Ortsansicht von Michelbach: links der Mitte in einer Senke der alte Ortskern mit dominierenden Kirchturm – mittig im Hintergrund das Neubaugebiet Nord – rechts der Mitte das sich dem Ortskern anschließende östlich gelegene Neubaugebiet
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Michelbach erfolgte unter dem Namen Michelbergere im Codex Eberhardi der Reichsabtei Fulda und wird in die Zeit 802–817 datiert.[3]
Vor allem dank der Ausweitung des Siedlungsgebietes nach Osten und später nach Nordosten und Süden hat sich die Einwohnerzahl des Ortes seit den 1960er Jahren stark vergrößert. Mit dem Neubaugebiet Michelbach-Nord ist in den Jahren ab 2004 ein komplett neuer Ortsteil entstanden. Im Neubaugebiet wird momentan der vierte Bauabschnitt bebaut und stellt damit den Siedlungsschwerpunkt der Universitätsstadt für die westlichen Stadtteile dar, weil Marburgs größtes Gewerbegebiet am Görzhäuser Hof angesiedelt ist.
Am 18. Oktober 2011 erlangte Michelbach bundesweite Aufmerksamkeit, als ein vermummtes Spezialkommando der Polizei das Haus zweier Einwohner stürmte, die mehr als 20 Jahre als russischeSpione tätig gewesen waren.[4][5]
Michelbach feierte vom 14. bis 18. Juni 2017 mit einer „Festwoche“ das 1200-jährige Dorfjubiläum. Am 30. April und 26. August 2017 fanden aus diesem Anlass zwei Grenzgänge statt.
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Michelbach angehört(e):[3][9]
vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Gericht Kaldern (Gericht Kalden bestand aus den Orten: Kaldern, Kernbach, Dagobertshauſen, Michelbach, Brüngershausen und Wehrshausen, sowie die Hälfte von Dilschhausen)[10]
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg, Gemeinde Marbach
ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Stadt Marburg
ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Stadt Marburg
Gerichte seit 1821
Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Der Kreis Marburg wurde für die Verwaltung eingerichtet und das Landgericht Marburg war als Gericht in erster Instanz für Michelbach zuständig. 1850 wurde das Landgericht in Justizamt Marburg umbenannt.[15] Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen 1866 erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Marburg.[16][17] Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Michelbach 1887 Einwohner. Darunter waren 66 (3,5 %) Ausländer.
Nach dem Lebensalter waren 456 Einwohner unter 18 Jahren, 801 zwischen 18 und 49, 363 zwischen 50 und 64 und 270 Einwohner waren älter.[18] Die Einwohner lebten in 726 Haushalten. Davon waren 162 Singlehaushalte, 177 Paare ohne Kinder und 294 Paare mit Kindern, sowie 72 Alleinerziehende und 21 Wohngemeinschaften. In 108 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 531 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[18]
370 Einwohner (Familien: 28 nutzungsberechtigte, 10 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 12 Beisassen)
Michelbach: Einwohnerzahlen von 1767 bis 2019
Jahr
Einwohner
1767
204
1800
?
1834
348
1840
349
1846
378
1852
414
1858
406
1864
398
1871
381
1875
386
1885
408
1895
378
1905
418
1910
414
1925
453
1939
495
1946
697
1950
683
1956
640
1961
672
1967
784
1977
?
1987
1.254
1991
1.483
1995
1.619
2000
1.771
2005
1.945
2010
2.067
2011
1.887
2015
1.958
2019
2.046
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[3]; Stadt Marburg:1987–1998[19], 1999–2003[20], 2005–2010[21],2011–2015[22], 2019:[2]; Zensus 2011[18]
Für den Stadtteil Michelbach besteht ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung. Er umfasst das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Michelbach.[8] Für die Sitzverteilung siehe die nebenstehende Grafik.[23] Der Ortsbeirat wählte Peter Aab (SPD) zum Ortsvorsteher.[24]
Der Ortsbeirat Michelbach trifft sich einmal im Monat (in der Regel der erste Dienstag im Monat) im Clubraum des Bürgerhauses zu den öffentlichen Sitzungen.
Wichtigste Sehenswürdigkeit Michelbachs ist die um 1200 erbaute Martinskirche. Sehenswert sind zudem die alten Fachwerkhäuser im historischen Ortskern und die 1997 angelegte Hessenwiese. Sie ist mit seltenen, vom Aussterben bedrohten, lokalen hessischen Obstbäumen bepflanzt, die den Umriss des Landes Hessen als symbolisches Muster darstellen.[25]
Vereine
Ein sportliches Angebot in Michelbach bieten der aus einer Fußball- und einer Fitness-Abteilung bestehende TSV Michelbach sowie der örtliche Tennisverein. Zudem gibt es in Michelbach verschiedene Kulturvereine und einen Verein, der sich für notleidende und hilfsbedürftige Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern engagiert: (Terra Tech).
