Die „Geschichtklitterung“ – in etwa „eilig hingekleckste Geschichte“ – ist ein Versuch, François Rabelais’ Gargantua und Pantagruel ins Deutsche zu übertragen, wobei sich Fischart kaum an die Vorlage hielt, sie vielmehr als Anlass sah, seiner eigenen Gelehrsamkeit und Kreativität nachzugehen. „Bisweilen ist das französische Original nur höchst notdürftig eingedeutscht oder durch hanebüchene Übersetzungsfehler verunstaltet.“ Durch eigene Zusätze ist die Geschichtklitterung „auf das dreifache des Ausgangstextes geschwollen, einzelne Kapitel sind sogar acht- bis zehnmal so lang.“[2]
Das Buch handelt – gemäß der Titelseite der Ausgabe von 1590 – von
„Thaten und Rhaten der vor kurtzen langen unnd je weilen Vollenwolbeschreiten Helden und Herren Grandgoschier Gorgellantua und deß deß Eiteldurstlichen Durchdurstlechtigen Fürsten Pantagruel von Durstwelten, Königen in Utopien, Jederwelt Nullatenenten und Nienenreich Soldan der Neuen Kannarien, Fäumlappen, Dipsoder, Dürstling, und OudissenInseln: auch Großfürsten im Finsterstall, und Nubel NibelNebelland, Erbvögt auff Nichilburg, und Niderherren zu Nullibingen, Nullenstein und Niergendheym. Etwan von M. Frantz Rabelais Frantzösisch entworffen: Nun aber überschrecklich lustig in einen Teutschen Model vergossen, und ungefärlich oben hin, wie man den Grindigen laußt, in unser Mutter Lallen über oder drunder gesetzt. Auch zu disen Truck wider auff den Ampoß gebracht, und dermassen mit Pantadurstigen Mythologien oder Geheimnus deutungen verposselt, verschmidt und verdängelt daß nichts ohn das Eisen Nisi dran mangelt“
– Johann Fischart gen. Mentzer
Ausgaben
Johann Fischart: Affenteurliche vnd Vngeheurliche Geschichtschrift. Vom Leben vnd Thaten der Helden vnd Herrn Grandgusier/ Gargantoa/ vnd || Pantagruel/ Königen inn Vtopien vnd Ninenreich. Etwan von M.Francisco Rabelais Französisch entworfen: Nun aber auf den Teutschen Meridian visirt durch Huldrich Elloposcleron Reznem, Straßburg: Jobin, Bernhard, 1575, Digitalisat
Johann Fischart: Affentheurlich Naupengeheurliche Geschichtklitterung, 1590, Digitalisat
Johann Fischart: Geschichtklitterung (Gargantua). Text der Ausgabe letzter Hand von 1590. Mit einem Glossar hrsg. v. Ute Nyssen. 2 Bde. Rauch, Düsseldorf 1963.
Gerd Schank: Etymologie und Wortspiel in Johann Fischarts „Geschichtklitterung“. 2. Aufl. Burg-Verlag, Kirchzarten 1978 (zugl. Dissertation, Universität Freiburg 1971).
Hugo Sommerhalder: Die Geschichtklitterung. In: Ders.: Johann Fischarts Werk. Eine Einführung (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker/N.F.; Bd. 4). De Gruyter, Berlin 1960, S. 52–79.
Michael Stolz: Weltinnenräume. Literarische Erkundungen zwischen Spätmittelalter und früher Neuzeit. Am Beispiel des „Fortunatus“-Romans und der „Geschichtklitterung“ von Johann Fischart. In: Burkhard Hasebrink (Hrsg.): Innenräume in der Literatur des deutschen Mittelalters. Verlag Niemeyer, Tübingen 2008, S. 427–445, ISBN 3-484-10811-8.
Rüdiger Zymner: Zur Geschichtklitterung. In: Ders.: Manierismus. Zur poetischen Artistik bei Johann Fischart, Jean Paul und Arno Schmidt. Schöningh, Paderborn 1995, S. 86–167, ISBN 3-506-798-38-3 (zugl. Habilitationsschrift, Universität Fribourg/CH 1994).
↑Julius Hart: Geschichte der Weltliteratur: Zweiter Band. BoD – Books on Demand, 2017, ISBN 978-9925-04427-6, S.277 (google.de [abgerufen am 3. Dezember 2021]).
↑ abWolfgang Hörner, Im wilden Wald der Wörter. Ein Brückenschlag zu Fischarts Werk. Vorwort zu: Johann Fischart: Affentheurlich Naupengeheurliche Geschichtklitterung. Eichborn, Frankfurt am Main 1997, Reihe Die Andere Bibliothek, ISBN 3-8218-4151-6, S. 17.