Wolf-Dieter Hauschild wurde 1937 als Sohn[2] des Journalisten und Theaterdramaturgen Franz Hauschild (1907–1996) im thüringischen Greiz geboren.[3] Sein Vater war Mitbegründer der „Greizer Musikwochen“ und des „Stavenhagen-Wettbewerbes“.[4] Im Alter von fünf Jahren erhielt Wolf-Dieter Hauschild seinen ersten Klavierunterricht, später machte er Theater.[5] Rückblickend erinnerte er sich an Käthe Reichel, Reimar Johannes Baur und Dieter Franke, mit denen er in Greiz gespielt hatte.[5] Früh begann er mit dem Komponieren u. a. schrieb er eine Kinderoper.[5] Ab dem fünfzehnten Lebensjahr komponierte er Schauspielmusiken für das Theater seiner Heimatstadt.[5] Als Oberschüler erhielt er ferner Kompositionsunterricht bei Ottmar Gerster in Leipzig.[5]
Nach seinem Studium begann er seine künstlerische Karriere als Solorepetitor am Deutschen Nationaltheater Weimar.[8] Auch hier komponierte er Schauspielmusiken. Schon bald durfte er zeitgenössische Werke nachdirigieren und einstudieren.[5] Nach zwei Jahren wurde er Kapellmeister.[5] In Weimar brachte er 1963 die Nasreddin-Oper[9]Der fröhliche Sünder seines Lehrers, Ottmar Gerster, zur Uraufführung.[10]
Nachdem er Ende 1977 in Leipzig Werke Luciano Berios dirigiert hatte, wurde er ab der Spielzeit 1978/79 Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters und parallel Leiter des Rundfunkchors Leipzig.[11] Er konnte sich gegen den Leipziger Generalmusikdirektor Rolf Reuter und den Halleschen Musikdirektor Thomas Sanderling durchsetzten, die allesamt noch vom legendären Vorgänger Herbert Kegel als Gastdirigenten verpflichtet worden waren.[11] In Leipzig pflegte Hauschild zum einen die Wiener Klassik,[22] so führte er die von Kegel begonnenen „Mozartiana“-Reihe fort.[23] Auch setzte er weiterhin konzertante Opernaufführungen auf den Spielplan (Janáček, Wagner u. a.).[22] Zum anderen brachte er mit dem Sinfonieorchester und dem Kammerorchester diverse zeitgenössische Werke zur Uraufführung u. a. 1978 DenissowsKonzert für Klavier und Orchester (mit Günter Philipp), 1979 LombardisSinfonie, NeubertsNotturno, LohsesKonzert für Klavier und Orchester (mit Gerhard Erber) und DessausVierzehn Stücke aus „Internationale Kriegsfibel“ (mit Helga Termer, Elisabeth Wilke, Horst Gebhardt und Bernd Elze), 1980 KatzersKonzert für Klavier und Orchester (mit Rolf-Dieter Arens) und WallmannsStadien für Orchester und Klavier (mit Bettina Otto),[24] 1981 Schenkers„Fanal Spanien 1936“, 1983 Lombardis Zweite Sinfonie und Krätzschmars„Heine-Szenen“ (mit Wolfgang Hellmich).[25] Außerdem verantwortete er hier mehrere DDR-Erstaufführungen u. a. 1979 Ives’Holiday Symphony[26] und 1984 ZimmermannsPax Questuosa[27] und Dittrichs„Etym“.[28] Wie auch Kegel zuvor, stellte er am Saisonende der 9. SinfonieBeethovens stets zeitgenössische Musik voran.[29] Überdies lud er wieder Komponisten-Dirigenten nach Leipzig ein, etwa Milko Kelemen, Ernst Krenek und Witold Lutosławski.[29] Mit der Saison 1979/80 führte er in der Kongreßhalle Leipzig allwöchentliche Vormittagskonzerte ein.[29] Nach der Eröffnung des Neuen Gewandhauses 1981 spielte das Rundfunkorchester regelmäßig im neuen Konzertgebäude.[30] Es folgte die Erhöhung der Anrechtskonzerte.[30] Mit dem Klangkörper legte Hauschild mehrere Schallplattenaufnahmen vor, die von der Musik Telemanns über die Schumanns zu der Ives’ sowie Denissows, Thieles und Krätzschmars reichen,[31] darunter auch das gesamte Chorwerk von Johannes Brahms und mehrere Händel-Oratorien.[14] Ausgedehntes Gastspiele führten ihn mit dem Orchester u. a. in die Sowjetunion[22] und nach Japan.[32] Nach seinem Weggang aus Leipzig dauerte es zwei Spielzeiten, bis die Leitungsposten mit Max Pommer (Orchester) und Jörg-Peter Weigle (Chor) wiederbesetzt werden konnte.[33]
