Die Werra-Gäuplatten, auch Werra-Gäuflächen[1] oder Meininger Kalkplatten (s. u.) genannt, sind eine naturräumliche Haupteinheit im Süden Thüringens und im Norden Bayerns. Sie stellen die nördlichste Landschaft der Haupteinheitengruppe Mainfränkische Platten sowie der übergeordneten Großlandschaft (Großregion 2. Ordnung) Südwestdeutsches Stufenland dar.
Wie in allen als Gäue bezeichneten Landschaften steht in erster Linie Muschelkalk an.
Die Werra-Gäuplatten sind ein Muschelkalkgebiet, deren Hochebenen und leicht gewellte Berge eine Höhe zwischen 460 und 520 m über NN erreichen. Die Landschaft ist von zahlreichen tief eingeschnittenen Tälern bis zu 180 m Tiefe durchzogen. Höchste Erhebung ist der solitär stehende erloschene Vulkan Dolmar mit einer Höhe von 739,6 m über NN am nordöstlichen Rand des Naturraums. Ähnlich singulär überragen die Gleichberge (641 und 679 m) an der Südgrenze ihr Umland, werden jedoch bereits zur Haupteinheit Grabfeld gerechnet.
Im Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands wurden die Werra-Gäuplatten ursprünglich mit dem geologisch andersartigen (Keuper) Grabfeld zu Haupteinheit 138 zusammengefasst.[3] Dieses war vor allem der Tatsache geschuldet, dass das dekadische System nur zehn Haupteinheiten (dreistellig) pro Gruppe (zweistellig) zuließ.
In den Arbeiten zu den Einzelblättern 1:200.000 wurde davon jedoch wieder Abstand genommen und per tiefergestellter Nachziffer wurde das Grabfeld zu Haupteinheit 1381, die Gäuplatten zu 1382.
Keine naturräumliche Feingliederung erfolgte nördlich des Breitengrades 50°30'. Dieses hängt zum einen damit zusammen, dass der Kartenausschnitt von Blatt 1266 Fulda (Werner Röll 1969) die westlichsten Platten (Leite, Westrand der Dreißigackerer Platte) zwar knapp enthält, dort jedoch keine Grenzen zur Rhön eingezeichnet sind und auch im Textteil die Einheit nicht erwähnt wird.[4] Insbesondere aber hatte man, aufgrund des inzwischen erfolgten Mauerbaus, nach einigen Jahren Bedenkzeit in den Jahren bis 1968/9 beschlossen, auf die Erstellung von Kartenblättern auf dem Gebiet der damaligen DDR, insbesondere auf Blatt Gotha, zu verzichten.
Folgende Unter-Naturräume sind auf Blatt 141 Coburg (Heinz Späth 1987) ausgewiesen:[5]
Der Bibraer Sattel war in der ursprünglichen Kartierung des Handbuchs der naturräumlichen Gliederung Deutschlands als Teil der Einheit Rhön angesehen worden.
Haselbach, Mündung südlich von Haselbach – trennt an der Wasserscheide zur Herpf nur halbseitig eine Platte ab, die jedoch durch eine tiefe Scharte (auf 438 m) abgetrennt ist
Talungen rechts der Werra, flussabwärts:
Helba, Mündung unterhalb von Helba im Norden Meiningens – platteninternes Gewässer; zertalt, aber schneidet keine komplette Platte ab
Weißbach, Mündung bei Themar – rahmt, zusammen mit der Werra oberhalb, die Platten von Osten
Gliederung in Platten
In Ergänzung zu den Einheiten auf Blatt Coburg zerfallen die Gäuplatten durch die o. g. Trennsenken in die folgenden Platten und Höhenzüge (im Uhrzeigersinn, begonnen im Südosten):
Nicht alle gelisteten Platten gehören zwingend zu den Werra-Gäuen, unzweifelhaft aber die vier Hauptplatten, die Hildburghäuser Berge und die Langen Berge.
Der Bibraer Sattel mit seinen Schichtfolgen aus Buntsandstein und Muschelkalk ist eher Teil des Östlichen Rhönvorlands, was auch der Zuordnung im Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands (Karte von 1954) entspricht.[6] Heinz Späth hat auf Blatt Coburg ausgerechnet die Muschelkalkberge des Westflügels noch dem Rhönvorland zugeschlagen, den Buntsandsteinsaum und den noch etwas höheren Ostflügel, welcher noch deutlicher von den Gäuen abgesetzt ist, höhere Höhen erreicht und ein im Vergleich zu den eigentlichen Plattenrändern weicheres Relief aufweist, nicht.[5] Von der zerfallenen Südwestplatte sind Stillberg und Zehnerberg typische Randplatten, der zentrale Fritzenbergkamm verlängert jedoch die Kammlinie von Wolfsberg (505,2 m) und Henneberg (527 m) im Rhönvorland und ist der einzige ausgeprägte Kamm der Platten. Späth hat laut Kartierung entsprechend den Heiligen Berg (530,0 m), den südwestlichsten Teil des Fritzenberg-Kamms, dem Rhönvorland zugerechnet[5] und damit mindestens den hinter einer Scharte auf 482 m knapp höheren Fritzenberg, nördlich seines Kartenausschnitts, ebenfalls. Eine mögliche Abgrenzung, die nicht den kompletten Kamm zum Rhönvorland zählen würde (und die Rahmung des Werratals den Gäuen überließe), wäre die Scharte auf 432 m zum Spielberg (478,1 m).
