Musashino-Linie
Die Musashino-Linie (jap. 武蔵野線, Musashino-sen) ist eine Eisenbahnstrecke auf der japanischen Insel Honshū, die von der Bahngesellschaft JR East betrieben wird. Sie bildet einen Halbring rund um die zentralen Bezirke der Hauptstadt Tokio, die von Yokohama in der Präfektur Kanagawa über Saitama nach Funabashi in der Präfektur Chiba führt. Für den von JR Freight durchgeführten Schienengüterverkehr hat sie eine überragende Bedeutung, da die meisten Güterzüge nicht durch das Stadtzentrum verkehren dürfen. Auf etwa drei Viertel der Strecke wird auch Personenverkehr durchgeführt, der mit jenem auf der Keiyō-Linie verknüpft ist und wichtige Querverbindungen zwischen einzelnen Radialstrecken ermöglicht. Benannt ist die Strecke nach dem Musashino-Plateau, einer Flussterrasse am Tama. BeschreibungDie in Kapspur (1067 mm) verlegte Strecke ist 100,6 km lang und mit 1500 V Gleichspannung elektrifiziert. Sie umgibt die zentralen Bezirke Tokios im Westen, Norden und Osten und verläuft durch das Territorium der Präfekturen Kanagawa, Tokio, Saitama und Chiba. Der von der Bahngesellschaft JR East durchgeführte Personenverkehr ist auf den 71,8 km langen Abschnitt zwischen Fuchū-Honmachi und Nishi-Funabashi beschränkt, wobei 26 Bahnhöfe bedient werden. JR Freight führt Güterverkehr auf der gesamten Musashino-Linie durch. Der 28,8 km lange, auch als Musashino-Südlinie (武蔵野南線, Musashino-Minami-sen) bezeichnete Abschnitt zwischen Fuchū-Honmachi und Tsurumi ist weitgehend dem Güterverkehr vorbehalten. Zusammen mit der Yokohama-Linie, der Nambu-Linie und der Keiyō-Linie bildet die Musashino-Linie eine große Ringstrecke namens Tokyo Mega Loop (東京メガループ).[1] Südwestlicher Ausgangspunkt ist der Bahnhof Tsurumi auf dem Stadtgebiet von Yokohama, einer der bedeutendsten Knotenpunkte des Schienengüterverkehrs in der Metropolregion Tokio. Hier bestehen Übergänge zu weiteren von JR Freight betriebenen Strecken: die Tōkaidō-Güterlinie von Hamamatsuchō nach Odawara und die Takashima-Linie nach Sakuragichō. Die Musashino-Linie verläuft zunächst nordwärts parallel zur Hinkaku-Linie und in einem Abstand von knapp einem Viertelkilometer zur Nambu-Linie. Im 5,382 km langen Kosugi-Tunnel wendet sich die Strecke unter dem Bahnhof Musashi-Kosugi nach Westen und erreicht den Güterbahnhof Kajigaya. Anschließend führt sie nordwestwärts durch den 10,359 km langen Ikuta-Tunnel sowie nordwärts über den Fluss Tama und an der Pferderennbahn Tokio vorbei. Im Bahnhof Fuchū-Honmachi besteht ein Übergang zur Nambu-Linie; hier beginnt auch der Abschnitt mit Personenverkehr.[2] Nach der Unterquerung der Keiō-Linie verläuft die Strecke über das namensgebende Musashino-Plateau hinweg. Sie kreuzt auf der oberen Ebene des Turmbahnhofs Nishi-Kokubunji die Chūō-Hauptlinie und unterquert kurz darauf die Seibu Kokubunji-Linie und den Tamagawa-Aquädukt in einem Tunnel. Eine in Shin-Kodaira abzweigende Anschlussstrecke von 5,0 km lange stellt für Güterzüge die Verbindung zur Chūō-Hauptlinie bei Kunitachi her. Nach der Untertunnelung der Seibu Tamako-Linie und der Seibu Shinjuku-Linie folgt bei Shin-Akitsu eine 1,6 km lange Zweigstrecke zur Seibu Ikebukuro-Linie. Die Strecke wendet sich allmählich nach Osten, passiert dabei den Güterbahnhof Niiza und überquert die Tōbu Tōjō-Hauptlinie sowie den Fluss Arakawa. Zwischen den Bahnhöfen Nishi-Urawa und Musashi-Urawa zweigt die 4,9 km lange Verbindung nach Yono ab; anschließend werden die Tōhoku-Shinkansen und die Saikyō-Linie unterquert.[2] Auf der oberen Ebene des Bahnhofs Minami-Urawa führt die Musashino-Linie über die Tōhoku-Güterlinie, die Tōhoku-Hauptlinie und die Keihin-Tōhoku-Linie hinweg. Nach der Kreuzung mit der Saitama-Schnellbahnlinie und der Tōbu Isesaki-Linie wird der Güterbahnhof Koshigaya passiert. Kurz darauf später wendet sich die Strecke nach Südosten und überbrückt den Edo. Die Bahnhöfe Minami-Nagareyama und Shin-Matsudo ermöglichen Übergänge zum Tsukuba-Express und zur Jōban-Linie. Auf halbem Weg zwischen diesen beiden Bahnhöfen zweigen zwei weitere Anschlussstrecken zur Jōban-Linie ab, südwärts nach Mabashi (3,7 km) und nordostwärts nach Kita-Kogane (2,9 km). Anschließend schlägt die Musashino-Linie eine südliche Richtung ein. Dabei quert sie die Shin-Keisei-Linie, die Hokusō-Linie und die Keisei-Hauptlinie. Schließlich erreicht sie den östlichen Ausgangspunkt Nishi-Funabashi, wo sie in zwei Zweigstrecken übergeht, die Verbindungen zur Keiyō-Linie herstellen.