Die Grenze zwischen Estland und Lettland ist 544 Kilometer lang, davon 339 Kilometer Landgrenze und 205 Kilometer Seegrenze.[Anm. 2] Nach der Wiederherstellung der Republiken Lettland und Estland wurde am 20. März 1992 in Valga ein Abkommen über die Staatsgrenze vereinbart und am 9. Juni 1992 in Rigaratifiziert. Größtenteils wurde der Grenzverlauf zwischen den ehemaligen Republiken der Sowjetunion, der Lettischen SSR und der Estnischen SSR, beibehalten. Die technische Durchführung wurde 1999 abgeschlossen.[1]
Die Grenze beginnt am Dreiländereck von Estland, Lettland und Russland westlich von Stuborova, 80 m nordöstlich der Mündung Laikupe/Lätioja in die Pededze[Anm. 3]
und erstreckt sich bis zur Ostseeküste, wo sie am Strand zwischen Ainaži (deutschHainasch) und Ikla (deutschIkel) endet. Die gemeinsame Grenze der Hoheitsgebiete endet 22,2 Kilometer westlich in der Ostsee. Die ungewöhnlich lange Seegrenze ergibt sich, da sie südwestlich in Gewässermitte um die jetzt zu Estland gehörende Insel Ruhnu herum führt. Im Seegebiet südsüdöstlich der Insel liegt das Schutzgebiet Gretagrund (estnischGretagrundi hoiuala).
Da beide Staaten der Europäischen Union und dem Schengener Abkommen angehören, ist die Grenze für den Verkehr nur bei der Beachtung abweichender Straßenverkehrsvorschriften von Bedeutung.[2]
Die baltischen Länder waren schon lange begehrte Territorien für ihre wechselnden Nachbarn. Daher veränderten sich Zugehörigkeiten und Grenzverläufe häufig. Nach dem Zerfall der Sowjetunion erkämpften beide Länder ihre Unabhängigkeit und bildeten moderne Staaten mit einer friedlich vereinbarten Grenze, die nach dem Beitritt in die Europäische Union nur noch administrative Bedeutung hat.[3]
Zwischen 1991 und 2007 gab es Grenzkontrollen zwischen den Ländern, die aufgegeben wurden, nachdem beide Staaten im Dezember 2007 dem Schengener Abkommen beitraten,[4] wodurch ein uneingeschränkter Grenzübertritt ermöglicht wurde.[Anm. 4]
Ein unkontrollierter Übergang zwischen beiden Ländern ist an jedem begehbaren Punkt möglich. Markierungen durch Grenzpfähle oder Hinweisschilder am Straßenrand gibt es außerhalb dicht besiedelter Gebiete und Hauptverkehrswegen nur in größeren Abständen. Nur an weniges Stellen sind noch Reste von Grenzbefestigungen erkennbar.
Die Liste dokumentiert eine vergangene Situation, markiert aber Übergänge, die verkehrstechnisch für den internationalen Verkehr, von touristischer oder historischer Bedeutung sind.
Seit dem Beitritt zur EU gibt es zwischen beiden Ländern keine Zollgrenze mehr, was den Warenaustausch erheblich erleichtert. Bei den Verbraucherpreisen gibt es nur geringe Unterschiede.[Anm. 14] Lediglich für alkoholische Getränke fahren die Esten gerne zum Einkauf nach Lettland, wo in Grenznähe seit 2016 zahlreiche Spezialgeschäfte eröffnet haben. Selbst Finnen, die zuvor ihren Alkoholbedarf in Estland deckten, reisen mitunter bis nach Lettland zum Einkauf.[7]
Wirtschaftsmigration
Nach dem Beitritt Lettlands und Estlands zur Europäischen Union ist in den Grenzregionen eine Bevölkerungswanderung zu beobachten, deren allgemeine Richtung nach Norden zielt. So wandern estnische Bürger auf der Suche nach Arbeit aus ländlichen Gebieten in Südestland in die Nachbarschaft von Tallinn und Tartu und von dort nach Finnland ab. Ihre Arbeitsplätze werden von Einwohnern der lettischen Grenzgemeinden übernommen, da in Lettland der Lebensstandard und die soziale Sicherheit niedriger sind als in Estland.[8]
Anmerkungen
↑ abFast an der gesamten Grenze markieren diese gemeinsam errichteten Grenzpfähle den Grenzverlauf. Am oberen Ende weisen Tafeln mit Wappen und Beschriftung auf das Gebiet des jeweiligen Staates.