Nachdem ein ursprünglich zugesagtes[38] Doppelengagement Leipzig-Stuttgart wegen „der starren Haltung der DDR-Behörden“, wie Jörg Clemen ausführte, nicht zustande kam,[11] siedelte er im Frühjahr 1985 anlässlich eines Stuttgarter Gastspiels in die BRD über.[39] Dort wurde er mit Beginn der Spielzeit 1985/86 Generalmusikdirektor und Chefdirigent der Stuttgarter Philharmoniker.[40] In einer Erklärung führte er aus, dass im Sommer 1984 die Stadt Stuttgart mit der Bitte um ein ständiges Gastdirigat an ihn herangetreten sei, wodurch er teilweise Aufgaben Hans Zanotellis übernehmen sollte. Nachdem die DDR-Behörden dem zustimmten, willigte er in Stuttgart ein. Im April 1985 aber wurde ihm klar, dass die DDR-Behörden „nicht mehr voll zu ihrer Zusage standen“. Er sah sich bei den Orchestermitgliedern und bei der Stadtverwaltung Stuttgart nun in der Pflicht und entschied sich „schweren Herzens“ zur Übersiedlung in die BRD.[41] In der DDR wurde er demgegenüber zur „persona non grata“ erklärt und war fortan auch unter Musikerkollegen als „Klassenfeind“ verschrien; seine Familie erhielt erst zwei Jahre darauf die Ausreisegenehmigung.[39] 1985 brachte er in der Stuttgarter LiederhalleKelemensPhantasmen (mit Eckart Schloifer) und 1987 Yuns2. Violinkonzert (mit Akiko Tatsumi)[42] zur Uraufführung. Konzertreisen führten ihn mit den Philharmonikern durch Europa, Japan und die USA.[38] Nach dem Kulturjournalisten Frank Armbruster führte er die Philharmoniker „zu einem Höhepunkt ihrer Geschichte“.[43] Letztlich verließ Hauschild aber Stuttgart, weil es „ihm nicht gelungen war, die Stadt von der Notwendigkeit weiterer Orchesterstellen für die Philharmoniker zu überzeugen“, wie Armbruster bemerkte.[43]
Im Jahr 1991 wurde Hauschild Dirigent der Essener Philharmoniker[47] und 1992 zusätzlich Intendant und Generalmusikdirektor am dortigen Aalto-Theater,[48] eine Doppelfunktion, die eigens für ihn geschaffen worden war.[49] Während seiner Amtszeit wurde der Klangkörper vom Deutschen Musikverleger-Verband mit dem Preis „Bestes Konzertprogramm der Spielzeit“ 1991/92 ausgezeichnet.[50] In seiner Ära wurden u. a. die Ballette Giselle von Adolphe Adam und Der grüne Tisch von Frederic Cohen sowie die Opern Lady Macbeth von Mzensk von Dmitri Schostakowitsch und Tosca von Giacomo Puccini inszeniert.[51] Am Aalto-Theater widmete er sich aber vor allem der Werke Richard Wagners, so ließ er hier den Parsifal (1991/92) und Tristan und Isolde (1992/93) aufführen. Nach siebzig Jahren brachte er von 1994 bis 1997 zusammen mit dem Regisseur Klaus Dieter Kirst, den er aus Dresden kannte, die Tetralogie Der Ring des Nibelungen auf die Bühne.[52] Bereits zu DDR-Zeiten hatte er über die sinfonischen Werke Bruckners und Mahlers eine „Liebe zu Wagner“ entwickelt, die aber lange „platonisch bleiben“ musste, wie er in einem früheren Interview erklärte.[34] Außerdem wandte sich Hauschild der zeitgenössischen osteuropäischen Musik zu, so führte er mit der Philharmonischen Orchester 1993 SuslinsLeb’ wohl und 1996 Denissows Konzert für Flöte, Klarinette und Orchester (mit Dagmar Becker und Wolfgang Meyer) urauf. 1997 endete sein Engagement in Essen.
