SturzkampfflugzeugSturzkampfflugzeuge (meistens als Sturzkampfbomber, Sturzbomber oder Stuka bezeichnet) waren relativ leichte Kampfflugzeuge (meist einmotorige Bomber), die im Gegensatz zu den mehrmotorigen Horizontalbombern üblicherweise mit leichteren Bombenladungen bestückt waren, um damit im Sturzflug Punktziele angreifen zu können. Durch den Sturzflug erreichte man eine höhere Treffergenauigkeit. Zu den bevorzugten Angriffszielen gehörten vor allem Bunkeranlagen oder Schiffe, aber auch unbefestigte Ziele wie Industrieanlagen, Truppenansammlungen und -kolonnen. Die ersten Einsätze mit spezialisierten Flugzeugen dieser Art fanden im Spanischen Bürgerkrieg statt, danach vor allem zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Mit der Bezeichnung Stuka wird in der Regel (insbesondere auf Englisch) das deutsche Sturzkampfflugzeug Junkers Ju 87 assoziiert, das zu Anfang des Zweiten Weltkrieges massiv eingesetzt und in der Folge zum bekanntesten Flugzeug dieses Typs wurde. PrinzipDer Name rührt aus der Art und Weise her, wie Angriffe auf feindliche Ziele stattfanden. Im Sturzflug von 70° bis 90° Neigung stürzten sich diese Flugzeuge üblicherweise aus mehreren tausend Metern Höhe auf ihre Ziele herab, dabei wurde mit dem Sturzkampfflugzeug selbst das Ziel anvisiert. Dadurch konnten die Bomben vergleichsweise zielgenau abgeworfen werden (siehe Skizze). Die Geschwindigkeit des Sturzfluges wurde durch spezielle Bremsklappen reduziert, damit die Wendigkeit der Maschine erhalten blieb und die Piloten auch sich bewegende Ziele im Visier halten konnten. Etwa tausend Meter über dem Ziel wurde dann die Bombenladung abgeworfen und die Maschine bis etwa 500 m über dem Boden abgefangen. Später wurden durch verbesserte Zieleinrichtungen flachere Sturzflüge mit Bombenabwurf erst kurz nach Einleiten der Abfangkurve ermöglicht. Das Abfangen beziehungsweise der Flug in der Abfangkurve war der gefährlichste Teil des Sturzflugs, weil er körperlich durch die starken Beschleunigungskräfte am belastendsten war. Es wird berichtet, dass manche Piloten für Sekunden in Ohnmacht fielen. Um daraus resultierende Unfälle zu vermeiden, waren die Flugzeuge mit einer Abfangautomatik (auch Sturzflugautomatik genannt) ausgestattet. Zusammen mit dem Bombenwurf wurden die Bremsklappen eingefahren, und das Höhenruder nahm eine voreingestellte Position ein. Die Maschine beendete so auch ohne Zutun des Piloten den Sturzflug. GeschichteDie AnfängeIn der deutschen Luftwaffe wurde die Idee der Sturzkampftaktik von Ernst Udet (1896–1941) populär gemacht, der dieses Konzept in den frühen dreißiger Jahren in den USA kennengelernt hatte. Die von Sturzkampfflugzeugen mit einfachen Zielgeräten erreichte Treffgenauigkeit übertraf die mit den jeweils modernsten Bombenzielgeräten aus dem Horizontalflug erreichbaren Treffgenauigkeiten bei weitem, allerdings war der Einsatzradius der einmotorigen Maschinen beschränkt. Zudem waren die Anforderungen an die Piloten sehr hoch: Udet, selbst ein herausragender und risikofreudiger Flieger, wurde oft vorgeworfen, die Piloten mit der Konstruktion insbesondere der Ju 87 überfordert und hohe Verluste verantwortet zu haben. Als erstes einsatzfähiges deutsches Sturzkampfflugzeug gilt die Henschel Hs 123 (1935–1937), die noch als Doppeldecker ausgelegt war und auch neben den ersten Versionen der Junkers Ju 87 (1937 bis 1944) im Spanischen Bürgerkrieg zum Einsatz kam. Zweiter WeltkriegEinsatz in EuropaSturzkampfflugzeuge, kurz Stuka, des Typs Junkers Ju 87 bildeten neben den Panzerverbänden das Rückgrat des deutschen Blitzkriegs im Zweiten Weltkrieg. Die deutschen Stukas erreichten eine hohe Zielgenauigkeit und waren ab dem verbesserten B-Modell mit einer Fahrtwindsirene (auch „Lärmgerät“ genannt) ausgestattet, die im Sturzflug einen schrillen, kreischenden Ton erzeugte, der eine immense psychologische Wirkung auf die gegnerischen Soldaten am Boden ausübte. Marc Bloch, der im Ersten Weltkrieg gekämpft hat, beschreibt den Eindruck während des Krieges 1940 in Nordfrankreich so: „Wer wird, nachdem er es einmal gehört hat, je das Heulen der Flugzeuge vergessen, wenn sie vor dem Bombenabwurf im Sturzflug herabstoßen? Dieser langanhaltende, gellende Ton war nicht nur grauenhaft, weil man die Bilder von Tod und Zerstörung mit ihm assoziierte. Schon er selbst, seine – wenn ich so sagen darf – rein akustischen Qualitäten waren dazu angetan, den Menschen erstarren zu lassen und in Panik zu versetzen.