Die Kartierung von 1954 zählt auch die Leite zur Rhön-Einheit;[6] geomorphologisch ist sie eine typische Randplatte bzw. ein Zeugenberg der Gäue. Andererseits formt sie mit den 639 m hohen Rhönkegeln Neu- und Hutsberg bzw. mit deren Muschelkalksockel eine Randbucht der Herpf gegenüber der Geba. Den Feldstein wiederum zählt die Handbuchkartierung von 1960, anders als die von 1954, tendenziell zum Vorland des Thüringer Waldes – allerdings ist deren Maßstab sehr grob und die eingezeichnete Haupteinheitengruppengrenze so dick, dass die Zuordnung nicht zwingend so gemeint ist; im Textteil (2. Lieferung 1955) werden keine feineren Teillandschaften beschrieben.[6]
Einordnung nach TLUG
Im rein innerthüringischen System Die Naturräume Thüringens der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) werden die Werra-Gäuplatten – bzw. ihr thüringischer Anteil – in fast unveränderten Grenzen als Meininger Kalkplatten ausgewiesen. Einzige Abweichung ist der östlich der Bibra befindliche Südostteil des Bibraer Sattels, der insofern das Östliche Rhönvorland fortsetzt, als auf ihm in nicht geringen Anteilen Buntsandstein ansteht.[7][8] Dieser wurde der Einheit Lengsfeld-Zillbach-Bauerbacher Buntsandstein-Waldland zugerechnet.[9]
Folgende Berge oder Gipfel der Werra-Gäuplatten sind erwähnenswert (in Klammern Höhen über NHN, Dominanz und Prominenz; Scharten, von Einzelfällen abgesehen, aus Höhenlinien und damit nur auf einige Meter genau; höchste Höhen innerhalb einer Platte fett):[10]
Drosselleite (563,7 m; 1,0 km zu Dolmar-Nordwestfuß; 30 m); ostsüdöstlich von Metzels – Meiningen-Kühndorfer Platte (Nordrand)
Feldstein (552,3 m; 3,3 km bis zum Südhang des Schneebergs, THW-Vorland; 61,3 m); nordwestlich von Lengfeld; Scharte zum THW-Vorland unmittelbar nördlich auf 491,0 m – Feldsteinmassiv
Dürrenberg (548,5 m, nach Höhenlinien über 550 m; 0,8 km zu Drosselleite-Vorgipfel; 39 m); südlich von Metzels – Meiningen-Kühndorfer Platte (Nordrand)
Großkopf (535,9 m; 4,8 km zum Dietrichsberg; 112 m); nördlich von Westenfeld; Scharte zum Dietrichsberg auf 424 m – östlicher Bibraer Sattel (Kamm im Südwesten)
Fritzenberg (534,2 m; 5,6 km zur Hohen Schule; 118 m); nordwestlich von Bauerbach; Scharte zur Hohen Schule auf 416 m – Fritzenberg-Kamm, südwestliche Platte
Buchberg (523,1 m; 1,6 km zur Leite; 85 m); südöstlich Gleimershausens; Scharte zur Leite an der Kreisstraße nordwestlich von Gleimershausen auf 438 m – Dreißigackerer Plateau (Südrand)
Hausberg (Katzenlöcher: 515,8 m; 2,3 km zum Fritzenberg-Kamm; 96 m); südlich von Bauerbach; Scharte zu Burg Henneberg auf 420 m – westlicher Bibraer Sattel (Westteil)
Laubberg (515 m; 1,5 km zum Häselriether Berg im SO; 52 m); Werratal südlich von Ebernhards – Hildburghäuser Muschelkalkberge
Ransberg (514,0 m; 1,0 km; 55 m); westlich von Bibra; Scharte zu Hausberg auf 459 m – westlicher Bibraer Sattel (Ostteil)
Höhnberg (513,3 m; 1,6 km zum Laubberg im SO; 65 m); Werratal südlich von Reurieth, Reuriether Felsen – Hildburghäuser Muschelkalkberge (Nordwestende)
Iltenberg (512,0 m; 4,7 km zum Ermelsberg; 55 m); Werratal nordwestlich Grimmelshausens; Scharte zum Ermelsberg auf 457 m nordwestlich Beinerstadts – St. Bernharder Plateau
Hohe Wart (504,8 m; 4,4 km nach N zum THW-Vorland; 69 m); Werratal südlich von Heßberg; Scharte zur Sennigshöhe südöstlich von Hetschbach auf 436 m – Lange Berge (dort nordwestlichster Gipfel)
Hölschberg (502,8 m; 4,3 km zur Silbachshöhe, THW-Vorland, im NO; 67 m); südöstlich von Rohr; Scharte zum THW-Vorland auf 436 m ostsüdöstlich des Hohenrod – Marisfelder Platte
