Es gilt prinzipiell und grundlegend das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Das heißt, dass auch die Polizei Gewalt generell nur ausnahmsweise anwenden darf und nur dann, wenn sie eine polizeiliche Maßnahme auf andere Weise nicht durchsetzen kann.
Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung eines Amtsträgers auf Personen oder Sachen mit und ohne Hilfsmittel oder Waffen.
Einfache körperliche Gewalt bezeichnet dabei jede körperliche Gewalt ohne Hilfsmittel und ohne Waffen.[2][3]
Die Einwirkung auf Hals und Wirbelsäule ist verboten. Das lernen Polizisten im Einsatztraining. Die Gefahr von Wirbelverletzungen ist zu groß. Auch entsteht rasch ein Erstickungsrisiko. Die sogenannte Bauchlagenfesselung ist durch ministerielle Anordnungen untersagt. Dadurch, dass sich dabei ein Beamter auf den Rücken eines Gefesselten kniet, entsteht das Problem, dass dabei die Lunge gestaucht wird. Auch das „Nachtreten“ darf nicht passieren und ist als Körperverletzung im Amt strafbar.[4]
Dienstlich zugelassene Schusswaffen sind in der Regel mindestens Pistolen, Gewehre und Maschinenpistolen, in einigen Bundesländern ferner Revolver und Maschinengewehre (Bayern, Bundespolizei). Reizstoffe sind in einigen Bundesländern und beim Bund Waffen, in anderen Ländern (Bayern, Niedersachsen, Berlin) Hilfsmittel.
Sprengmittel sind in der Regel nicht als Waffen, sondern als Hilfsmittel eingestuft. Sprengmittel dienen zum Beispiel zum Öffnen von Türen; Handgranaten und andere explosive Gegenstände sind dagegen Waffen.
Elektroimpulswaffen bzw. Elektroschockpistolen (sogenannte Taser) werden derzeit nur in Bayern verwendet und dort als Waffe eingestuft, in Niedersachsen und Berlin werden Taser testweise verwendet und sind ebenfalls als Waffe eingestuft. In Hamburg sind Taser als Waffe eingestuft.
Unmittelbarer Zwang muss vorher rechtswirksam angedroht werden, sofern es die Umstände zulassen. Dies kann durch Ansprache oder eindeutige Gestik (bei Verständigungsschwierigkeiten) oder durch Abgabe eines Warnschusses erfolgen (Letzteres nur bei Schusswaffengebrauch).
Beamte der Bundesgerichte und der Behörden der Bundesjustizverwaltung im Vollzugs- und Sicherungsdienst
Personen, die durch die zuständigen Bundesbehörden mit vorgenannten Aufgaben betraut sind
Personen, die einer Bundesbehörde unterstehen und die Aufgaben der Strafverfolgung oder der Ordnungswidrigkeitenverfolgung wahrnehmen und im Vollzugsdienst stehen
Soldaten verbündeter Streitkräfte, die im Einzelfall zu militärischen Wach- und Sicherheitsaufgaben herangezogen wurden
zivile Wachpersonen, solange diese Wachaufgaben wahrnehmen und hierzu vom Bundesministerium der Verteidigung oder einer dazu ermächtigten Dienststelle der Bundeswehr beauftragt wurden
Beamte des Polizeivollzugsdienstes (Polizeivollzugsbeamte und die Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes) sowie gemeindliche Vollzugsbedienstete in ihrem Aufgabenbereich (§ 80 PolG)
Rechtsgrundlage: Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker (Unterbringungsgesetz)
Bedienstete in anerkannten Einrichtungen der Psychiatrie
Bedienstete, die als Vollstreckungsbeamte bestellt wurden
Rechtsgrundlage: Gesetzbuch über den Justizvollzug in Baden-Württemberg
Bedienstete der Justizvollzugsanstalten
Bedienstete der Jugendstrafanstalten
Rechtsgrundlage: Gesetz über die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes
Justizwachtmeister (als Waffen können nur Reizstoffe und Schlagstock zugelassen werden, es sind nur durch das Justizministerium zugelassene Hilfsmittel und Waffen zulässig)
Führungsdienstgrade der Feuerwehr oder von ihnen im Einzelfall beauftragte Mannschaftsdienstgrade; soweit Polizei nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht
Berlin
Rechtsgrundlage: Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG Bln)
Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und der Sicherungsverwahrung (Hamburgisches Strafvollzugsgesetz, HmbStVollzG; HmbGVBl. 2007, S. 471)