“[1] Nach großen Erfolgen mit der „Ju 87 Stuka“ zu Kriegsbeginn wurde im Reichsluftfahrtministerium (RLM) angeordnet, dass alle neuen Bomber und Schlachtflugzeuge sturzkampftauglich sein müssten. Daraus resultierten viele Probleme bei nachfolgend neu eingeführten Flugzeugtypen wie der zweimotorigen Dornier Do 217 oder gar der viermotorigen Heinkel He 177. Der erste zweimotorige deutsche Bomber mit Sturzfähigkeit, die Junkers Ju 88, konnte sich indes aufgrund ihrer robusten Konstruktion einigermaßen in dieser Rolle bewähren, war jedoch im Einsatz als Horizontalbomber eindeutig besser. Die Ju 87 konnte allerdings nur bei Luftüberlegenheit eingesetzt werden. Ihre relativ niedrige Geschwindigkeit machte sie zum leichten Ziel für gegnerische Jagdflugzeuge. Deshalb wurden die Ju 87 ab 1943 nach und nach durch Jagdbomber ersetzt, blieben aber für nächtliche Angriffe (Nachtschlachtflugzeug) bis zum Kriegsende im Einsatz. Für Nachteinsätze war die Langsamkeit von Vorteil, alliierte Nachtjäger konnten kaum so langsam fliegen, um genug Zeit für Ortung und Abschuss zu haben. Am 10. April 1940 konnte erstmals durch Sturzkampfflugzeuge ein größeres Kriegsschiff versenkt werden. Der deutsche Leichte Kreuzer Königsberg lag im Hafen von Bergen vor Anker, als er durch britische Blackburn Skua angegriffen und so schwer beschädigt wurde, dass er drei Stunden später sank.[2] Einsatz im PazifikAuf dem pazifischen Kriegsschauplatz spielten besonders trägergestützte Sturzkampfflugzeuge eine entscheidende Rolle in vielen See-Luft-Schlachten. Die Japaner bauten nach Auswertung einiger deutscher Maschinen eine Reihe dieser Flugzeuge für die Kaiserlich Japanische Marineluftwaffe, während die Heeres-Luftstreitkräfte von dieser Idee nicht zu begeistern waren und zu keiner Zeit Sturzkampfflugzeuge in ihrem Einsatzbestand führten. Bombentreffer durch japanische Marine-Sturzkampfflugzeuge des Typs Aichi D3A Kanbaku trugen zur Versenkung vieler Schiffe beim Angriff auf Pearl Harbor bei. US-amerikanische Sturzkampfflugzeuge des Typs Douglas SBD Dauntless konnten unter anderem vier japanische Flugzeugträger in der Schlacht von Midway versenken. Eine Besonderheit stellte die japanische Aichi B7A Ryusei dar, die von Anbeginn aufgrund knapper werdender Ressourcen auch für den Einsatz als Torpedobomber (d. h. sozusagen für eine Doppelrolle) entworfen wurde. Diese leistungsstarke Maschine war eines der wenigen Sturzkampfflugzeuge, das ohne Probleme auch Angriffe aus der Horizontalen fliegen konnten. Die ab Mai 1944 gebaute B7A, die aufgrund der Kriegslage in nur 114 Exemplaren fertiggestellt werden konnte, bewährte sich im Einsatz sehr gut. Im letzten Jahr des Pazifikkrieges wurden Sturzkampfflugzeuge auf japanischer Seite zunehmend auch für Kamikaze-Einsätze – aus dem Sturzflug – verwendet. Besondere Erwähnung verdient hier die Yokosuka D4Y Suisei, die für ein Sturzkampfflugzeug sehr schnell war. Allerdings operierte diese in ihrer eigentlichen Rolle aufgrund fehlender Panzerung für den Piloten und selbstabdichtender Tanks etwas glücklos, war aber als Kamikaze-Flugzeug recht erfolgreich und beschädigte diverse US-Kriegsschiffe schwer. Rolle nach 1945Mit Ende des Zweiten Weltkriegs, dem Aufkommen strahlgetriebener Kampfflugzeuge (die innerhalb weniger Jahre die herkömmlichen Propellerflugzeuge nahezu völlig verdrängen sollten), verbesserter Flugabwehr und selbststeuernder Bomben wurden spezialisierte Sturzkampfflugzeuge überflüssig. Jagdbomber verwenden aber weiterhin prinzipiell ähnliche Angriffsverfahren aus dem Sturzflug oder aus dem Abfangen. Liste von SturzkampfflugzeugenAnmerkung: In einigen Fällen wurden auch Flugzeuge, die nicht als Sturzkampfflugzeuge konzipiert waren, als solche eingesetzt. Besonders erwähnenswert sind hierbei das italienische Angriffsflugzeug Breda Ba.65 Nibbio („Habicht“) sowie das japanische Jagdflugzeug Nakajima Ki-84 Hayate („Sturmwind“ – Alliierter Codename: Frank).
Siehe auchLiteratur
WeblinksCommons: Dive bombing – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Stuka – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Sturzkampfflugzeug – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Einzelnachweise
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