Von 2001 bis 2004 war er als Nachfolger des festen Gastdirigenten Bernhard Klee[54] Chefdirigent des Philharmonischen Staatsorchesters Halle.[55] Im Jahr 2003 brachte er im Neuen Theater Halle MartisH aspiré zur Uraufführung.[56] Mit Verweis auf die geplante Orchesterfusion, die er ablehnte, beendete er sein Engagement beim Philharmonischen Staatsorchester frühzeitig.[57]
Neben seinem Hallenser Engagement er war von August[14] 2002 bis 2004 Generalmusikdirektor des Volkstheaters Rostock und Chefdirigent der Norddeutschen Philharmonie,[58] wo er bereits im Jahr 2000 ein ständiges Gastdirigat übernahm.[59] Weil er, wie er später erklärte, „keinen künstlerischen und menschlichen Konsens“ mit dem Intendanten Steffen Piontek finden konnte, verließ er das Orchester.[58]
Gastdirigate absolvierte er u. a. in der Schweiz, in Österreich, Italien, Spanien, Finnland und Taiwan.[14]
Im Jahr 1983 gründete er in Altenburg das „Seminar für Junge Operndirigenten“.[61] Wiederholt war er auch Künstlerischer Leiter für Orchesterdirigieren beim Forum Dirigieren des Deutschen Musikrats (Essen 1994, Koblenz 1998 und 2005, Halle (Saale) 2001, Rostock 2002 und 2004 und Bremen 2006).[62] Außerdem war er im Wintersemester 2005/06 und im Sommersemester 2007 Dozent für Probespielstellen im Orchesterverbund / Sinfoniekonzert am Orchesterzentrum NRW.[63]
Wolf-Dieter Hauschild, evangelisch, war seit 1959 verheiratet und Vater zweier Kinder.[66] Sein Sohn Thomas Hauschild (* 1964) ist Professor für Horn an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig.[67]
1984: Nationalpreis der DDR III. Klasse für Kunst und Literatur „für hervorragende Leistungen als Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Leipzig und des Rundfunkchores Leipzig sowie für maßstabsetzende Interpretationen der Werke des klassischen Erbes und für die Pflege der zeitgenossischen Musik der DDR auf chorsinfonischem Gebiet“[70]
1975: Georg Friedrich Händel: Der Messias (Eterna) mit der Rundfunk-Solistenvereinigung, dem Rundfunkchor und dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin unter Helmut Koch; Solisten: Regina Werner, Heidi Rieß, Peter Schreier, Theo Adam
Dirigent
1979: Sergei Prokofjew: Alexander Newski (Eterna) mit dem Rundfunkchor, der Rundfunk-Solistenvereinigung und dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin; Solistin: Ingeborg Springer
1980: Johannes Brahms: Fest- und Gedenksprüche / Motetten Op. 29, 74, 110 (Eterna) mit dem Rundfunkchor Leipzig
1981: Georg Philipp Telemann: Burlesque de Quixotte / Ouvertüre der Konzertsuite F-Dur (Eterna) mit dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester und dem Rundfunk-Kammerorchester Leipzig
1982: Charles Ives: A Symphony: New England Holidays / Central Park in the Dark (Eterna) mit dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig
1984: Johannes Brahms: Geistliche Chorwerke (Eterna) mit dem Rundfunkchor und dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig; Solisten: Julia Schlegel, Heidi Rieß
1984: Robert Schumann: Das Paradies und die Peri (Eterna) mit dem Rundfunkchor und dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig; Solisten: Magdaléna Hajóssyová, Marga Schiml, Eberhard Büchner, Hermann Christian Polster u. a.
