TaschenrechnerEin Taschenrechner ist eine tragbare, handliche elektronische Rechenmaschine, mit deren Hilfe numerische Berechnungen ausgeführt werden können. Einige neuere technisch-wissenschaftliche Taschenrechner beherrschen auch symbolische Mathematik mittels eines Computeralgebrasystems (CAS), können also etwa Gleichungen umstellen oder lösen. Praktisch alle heutigen Taschenrechner verwenden elektronische Integrierte Schaltungen und LC-Displays als Anzeige und werden von einer Batterie oder Solarzelle mit Strom versorgt. GeschichteBereits vor der Einführung der elektronischen Taschenrechner gab es einen Bedarf nach tragbaren Rechenhilfen. Dieser wurde mit mechanischen Taschenrechnern und Rechenschiebern (auch in Form von Rechenscheiben) befriedigt. Meist handelte es sich dabei um einfache Addiermaschinen. Auch Vier-Spezies-Maschinen – also Rechenmaschinen, die Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division beherrschten – gab es in taschentauglicher Größe. Bekanntestes Beispiel ist die Curta, die von 1940 bis 1970 hergestellt wurde. Vorläufer der elektronischen Taschenrechner waren elektronische Tischrechner, bei denen der Integrationsgrad der Schaltungstechnik noch geringer war und die deshalb größere Abmessungen hatten. Der erste elektronische, tatsächlich handflächengroße Taschenrechner wurde 1967 von Texas Instruments entwickelt,[1] wobei ein Patent von Jack Kilby das Design umfangreich darstellt.[2] Ein Prototyp dieses ersten Taschenrechners ist heute in der Smithsonian Institution ausgestellt. Auch dieser lief schon mit Batterien, frühere Rechner benötigten einen Stromanschluss. Die ersten kommerziell vertriebenen Taschenrechner wurden 1969 und 1970 von der kalifornischen Firma Compucorp sowie den japanischen Firmen Sanyo, Sharp und Canon hergestellt. Intel entwickelte für die japanische Firma Busicom einen der ersten Mikroprozessoren, den Intel 4004, der 1971 auf den Markt kam und in dem Modell Busicom 141-PF verwendet wurde. Ebenfalls 1971 stellte Bowmar den ersten in den USA erhältlichen Taschenrechner her (Bowmar 901B/„Bowmar Brain“, Maße: 131 mm × 77 mm × 37 mm). Er hatte vier Funktionen und ein achtstelliges rotes LED-Display. Verkauft wurde er für 240 US$. Als erster Taschenrechner, der mit einem Verkaufspreis von 10.000 Yen für die breite Masse erschwinglich war, gilt der 1972 veröffentlichte Casio Mini.[3] 1972 brachte Texas Instruments den Taschenrechner SR 10 mit dem eigenen Mikroprozessor TMS1000 heraus. Diese Taschenrechner verfügten über wenig mehr als die vier Grundrechenarten. 1972 erschien mit dem HP-35 von Hewlett-Packard der erste technisch-wissenschaftliche Taschenrechner mit trigonometrischen, logarithmischen und Exponentialrechnungs-Funktionen. Er wurde ein Verkaufserfolg und leitete das Ende der damals noch weit verbreiteten Rechenschieber ein. Einer seiner Entwickler war Steve Wozniak, der wenige Jahre später das Unternehmen Apple mitgründete und als Computeringenieur die Entwicklung des Personal Computers maßgeblich beeinflusste. Vor allem Hewlett-Packard und Texas Instruments entwickelten ab 1974 auch programmierbare Taschenrechner. Ende der 1980er Jahre kamen die ersten grafikfähigen Taschenrechner (GTR) auf den Markt. UnterscheidungsmerkmaleTastaturDie Dateneingabe erfolgt bei den meisten Taschenrechnern mit dem Finger über kleine Drucktasten. Das Tastaturlayout ist von der Variante des Rechners abhängig. Manche Geräte sind mit einer alphanumerischen Tastatur ausgestattet. Die folgenden Tasten sind auf vielen Taschenrechnern mit algebraischer Eingabelogik zu finden:
Oft ist bei der C-Taste auch noch eine CE-Taste zu finden: Clear Entry; (nur letzte Eingabe löschen). EingabelogikJe nach Art des Rechners ist für die Berechnung der gleichen Funktion eine unterschiedliche Eingabe erforderlich:
Varianten