↑Im Rigaer Meerbusen wird die Grenze der Hoheitsgebiete durch die Insel Ruhnu südlich um Gretagrund herum und als Mittellinie zwischen der estnischen Insel und des lettischen Kap Kolka gebildet. Dadurch ist diese Seegrenze ungewöhnlich lang.
↑Auch östlichster Punkt der Estnisch-Lettischen Grenze Der historische Dreiländereckpunkt, der seit der Unabhängigkeit Estlands im Jahr 1991 wiederhergestellt wurde, erbte den Dreiländerpunkt der Sowjetrepubliken der 1945 aus dem ursprünglichen Dreiländereck von Estland, Lettland und Russland hervorgegangen war. Dieser entstand erstmals 1920 mit der Unabhängigkeit Lettlands und lag bis zum Zweiten Weltkrieg auf der Mittellinie des Pededze-Flusses etwa 90 m oberhalb der Laikupe-Mündung. Diese lag bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts am Westufer, die durch den estnisch-lettischen Grenzstein № 46+1379 markiert ist. Die Grenze Lettland-Russland stößt darauf mit einer Peilung von 40°.
↑Es gibt Visa und Aufenthaltsgenehmigungen die den grenzüberschreitenden Verkehr einschränken, z. B. für Bürger der Staaten, die nicht zum Schengenraum gehören. In diesen Fällen wäre ein unkontrollierter Grenzübertritt illegal.
↑Am Übergang geht auch die lettische Fahrradroute LV2 in die estnische Route 1 über.
↑Ein dekoratives Denkmal «Baltās naktis» steht 58.078377625.1909731 neben der Straße beim Grenzübergang. Es soll den nördlichsten Punkt des Landes demonstrieren. Der tatsächlich nördlichste Punkt Lettlands ist ca. 930 m entfernt ICIN258.0855625.19944
Kur ir Latvijas centrs? Wo ist das Lettische Zentrum? In: NeoGeo.lv. 15. März 2010, abgerufen am 30. Mai 2019 (lettisch).
Kur ir Latvijas centrs? Wo ist das Lettische Zentrum? In: NeoGeo.lv. 15. März 2010, abgerufen am 30. Mai 2019 (lettisch).
↑An der Grenze sieht man die Skulptur „Baltijas Ceļš“, die an die 650 km lange Menschenkette „Baltischer Weg“ am 23. August 1989 erinnert:
Baltijas ceļam veltītā piemiņas zīme. Ein Denkmal für den Baltischen Weg. In: Andris Dukurs. Lauku ceļotājs, abgerufen am 31. Mai 2019 (lettisch): „Einer der wenigen Orte unter freiem Himmel, an denen Menschen aus drei Ländern – Litauen, Lettland und Estland – gemeinsam und in einer Kette den weltweit einzigartigen „Baltischen Weg“ zeigen. Das Denkmal befindet sich am ehemaligen Grenzübergang an der lettisch-estnischen Grenze seit dem 23. August 2009, dem 20. Jahrestag des Baltijas Ceļš.“
↑In der zweistaatlichen Grenzstadt gibt es etliche Straßen, die über die Grenze führen. Oft findet man entsprechende Markierungen (Hinweisschilder, Grenzpfähle). Mitten durch die Stadt führt auch der Europaradweg R1 und der EV11, die allerdings teilweise mit den Nummern der nationalen Radwege ausgeschildert sind, wie LV2 und den in der Stadt beginnenden estnischen Routen 3, 4, 6 und 14.
↑Valga ist ein internationaler Eisenbahnknotenpunkt. Seit April 2008 verkehren täglich drei internationale Züge. Die Bahnstrecke Hummuli (deutschHummelshof) – Tartu – Riga ist über Tapa (deutschTaps) mit der Hauptstrecke Tallinn – Narva – Sankt Petersburg verbunden.
↑ abRudolf Hermann, Stockholm: Estland hat sich mit der Erhöhung seiner Alkoholsteuer gehörig verrechnet. Die Erhöhung der Alkoholsteuer hat Estland weder mehr Geld noch weniger Alkoholiker gebracht. Bier und Schnaps wird nun im nahen Lettland gekauft. Und auch die trinkfesten Finnen kommen nicht mehr. NZZ, 12. Oktober 2017, abgerufen am 1. Juni 2019. Für'n Schnaps nach Lettland. Verein INFOBALT, Bremen, 25. November 2016, abgerufen am 1. Juni 2019.