[2] ZügeNahverkehrszüge mit Halt an allen Stationen verkehren von Fuchū-Honmachi aus in der Regel sechsmal je Stunde nach Nishi-Funabashi und daran anschließend auf der Keiyō-Linie, und zwar abwechslungsweise zum Bahnhof Tokio oder nach Minami-Funabashi. Während der morgendlichen und abendlichen Hauptverkehrszeit werden die nach Minami-Funabashi verkehrenden Züge zum Teil bis nach Kaihinmakuhari geführt.[3] Dieses Grundangebot wird während der Hauptverkehrszeit durch zwei zusätzliche Zugläufe ergänzt: Der Musashino (むさしの) verkehrt dreimal täglich entweder von Fuchū-Honmachi oder Hachiōji aus nach Ōmiya und zurück. Dabei befährt er die sonst nur vom Güterverkehr genutzten Zweigstrecken Shin-Kodaira–Kunitachi und Nishi-Urawa–Yono.[4] Der Shimōsa (しもうさ) verbindet dreimal täglich Ōmiya mit Nishi-Funabashi oder Kaihinmakuhari, wobei er zu diesem Zweck die Zweigstrecke Yono–Musashi-Urawa befährt.[5] Mit Ausnahme vereinzelter Sonderzüge ist der südwestliche Abschnitt zwischen Fuchū-Honmachi und Tsurumi dem regen Güterverkehr vorbehalten. GeschichteIm Eisenbahnbaugesetz von 1927 war der Bau einer Ringstrecke rund um Tokio (東京外環状線, Tōkyō Sotokanjō-sen) vorgesehen, um den Güterverkehr von der stark beanspruchten Yamanote-Linie weg zu verlagern. Wegen des Pazifikkriegs und dessen Auswirkungen konnten die Planungen lange Zeit nicht umgesetzt werden. Als der Güterverkehr nach dem Krieg wieder zunahm, war die Yamanote-Linie zunehmend überlastet, da sie auch wachsenden Personenverkehr bewältigen musste. Nachdem die Präfektur Saitama 1952 den Bau der Strecke gefordert hatte, beschloss der Eisenbahnbaurat des Verkehrsministerium fünf Jahre später, mit den Planungen zu beginnen. Als im April 1964 der Grundplan für die Musashino-Linie vorlag, beauftragte das Verkehrsministerium die öffentlich-rechtliche Japan Railway Construction Public Corporation mit dem Bau. Am 17. Dezember 1965 erfolgte der Spatenstich im Bahnhof Minami-Urawa.[1][6] Am 8. August 1967 explodierte beim Bahnhof Shinjuku ein mit Kerosin beladener Kesselwagenzug. Dieses Ereignis führte letztlich zum Verbot von Güterzügen auf den Bahnstrecken im Tokioter Stadtzentrum und beschleunigte die Entwicklung der Musashino-Linie als Alternativroute. Da der größte Teil der Strecke durch vergleichsweise dünn besiedelte Gebiete führen sollte, war zunächst ausschließlich Güterverkehr vorgesehen. Der Widerstand von Anwohnern veranlasste jedoch die Japanische Staatsbahn dazu, auch Personenverkehr zuzulassen. Der erste Abschnitt zwischen Fuchū-Honmachi und Shin-Matsudo (57,5 km) wurde am 1. April 1973 eröffnet. Am selben Tag kamen mehrere Zweigstrecken hinzu, die ausschließlich dem Güterverkehr dienen.[7] Güterzüge hatten Vorrang, weshalb Personenzüge in den ersten Betriebsjahren tagsüber nur im 40-Minuten-Takt fuhren, während der Hauptverkehrszeit immerhin alle 15 bis 20 Minuten. Da die Staatsbahn den Einzelwagenverkehr allmählich zugunsten rationellerer Ganzzüge verringerte, wurden mehr Kapazitäten für den Personenverkehr frei.[2] Bis heute ausschließlich dem Güterverkehr vorbehalten ist das am 1. März 1976 eröffnete Teilstück zwischen Fuchū-Honmachi und Tsurumi (28,8 km). Mit der Inbetriebnahme des 14,3 km langen, ausschließlich für den Personenverkehr genutzten Abschnitts von Shin-Matsudo nach Nishi-Funabashi am 2. Oktober 1978 war die Musashino-Linie komplett.[7] Am 17. August 1980 brach in einem Reifenlager neben dem Bahnhof Nishi-Urawa ein Brand aus, der etwa 300.000 Reifen zerstörte. Das Feuer verursachte schwere Hitzeschäden am Viadukt, sodass der Streckenabschnitt zwischen Kita-Asaka und Nishi-Urawa einen Monat lang gesperrt war.[8] Beim Fahrplanwechsel 1985 erhöhte die Staatsbahn die Zahl der tagsüber verkehrenden Personenzüge auf drei je Stunde. Im Rahmen der Staatsbahnprivatisierung ging die Musashino-Linie am 1. April 1987 in den Besitz der neuen Gesellschaft JR East über, während JR Freight den Güterverkehr zwischen Tsurumi und Minami-Nagareyama übernahm. Der Fahrplanwechsel am 1. Dezember 1988 brachte die Verknüpfung mit der Keiyō-Linie in Nishi-Funabashi, direkte Züge zum Bahnhof Tokio und eine weitere Taktverdichtung auf fünf Züge je Stunde. Ab 2. Dezember 2000 verkehrten einzelne Güterzüge über Minami-Nagareyama hinaus bis nach Nishi-Funabashi; zwei Jahre später begann JR East im Personenverkehr sechs Züge je Stunde anzubieten. Bilder
Liste der Bahnhöfe
WeblinksCommons: Musashino-Linie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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