Die meisten aktuellen Modelle enthalten mehrere der oben genannten Funktionsgruppen, vereinzelt sogar mit einer einfachen Tabellenkalkulation. Numerische GenauigkeitDer Anzeigebereich eines Taschenrechners legt den Umfang und die Genauigkeit der Zahlen fest, die angezeigt werden können. Intern werden die Rechnungen üblicherweise mit größerer Genauigkeit durchgeführt, angezeigt wird das jeweils gerundete Ergebnis. Grundsätzliche GenauigkeitSelbst bei ausschließlicher Verwendung der Grundrechenarten kann es zu Fehlern kommen, da einfache Taschenrechner mit Festkommazahlen und wissenschaftliche Taschenrechner mit Gleitkommazahlen arbeiten. Lässt man z. B. einen einfachen 8-stelligen Taschenrechner berechnen, so ist das Ergebnis 0 statt korrekt 0,1. In ähnlicher Weise führt bei einem wissenschaftlichen Taschenrechner mit 12-stelliger Mantisse die Berechnung von zum falschen Ergebnis 0 (statt korrekt ), weil der mittlere Summand kleiner als die Maschinengenauigkeit ist. Beide Beispiele zeigen ferner, dass Gesetzmäßigkeiten der Mathematik wie das Kommutativgesetz auf Taschenrechnern im Allgemeinen nicht mehr gültig sind; vertauscht man bei der Eingabe den zweiten mit dem dritten Summanden, so sind die Berechnungen in beiden Fällen korrekt. Speziell bei der Hintereinanderausführung von Berechnungen können sich die Fehler zu einem völlig unbrauchbaren Endergebnis akkumulieren. Bestimmung der RechengenauigkeitUm die interne Rechengenauigkeit näherungsweise zu bestimmen, kann man den Taschenrechner 8/7 berechnen lassen und von dem Ergebnis das angezeigte Ergebnis abziehen. Das daraufhin angezeigte Ergebnis enthält dann üblicherweise Ziffern, die nicht 0 sind. Die Anzahl dieser Ziffern gibt an, wie viele zusätzliche Stellen Rechengenauigkeit der Taschenrechner intern verwendet. Zum Beispiel ist bei wissenschaftlichen Taschenrechnern mit 10-stelliger Anzeige eine Rechengenauigkeit von 12 bis 13 Stellen üblich, typische moderne Computer haben eine Rechengenauigkeit von 15 bis 16 Stellen. Die Rechengenauigkeit exakt zu bestimmen, ist aufwendiger und erfordert Wissen darüber, wie der Taschenrechner intern rechnet. Üblicherweise werden die Zahlen als Gleitkommazahlen im Binärformat gespeichert, das bedeutet, dass schon bei der Ein- und Ausgabe von Zahlen Rundungsfehler auftreten können, insbesondere bei Zahlen, die nicht exakt im Binärsystem darstellbar sind. Angenäherte FunktionswerteAuch wenn heutige Taschenrechner im Regelfall kaum Programmfehler bei einfachen Berechnungen aufweisen, lassen sich zwischen verschiedenen Taschenrechnermodellen unterschiedliche Genauigkeiten und Auflösungen bei numerischen Berechnungen bestimmen. Die Gründe liegen in den numerischen Näherungsverfahren (beispielsweise Horner-Schema und CORDIC), mit denen beispielsweise transzendente Funktionen wie die Sinus-Funktion berechnet werden. Genauer gesagt kommt es auf die Anzahl der abgespeicherten Koeffizienten für die Funktionsapproximationen an: der dafür benötigte Speicherplatz war vor allem in der Anfangszeit ein extremer Engpass. Diese kleinen Unterschiede in den Verfahren und unterschiedliche Genauigkeiten lassen sich auch als Erkennungsmerkmal für eine bestimmte Firmware verwenden. Beispielsweise liefert die numerische Berechnung von sin(22) in Radiant auf verschiedenen Taschenrechnern folgende voneinander abweichende Ergebnisse:
Entwicklungen seit dem Jahr 2000
Zulassungsvorschriften an SchulenIn den Schulen haben sich diverse Abkürzungen für die jeweiligen Geräteklassen herausgebildet:
Situation in DeutschlandMit Beschluss vom 18. Oktober 2012 hat die Kultusministerkonferenz (KMK) Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife in verschiedenen Fächern, darunter im Fach Mathematik, eingeführt und damit für diese Fächer die Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (EPA) abgelöst. Das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) stellt im Auftrag der Kultusministerkonferenz einen Pool von Aufgaben zusammen, aus denen sich zukünftig Abiturprüfungen speisen sollen. In diesem Zusammenhang wurden Anforderungen zur Verwendung von digitalen Hilfsmitteln definiert.[4] Als digitale Hilfsmittel zugelassen sind ein „einfacher wissenschaftlicher Taschenrechner“ oder ein Computeralgebrasystem (CAS). Für jedes der beiden digitalen Hilfsmittel wird vorausgesetzt, dass es bei seiner Verwendung einen Zugriff auf Netzwerke jeglicher Art nicht zulässt. Die Ausführungen zum „einfachen wissenschaftlichen Taschenrechner“ entsprechen den Vorgaben der Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern. Nicht vorgesehen ist die Verwendung von programmierbaren Taschenrechnern. Ein Taschenrechner wird als programmierbar angesehen, wenn zusätzliche Routinen gespeichert werden können, die nicht zum ursprünglichen Funktionsumfang gehören. Abgesehen von Bayern und Baden-Württemberg sowie Berlin und Brandenburg erlauben die aktuellen Prüfungsbedingungen der übrigen Länder, sofern als digitales Hilfsmittel in der Abiturprüfung nicht GTR oder CAS vorgeschrieben sind, wissenschaftliche Taschenrechner, die in allen Punkten den Vorgaben des IQB widersprechen. Bei Computeralgebrasystemen wird vorausgesetzt, dass das CAS über typische Funktionen wie das algebraische Lösen von Gleichungen und Gleichungssystemen, Differenzieren und Integrieren, Rechnen mit Vektoren und Matrizen und dergleichen verfügt. Außerdem wird vorausgesetzt, dass das CAS vor seiner Verwendung in der Prüfung in einen Zustand versetzt wird, in dem ein Zugriff auf Dateien und Programme, die nicht zum Lieferumfang oder einem Systemupdate gehören, unterbunden ist. Die nachfolgende Tabelle wurde anhand der Angaben der Kultusministerien der Bundesländer entwickelt. Soweit diese nicht auffindbar waren, wurden die Angaben der verschiedenen Taschenrechnerhersteller[5][6] verwendet. Sie gibt die Gegebenheiten an Gymnasien hinsichtlich Zulassung in Prüfungen wieder, da der Einsatz im Unterricht aufgrund der pädagogischen Freiheit der Lehrkraft überall möglich ist.
Situation in ÖsterreichBis zur Einführung der Zentralreifeprüfung Mitte der 2010er-Jahre gab es keine bundesweit einheitlichen Bestimmungen zur Zulassung bestimmter Hilfsmittel zur Matura, da die Matura selbst dezentral, also von den Lehrkräften vor Ort, erstellt wurde. Die Entscheidung, ob ein bestimmtes Hilfsmittel zugelassen war oder nicht, oblag damit der jeweiligen Lehrkraft. Seit 2018 lauten die Mindestanforderungen an technische Hilfsmittel (wie etwa Taschenrechner; auch Computer sind zulässig) wie folgt:
Situation in der SchweizGegenwärtig gibt es weder schweizweite noch kantonsweite einheitliche Bestimmungen zur Zulassung bestimmter Hilfsmittel zur Maturitätsprüfung, da die Prüfung dezentral, sprich von den Lehrkräften selbst, erstellt wird. Die Entscheidung, ob ein bestimmtes Hilfsmittel zugelassen ist oder nicht, obliegt damit der jeweiligen Lehrkraft. Die üblichen Maturitätsprüfungen weisen zwei Teile auf, wobei der eine (mehrstündige, schriftliche) mit Taschenrechner, der andere (kurze, mündliche) Teil ohne Taschenrechner abgelegt wird. Die eidgenössische Maturitätsprüfung wird nur mündlich, ohne Taschenrechner, abgelegt. Bildergalerie
Taschenrechner als ProgrammNachdem Taschenrechner im (Berufs-)Leben zu einem verbreiteten Hilfsmittel geworden waren, wurde ihre Funktionalität in Computerprogrammen simuliert. Diese gehörten bald zur Grundausstattung von Betriebssystemen, etwa in Personal Computern und Mobiltelefonen. Einige klassische Taschenrechner können heute als App auf den Computer oder auf das Mobiltelefon geladen werden.[21] Daneben gibt es eine große Auswahl an Programmen, die komplexe Funktionalitäten wie Programmierbarkeit oder Umrechnung physikalischer Größen bieten. Literatur
WeblinksWiktionary: Taschenrechner – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Taschenrechner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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