Vollzugsbedienstete, die nicht Polizeivollzugsbeamte sind, denen aber durch das Gesetz die Anwendung von unmittelbarem Zwang gestattet ist (§ 52 in Verbindung mit § 63 HSOG):
Bedienstete bei Fischerei- und Forstbehörden, die im Forst- oder Jagdschutz oder bei der Fischereiaufsicht tätig sind
Bedienstete, die besondere Aufgaben erfüllen und denen die Rechte von Polizeivollzugsbeamten zuerkannt sind (Schusswaffen nur nach Ermächtigung durch das zuständige Ministerium)
Hilfspolizeibeamte (Ordnungspolizeibeamte)
Bedienstete in Anstalten, in welchen eine Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird, gegen Personen, die entweder in der Anstalt untergebracht sind oder gegen Personen, die eine untergebrachte Person befreien wollen oder sich widerrechtlich in einer solchen Anstalt aufhalten (nur körperliche Gewalt und Hilfsmittel)
Bedienstete in einem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt gegen Personen, die aufgrund der Vorschriften der Strafprozessordnung einstweilig untergebracht sind oder gegen Personen, die eine solche Person befreien wollen (nur körperliche Gewalt und Hilfsmittel)
Bedienstete von Einrichtungen, in welchen Personen nach dem Gesetz über die Entziehung der Freiheit geisteskranker, geistesschwacher, rauschgift- oder alkoholsüchtiger Personen untergebracht sind (nur körperliche Gewalt und Hilfsmittel)
sonstige Personen, denen unmittelbarer Zwang gestattet ist (§ 52 HSOG)
Mecklenburg-Vorpommern
Rechtsgrundlage: Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern[10]
Polizeivollzugsbeamte (§ 103 Abs. 2 Nr. 1 SOG M-V)
andere Beamte und sonstige Bedienstete, die durch Verordnung der Landesregierung ermächtigt sind, unmittelbaren Zwang auszuüben (§ 103 Abs. 2 Nr. 2 SOG M-V in Verbindung mit § 1 der Landesverordnung zur Bestimmung von Vollzugsbeamten)[11]
Zum Schusswaffengebrauch sind gemäß § 107 SOG M-V ausschließlich befugt:
Polizeivollzugsbeamte,
Beamte und andere Bedienstete der Landesforstverwaltung, die im Forst- und Jagdschutz verwendet werden sowie bestätigte Jagdaufseher (§ 25 Landesjagdgesetz), sofern sie Berufsjäger oder forstlich ausgebildet sind,
Beamte und andere Bedienstete der Gerichte und Behörden der Justizverwaltung, die mit Sicherungs- und Vollzugsaufgaben betraut sind, jedoch nicht Gerichtsvollzieher.
mit polizeilichen Befugnisse ausgestattete Personen
von den Verwaltungsbehörden der Gefahrenabwehr gemäß der niedersächsischen Verordnung über Verwaltungsvollzugsbeamtinnen und Verwaltungsvollzugsbeamte (VollzBeaVO) bestellte Vollzugsbeamte, z. B. zu Vollzugsbeamten bestellte Mitarbeiter der Ordnungsämter, bestellte Feuerwehrleute
Vollzugsdienstkräfte sind u. a. Vollziehungsbeamte, Dienstkräfte der Ordnungsbehörden, Feuerwehrangehörige, mit Vollzugs-, Vollstreckungs- und Sicherungsmaßnahmen beauftragte Personen der Gerichte und Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten, Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, Fischerei- und Jagdaufseher, mit dem Forstschutz beauftragte Vollzugsdienstkräfte, Dienstkräfte der Katastrophenschutzbehörden
Rechtsgrundlagen: § 65 Abs. 4 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz und § 57 Abs. 3 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (RPf POG) in Verbindung mit § 205 Landesbeamtengesetz
Beamte der Schutzpolizei, der Kriminalpolizei, der Wasserschutzpolizei und der Bereitschaftspolizei
Kommunale Vollzugsbeamte und Hilfspolizeibeamte (§ 94 und § 95 POG)
Rechtsgrundlagen: § 65 Abs. 4 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz und § 25 des LBKG (Landesgesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz)
Der Einsatzleiter
Leitende Notärzte, Organisatorische Leiter Rettungsdienst, Feuerwehrangehörige, im Rettungsdienst eingesetztes Rettungsfachpersonal (Notfallsanitäter, Rettungssanitäter, etc.) sowie Helfer der Hilfsorganisationen, sofern der Einsatzleiter die notwendigen Maßnahmen nicht selbst veranlassen kann.