Die Freiwillige Feuerwehr Michelbach nimmt als einzige Marburger Feuerwehr bei den Kreisleistungswettkämpfen teil und ist dort relativ erfolgreich.[26] Anfang des Jahres 2011 wurde die Kinderfeuerwehr „Feuerdrachen“ gegründet.[27]
Weiterhin gibt es noch folgende weitere Vereine: MännerGesangverein MGV; Singkreis der Frauen; Karnevalsverein KFM Karnevalsfreunde Michelbach, [Christlicher Verein Junger Menschen|CVJM]; Förderverein der Grundschule Michelbach; Förderverein beider Michelbacher Kitas; Verein der Michelbacher Zeitung, verschiedene parteiliche Ortsvereine sowie die Burschen- und Mädchenschaft Michelbach.
Regelmäßige Veranstaltungen
In Michelbach finden jährlich verschiedene öffentliche Veranstaltungen statt. So sind neben dem jährlichen Frühjahrsputz in der Gemarkung Michelbach, das traditionelle Eierbacken (am Dienstag nach Pfingsten bei der Feuerwehr Michelbach), die Theaterabende und Faschingsfeiern zu nennen. Auch in der Kulturscheune finden regelmäßig Veranstaltungen statt. Zu erwähnen ist weiterhin die jährliche Maifeier der Burschen- und Mädchenschaft auf dem Festplatz Am Wall, zu der in den letzten Jahren immer mehrere hundert Einwohner kamen. Ebenso der „Rock im Hof“ und die „Beachparty“ auf dem Lindenplatz, beides jährliche Veranstaltungen im Sommer. Auch der Martinsmarkt im November auf dem Michelbacher Kirchplatz ist seit einigen Jahren fester Termin im Dorfkalender. Ebenso der sortierte Frühjahrs- und Herbstbasar im Bürgerhaus, organisiert durch den Förderverein der Kindergärten Michelbach.
Filmdrehort
Michelbach war Drehort der Außenaufnahmen für den 1956 erschienenen Heimatfilm Der Bauer vom Brucknerhof, auch bekannt als Mein Bruder Josua, mit dem amerikanischen Sänger und Schauspieler Kenneth Spencer in der Rolle des US-Soldaten Josua Washington Stone.
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Michelbach ist als Marburger Stadtteil mit der Stadtbuslinie 14 (Hauptbahnhof–Michelbach–Sterzhausen) stündlich, teilweise halbstündlich, erreichbar.[28]
Außerdem verkehrt die Buslinie 15 als Schulbus.[29]
Ein Bahnhof liegt zwei Kilometer weit entfernt im Nachbarort Sterzhausen (zu Lahntal).
Kommunikationsnetze
Michelbach ist versorgt mit den Netzen der Deutschen Telekom (D1), Vodafone (D2) und Telefonica O2 (O2).
Seit 2015 ist ganz Michelbach über hochmoderne Glasfaseranschlüsse bis ins Haus (FTTH = Fiber To The Home) der Stadtwerke Marburg versorgt. Momentan sind bis zu 200 MBit/s möglich.
Seit 2012 liegt Michelbach im LTE-Versorgungsgebiet der Anbieter Deutsche Telekom (bis zu 100 MBit) und Vodafone (bis zu 50 MBit).
Grundversorgung
In Michelbach befinden sich ein Hotel, ein Dorfladen mit Post (tegut-Lädchen für alles), ein Friseur, eine Schusterei, eine Fahrschule, ein Zahnarzt und eine Arztpraxis. Des Weiteren sind noch andere Unternehmen und Dienstleister sowie Heilpraktiker angesiedelt.
In dem Ort gibt es ferner eine Grundschule und zwei Kindergärten.
Sport und Freizeit
Mit einem Kunst- und einem Naturrasenplatz, einem 3-Felder-Tennisplatz, drei Spielplätzen, einem Bolzplatz, einem Beachvolleyballplatz, einem Fahrradparcour (beim Sportplatz am Wall) und einem Jugendclub sind sinnvolle Freizeitbeschäftigungen vorhanden.
Literatur
Michelbach – Ein Marburger Stadtteil erzählt aus seiner 1200-jährigen Geschichte. Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur, Marburg 2017, 480 Seiten, ISBN 978-3-942487-09-2.
Erhart Dettmering und Rudolf Grenz (Hrsg.): Marburger Geschichte – Rückblick auf die Stadtgeschichte in Einzelbeiträgen. Unveränderter Nachdruck mit ergänztem Anhang, Marburg 1982.
↑Gemeindegebietsreform in Hessen; Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 22. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.2, S.47, Punkt 50 Abs. 13 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,8MB]).
↑
Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S.107 (online bei Google Books).
↑Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
↑
Neueste Kunde von Meklenburg, Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S.158ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
↑Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)