, 1 Schulhaus und 1 Hof, welcher der Freiherrl. Familie von Nordeck zur Rabenau gehört. Diese Familie hat 1822 einen Theil der patrimonialgerichtsherrlichen Gerechtsamen an den Staat abgetreten. Das Dorf gehörte im 15 Jahrhundert zur Londorfer Mark.“[4]
Die ursprüngliche Filialkirche war nach den Beschädigungen des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1667 erneuert worden. Sie verfiel dann und wurde abgebrochen. An gleicher Stelle entstand 1768 die heutige Evangelische Kirche Rüddingshausen mit dreiseitigem Schluss und Turmkreuz. Seit dem Frühjahr 2015 wird die Kirche einer äußeren und inneren Komplett-Sanierung unterzogen, welche voraussichtlich Anfang Dezember 2016 beendet sein wird.
Wirtschaftsgeschichte
In Rüddingshausen entstand im Laufe der 1840er Jahre durch die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse die Besenbinderei als eine Art Kleinindustrie. Hierzu verwendete man Birkenreisig, band es zusammen und verkaufte die Besen. Noch heute nennt der Volksmund die Bevölkerung von Rüddingshausen "die Bease" – die Besen.
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Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Rüddingshausen angehört(e):[1][8][9]
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen, Gemeinde Rabenau
ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis, Gemeinde Rabenau
ab 1979: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen, Gemeinde Rabenau
ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Gießen, Gemeinde Rabenau
Gerichte seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Rüddingshausen das „Patrimonialgericht der Freiherren Nordeck zur Rabenau“ in Londorf zuständig.
Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. 1822 traten die Freiherren Nordeck zur Rabenau ihre Rechte am Patrimonialgericht Londorf an das Großherzogtum Hessen ab.[16] „Landgericht Grünberg“ war daher von 1822 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Rüddingshausen zuständig war.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Grünberg“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[17] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Grünberg, Rüddingshausen wurde dem Amtsgericht Gießen zugelegt.[18]
Zwischen dem 1. Januar 1977 und 1. August 1979 trug das Gericht den Namen „Amtsgericht Lahn-Gießen“ der mit der Auflösung der Stadt Lahn wieder in „Amtsgericht Gießen“ umbenannt wurde. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag, dem 9. Mai 2011, in Rüddingshausen 912 Einwohner. Darunter waren 12 (1,3 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 135 Einwohner unter 18 Jahren, 369 zwischen 18 und 49, 219 zwischen 50 und 64 und 189 Einwohner waren älter.[19] Die Einwohner lebten in 357 Haushalten. Davon waren 78 Singlehaushalte, 102 Paare ohne Kinder und 144 Paare mit Kindern, sowie 30 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 72 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 222 Haushaltungen lebten keine Senioren.[19]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Gemeinde Rabenau[2]; Zensus 2011[19]
Erwerbspersonen: 213 Land- und Forstwirtschaft, 189 Produzierendes Gewerbe, 28 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 34 Dienstleistungen und Sonstiges.[1]
Politik
Für Rüddingshausen besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Rüddingshausen) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7]
Der Ortsbeirat besteht aus sieben Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 63,76 %. Dabei wurden gewählt: ein Mitglied der CDU und sechs Mitglieder der Liste „Bürger für Rabenau“ (GfRab).[22] Der Ortsbeirat wählte Björn Zimmer (GfRab) zum Ortsvorsteher.[23]
Rüddingshausen ist in 2008 der erste Ort im Landkreis Gießen gewesen, in dessen Gemarkungsbereich Windkraftanlagen errichtet wurden. Nach den anfänglichen vier Anlagen erzielen die mittlerweile vorhandenen sieben Anlagen eine Gesamtleistung von 7,9 MW. Bei einem angenommenen durchgängigen 24-stündigen Betrieb könnten diese Anlagen somit 69.204.000 kWh elektrische Energie pro Jahr zur Verfügung stellen.
↑Gemeindegebietsreform in Hessen; Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 21. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.3, S.84, Punkt 93 Abs. 22 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0MB]).
↑Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC180532844, S.308.
↑ abHauptsatzung. (PDF; 21 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Rabenau, abgerufen im November 2021.
↑Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.12ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.6 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.413 (online bei Google Books).
↑
Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr.8, S.121ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2MB]).
↑
Die Abtretung der Patrimonal-Gerichtsame der Freiheeren von Nordeck zur Rabenau in dem Lohndorfer Grund, zur Ausübung durch den Staat betr. vom 4. März 1822. In: Großherzogliches Ministeriums des Inneren und der Justiz (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1822 Nr.15, S.179 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 36,0MB]).
↑Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8MB]).