Der JudenstaatDer Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage ist ein Buch von Theodor Herzl, mit dem er versuchte, eine jüdische Antwort auf die damals so genannte Judenfrage aufzuzeigen. Es erschien 1896 in Leipzig und Wien in der M. Breitenstein’s Verlags-Buchhandlung, nachdem Cronbach in Berlin und Duncker & Humblot eine Publikation abgelehnt hatten. Herzl schrieb es unter dem Eindruck der Dreyfus-Affäre; er beendete das Manuskript am 17. Juni 1895. Die Buchausgabe erschien im Februar 1896.[1] CharakteristikDer Judenstaat ist kein religiöses Werk, es hat vielmehr das moderne Judentum maßgeblich politisch beeinflusst, indem es das Fundament des politischen Zionismus legte. Für Herzl war ein Judenstaat einerseits wegen des weltweit vorhandenen Antisemitismus notwendig, andererseits weil die Religion durch die Folgen der Aufklärung und der Emanzipation ihren identitätsstiftenden und verbindenden Charakter für das Judentum verloren habe. Herzl sah sein Werk nicht als Utopie, sondern als pragmatisches Konzept zur Gründung und Bewahrung eines Judenstaates, wodurch die „Judenfrage“ beantwortet sei. InhaltNach einleitenden Sätzen definiert Herzl zuerst das Problem der „Judenfrage“. Die Nuancen der Judenfeindlichkeit seien zahllos:
– Herzl: Der Judenstaat, Allgemeiner Theil[2] Sodann verwirft er die bisherigen Schritte zur Lösung des Problems, insbesondere den Versuch, Juden als Bauern in anderen Ländern anzusiedeln. Man müsse mit der Zeit gehen, der Bauernstand sei im Aussterben begriffen, Versuche der Rückkehr zu alten Gesellschaftsstrukturen seien vergeblich. Den Grund für den seiner Ansicht nach wachsenden Antisemitismus sieht er in der mangelnden sozialen Mobilität, die durch Benachteiligungen der Juden entsteht.
– Der Judenstaat, Allgemeiner Theil[2] Eine totale soziologische Assimilation lehnt Herzl jedoch ab, da die jüdische Volkspersönlichkeit geschichtlich zu berühmt und trotz aller Erniedrigungen zu hoch sei.[2] Sie sei zu wertvoll für den Untergang. Davon abgesehen sei eine Assimilation nur dann möglich, wenn man die Juden einmal für zwei Generationen in Ruhe ließe. Dies würde aber nicht passieren, worauf der Druck sie wieder an den alten Stamm presse, der Hass ihrer Umgebung mache sie wieder zu Fremden. In den nächsten Kapiteln diskutiert Herzl die Optionen Argentinien bzw. Palästina und geht auf die Organisation der Staatsbildung ein. Er will dazu eine Gesellschaft, die Jewish Company gründen, die die benötigten Länder kauft. Er schätzte einen Betrag von 1 Milliarde Goldmark. Er erwähnt auch den Bau von Arbeiterwohnungen, die Einführung von Arbeitsdiensten für unqualifizierte Arbeiter und Details wie die Einführung des 7-Stunden-Tages in Form eines viergeteilten 14-Stunden-Schichtbetriebs, bei dem zweimal 3,5 Stunden konzentrierter Arbeit mit derselben Zeit für Erholung, Familie und Fortbildung abwechseln.[3] Die „Schutztruppe“ solle 10 Prozent der männlichen Einwanderer betragen. Nach der Behandlung des schwierigen Weges der Geldbeschaffung beschreibt Herzl den Charakter des jüdischen Staates. Herzl schwebte dabei ein recht heterogenes Gebilde vor, in dem es jedem möglich sein sollte, die Traditionen und Gepflogenheiten seiner Ortsgruppe mitzunehmen. Damit sei auch das Problem der Integration in eine ungewohnte Umgebung leichter zu bewerkstelligen. Die Verfassung des Staates sollte nach Herzl recht flexibel und modern sein. Die parlamentarische Monarchie und die aristokratische Republik hielt er dabei generell für die besten Staatsformen, schloss erstere Form aber wegen mangelnder historischer Anknüpfungsmöglichkeiten sofort als lächerlich aus. Eine Art Aristokratie sei in der sozial-mobilen Gesellschaft mit vielen Aufstiegschancen seiner Ansicht nach die beste Lösung, Referenda als Basis der Gesetzgebung lehnt er aber ab, „denn in der Politik gibt es keine einfachen Fragen, die man bloß mit Ja und Nein beantworten kann. Auch sind die Massen noch ärger als die Parlamente jedem Irrglauben unterworfen, jedem kräftigen Schreier zugeneigt. Vor versammeltem Volke kann man weder äussere noch innere Politik machen.“[4] Außerdem stellte sich das Problem der verschiedenen Sprachen. Da die meisten Juden, zu denen Herzl Kontakt hatte, entweder deutschsprachig waren oder zumindest über das Jiddische eine Verbindung zur deutschen Sprache hatten, meinte er, Deutsch könnte am schnellsten und leichtesten die gemeinsame Sprache der Juden werden.
– Der Judenstaat, Society of Jews und Judenstaat[4] Ein weiterer wichtiger Punkt war ihm die Frage der Religion. Herzl wollte theokratische „Velleitäten unserer Geistlichen gar nicht aufkommen lassen. Wir werden sie in ihren Tempeln festzuhalten wissen, wie wir unser Berufsheer in den Kasernen festhalten werden.“ Herzl vertrat in diesem Punkt also eine laizistische Position, mit strenger Trennung von Religion und Staat.[4] Dass es im Zuge der Masseneinwanderung von Juden in ein arabisch bewohntes Land und der Gründung des Staates Israels möglicherweise Probleme mit der lokalen, arabischen Bevölkerung geben könnte, blendet Herzl in seinen Ausführungen weitgehend aus. Zum Zusammenleben mit anderen Völkern und Religionen führt Herzl lediglich aus: „Und fügt es sich, daß auch Andersgläubige, Andersnationale unter uns wohnen, so werden wir ihnen einen ehrenvollen Schutz und die Rechtsgleichheit gewähren.“[4] Auch Details wie die Fahne des zukünftigen Staates hielt Herzl für wichtig als Symbol der Identifikation. Ihm schwebte dabei eine weiße Fahne mit sieben goldenen Sternen vor, die die sieben Arbeitsstunden repräsentieren sollten. „Denn im Zeichen der Arbeit gehen die Juden in das neue Land.“[4] Sie sollten im „Siebenstundenland“, wie Herzl es nannte, „ein besseres und gerechteres Europa im Orient aufbauen“.[5] Ausgaben
Übersetzungen
Zitat Herzls 1903„Es ist wunderbar, wie wenig unsere so vielverurtheilte Bewegung den Gegnern u. Gleichgiltigen bekannt ist. Wer sie kennt – Jud oder Christ – liebt sie. Er wäre denn ein für alles Höhere unempfänglicher Mensch. Siehe auchWeblinksWikisource: Der Judenstaat – Quellen und Volltexte
Einzelnachweise
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