Langer Berg (501,9 m; 3,1 km zum Dietrichsberg, östl. Bibraer Sattel; 49 m); Werratal südlich Einhausens; Scharte auf 453 m nördlich des Köhlershügels – St. Bernharder Plateau
Steinerner Berg (499,1 m; 2,6 km zum Iltenberg; 54 m); Werratal westlich Themars; Scharte auf 448 m unmittelbar südwestlich – St. Bernharder Plateau
Hohe Maas (497,7 m; 4,4 km zum Hölschberg, Marisfelder Platte; 56 m); ostsüdöstlich von Meiningen; Scharte zum Dolmar auf 442 m 200 m nordöstlich der Kehre der B 19, Gemeindegrenze Rohr//Kühndorf – Südwesten der Meiningen-Kühndorfer Platte
Michelsberg (496,0 m; 3,1 km zu Langem Berg; 28 m); Werratal südwestlich Vachdorfs; Scharte auf 468 m unmittelbar südwestlich – St. Bernharder Plateau
Stadtberg (495,5 m; 1,7 km zum Häselriether Berg; 76 m); Werratal, südlich gegenüber von Hildburghausen; Scharte auf 420 m im Südwesten von Leimrieth – Hildburghäuser Muschelkalkberge
Stillberg (493,3 m; 2,1 km zum Fritzenberg; 102 m); westlich von Untermaßfeld; Scharte zum Fritzenberg auf 391 m – südwestliche Platte (Nordteil)
Rittersrain (493 m; 3,3 km zum Steinernen Berg; 40 m); südwestlich Wachenbrunns; Scharte zum Michelsberg auf 453 m nördlich des Köhlershügels – St. Bernharder Plateau
Oberer Berg (488,6 m; 4,3 km zum südlichen Plateau; 24 m); südlich von Melkers; Scharte zum Südteil auf 465 m – Dreißigackerer Plateau (Nordteil)
Zehnerberg (465,1 m; 1,3 km zu nordöstlichem Fritzenberg-Kamm; 99 m); westlich von Untermaßfeld; Scharte zu Ransberg auf 366 m – südwestliche Platte (Ostteil)
Gartlerser Höhe (464,7 m; 2,8 km zu Feldstein-Südwestsporn; 26 m); Werratal nördlich von Henfstädt; Scharte zu THW-Vorland auf 439 m, knapp östlich der Landesstraße Marisfeld–Themar – Marisfelder Platte
Kirchberg (439,3 m; 1,6 km zum Knollenberg, Marisfelder Platte, im OSO; 32 m); westlich von Dillstädt; Scharte auf 407 m nah Rastplatz Dolmar, A 71 – Dillstädter Sporn
Basaltisch sind neben dem Dolmar (739,6 m) im Norden noch der Feldstein (552,3 m) im Nordosten sowie der ihm südwestlich, am anderen Ufer der Werra, gegenüberstehende Steinerne Berg (499,1 m); überdies im Süden, in nördlicher Verlängerung der Gleichberge, die Dingslebener Kuppe (428,9 m) und der unauffällige Ermelsberg (514,6 m).[11] Bis auf den Dolmar gehören sie alle, wie auch die Gleichberge, zum Vulkanfeld der Heldburger Gangschar.[12]
Besiedlung und Bodennutzung
Größte Stadt und einzige Mittelstadt im Naturraum Werra-Gäuplatten ist Meiningen. Weitere Städte sind Hildburghausen, Mellrichstadt und Ostheim vor der Rhön sowie das in Grenzlage befindliche Themar. Die Bergkuppen sind mit Laub- und Mischwäldern bedeckt, die Südhänge bestehen aus Trockenwäldern und Trockenrasen. Die Hochebenen und flache Hänge sind Acker- und Weideland, die Talsohlen Grünland. Ausgeprägter urbaner Siedlungsraum mit Industrie und Gewerbe bestehen lediglich in den beiden Kreisstädten Meiningen und Hildburghausen und in der unterfränkischen Stadt Mellrichstadt. Durch den Naturraum führen weiter die Eisenbahnstrecken Meiningen–Schweinfurt (Teilstück Meiningen–Mellrichstadt) und Werrabahn (Teilstück Meiningen–Hildburghausen), die Bundesautobahn 71 (Teilstück Meiningen-Nord–Mellrichstadt), die Bundesstraße 19 (Teilstück Walldorf–Meiningen–A 71) und die Bundesstraße 89 (Teilstück Meiningen–Hildburghausen).
↑Der referenzierte Steckbrief (676 km²) umfasst ein etwas kleineres Gebiet als die Haupteinheit, da in ihm die Werraaue zwischen Meiningen und Walldorf nicht mitgerechnet ist!
↑E. Meynen und J. Schmithüsen (Hrsg.): Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. Band 2 – Bundesanstalt für Landeskunde, zweite Lieferung Remagen 1955, aktualisierte Karte 1:1.000.000 mit Haupteinheiten 1960