„Polizeibeamte dürfen Verkehrsteilnehmer zur Verkehrskontrolle einschließlich der Kontrolle der Verkehrstüchtigkeit und zu Verkehrserhebungen anhalten.“ (§ 36 Absatz 5 StVO)
Personen, die vom Träger einer Aufgabe besonders hierzu ermächtigt sind
„Für die Gefahrenabwehr sind die Ordnungsbehörden zuständig“ (§ 165 Abs. 1 LVwG) „Die Gefahrenabwehr wird ... von den Gemeinden, Kreisen und Ämtern ... wahrgenommen.“ (§ 162 Absatz 3 LVwG)
„Die für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr zuständigen Ordnungsbehörden sind unbeschadet der Zuständigkeit der Polizei befugt, die hierfür erforderliche Überwachung des Verkehrs vorzunehmen.“ (§ 165 Abs. 4 LVwG)
durch Rechtsverordnung des Innenministeriums generell ermächtigte Vollzugsbeamte[14]
Angehörige der Feuerwehr
Helfer des Katastrophenschutzes
Fischreiaufsichtsbeamte
Kontrollbeamte des Seefischereigesetzes
Aufsichtsbeamte des Fischetikettierungsgesetzes
Aufsichtsbeamte EU-Fischereipolitik
Mitarbeiter in Entziehungsanstalten und psychiatrischer Krankenhäuser, in denen behördlich/richterlich Untergebrachte sind
Mitarbeiter des Landesamtes für Ausländerangelegenheiten, die mit der Durchsetzung von Maßnahmen betraut sind
Der Schusswaffengebrauch steht nur besonders ermächtigten Beamten zu.
Ermächtigt sind (§ 256 Absatz 1 LVwG)
Polizeivollzugsbeamte
Beamten und anderen Bedienstete der Gerichte und Behörden der Justizverwaltung, die mit Sicherungs- und Vollzugsaufgaben betraut sind, jedoch keine Gerichtsvollzieher
Bedienstete im Jagd- und Forstschutz, sofern sie einen Diensteid geleistet haben oder eidlich verpflichtet oder amtlich bestätigt sind.
Der Gebrauch von Distanz-Elektroimpulsgeräten und Sprengmitteln steht ausschließlich Polizeivollzugsbeamten zu. (§ 256 Absatz 2 LVwG)
Vollzugsdienstkräfte gem. § 8 Thür. Ordnungsbehördengesetz i. V. m. der Thüringer Vollzugs-Dienstkräfte-Verordnung
Ihnen können die Zwangsbefugnisse nach den §§ 50 bis 53 des Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes – unter Ausschluss des Waffengebrauchs – erteilt werden.
Seit Inkrafttreten des Grundgesetzes muss gegen jede Form staatlichen Handelns effektiver Rechtsschutz gewährt werden (vgl. Art. 19 IV GG). Das Preußische Oberverwaltungsgericht nahm noch an, in der Ausübung unmittelbaren Zwangs liege eine konkludente Duldungsverfügung (d. h. ein Verwaltungsakt) gegenüber dem Bürger. Unmittelbarer Zwang konnte demnach mit den Rechtsmitteln angegriffen werden, die gegen Verwaltungsakte statthaft sind. Für diese Konstruktion, die auf dem Umstand beruhte, dass das preußische Verwaltungsprozessrecht lediglich Rechtsschutz gegen Verfügungen gewährte, besteht nach heute herrschender Meinung indes keine Notwendigkeit mehr.[16] Hiernach ist für Klagen, die sich lediglich gegen die Vollstreckung richten, die allgemeine Feststellungsklage die richtige Klageart.[17]
↑So Ralph Jessen, Polizei im Industrierevier: Modernisierung und Herrschaftspraxis im westfälischen Ruhrgebiet 1848–1914 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 91). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1991, S. 23.
↑Meyer: Ersatzvornahme und unmittelbarer Zwang im Verwaltungsrecht - Rechtsnatur und prozessuale Konsequenzen der Einordnung. In: Bonner Rechtsjournal. 2016, S.47–50.