1984: Wilfried Krätzschmar: Explosionen und Cantus u. a. (Nova) mit dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig
1984: Johannes Brahms: Kanons und Chöre / Volkskinderlieder (Eterna) mit dem Rundfunkchor Leipzig; Solisten: Edith Mathis, Karl Engel
Günther Buch: Namen und Daten wichtiger Personen der DDR. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Dietz, Berlin u. a. 1987, ISBN 3-8012-0121-X, S. 109.
Carl Dahlhaus, Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Brockhaus-Riemann-Musiklexikon. In vier Bänden und einem Ergänzungsband. Ergänzungsband: A–Z. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Schott, Mainz 1995, ISBN 3-7957-8359-3.
Vera Grützner: Musiker in Brandenburg vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Jaron, Berlin 2004, ISBN 3-89773-507-5, S. 106.
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↑ abFrank Armbruster: Wolf-Dieter Hauschild, der ehemalige Chefdirigent der Stuttgarter Philharmoniker, wird am Donnerstag siebzig Jahre alt. In: Stuttgarter Zeitung, 4. September 2007.
↑Wulf Konold: Landestheater und Staatsorchester 1956 bis 1986. In: Wulf Konold (Red.): Das Niedersächsische Staatsorchester Hannover 1636–1986. Hrsg. von der Niedersächsischen Staatstheater Hannover GmbH, Schlüter, Hannover 1986, ISBN 3-87706-041-2, S. 159ff., hier: S. 170.
↑Michael Struck-Schloen: Zwischen Kulinarik und Krawall. Nach 16 Jahren verlässt der Chefdirigent und Intendant Stefan Soltesz das Essener Aalto-Theater. In: Süddeutsche Zeitung, 9. August 2013, S. 11.
↑Wulf Mämpel: Vorhang auf! 25 Jahre Aalto-Oper. Die Essener Oper ist ein Gesamtkunstwerk und Botschafterin der Musik. Hrsg. von Norbert Beleke. Beleke, Essen 2013, ISBN 978-3-8215-0637-1, S. 61ff.
↑Wulf Mämpel: Vorhang auf! 25 Jahre Aalto-Oper. Die Essener Oper ist ein Gesamtkunstwerk und Botschafterin der Musik. Hrsg. von Norbert Beleke, Beleke, Essen 2013, ISBN 978-3-8215-0637-1, S. 60; Nicolas Slonimsky, Laura Kuhn, Dennis McIntire: Hauschild, Wolf-Dieter. In: Laura Kuhn (Hrsg.): Baker’s Biographical Dictionary of Musicians. Band 3: Haar–Levi. 9. Ausgabe, Schirmer Reference, New York 2001, ISBN 0-02-865528-1, S. 90; Frieder Reininghaus: Staatsräson auf der Opernbühne. „Rheingold“ in Essen, „Jungfrau von Orléans“ in Wuppertal. In: Süddeutsche Zeitung, 1. Oktober 1994, S. 14; Pedro Obiera: Kirsts „Ring“ mit kleiner Optik. In: Sächsische Zeitung, 8. Oktober 1996, S. 18.
↑Helmuth Fiedler: Kapellmeisterliche Kompetenz. Wolf-Dieter Hauschild wird 70. In: Stuttgarter Nachrichten, 6. September 2018, S. 18.
↑Johannes Killyen: Staatsphilharmonie Halle. Ausblick in eine unsichere Zukunft. Programm für die nächste Spielzeit vorgestellt. In: Mitteldeutsche Zeitung. 21. März 2000.
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↑Johanes Killyen: Philharmonisches Staatsorchester. Hauschild will Halle den Rücken kehren. Ab Sommer 2004 auch keine Gastdirigate mehr. In: Mitteldeutsche Zeitung, 22. Mai 2003.
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↑Detlef Färber: Philharmonie. Junior dirigiert auf seines Vaters Podest. Thomas Hauschild leitet „Klassisches Erbe“. In: Mitteldeutsche Zeitung, 11. Oktober 2003.
↑»BZ«-Kritikerpreise 1975 verliehen. In: Berliner Zeitung, 27. September 1975, Jg. 31, Ausgabe 230, S. 6.
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↑Hohe Auszeichnungen zum 35. Jahrestag der DDR. In: Neue Zeit, 6. Oktober 1984, Jg. 40, Ausgabe 237, S. 3f.